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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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nacheinander einzuladen. Wenn wieder einmal so ein Jüngling in voller Montur mit den obligatorischen fünf Nelken seinen Antrittsbesuch hinter sich gebracht hatte, erschien Patricia zur Berichterstattung. »Heute war einer da, der sah ja ganz gut aus, aber er hat eine Vorliebe für klassische Musik, liest viel und geht gern ins Museum. Na ja, niemand ist eben ganz ohne Fehler!« seufzte sie und steckte sich eine Waffel nach der anderen in den Mund.
    »Wenn du so weiterfutterst, bleibt von deiner Mannequinfigur nicht viel übrig!«
    »Ich weiß ja, daß ich zuviel esse, aber ich habe einen ungeheuren Nachholbedarf.« Genußvoll leckte sie die Finger ab. »Wer in England einigermaßen gut essen will, muß dreimal täglich frühstücken. Sonst ist allenfalls die Tischdekoration genießbar – vorausgesetzt, es stehen überhaupt Blumen drauf.«
    Dann kam sie zum Thema zurück: »Können Sie Mutti nicht mal klarmachen, daß man mit zwanzig noch keine alte Jungfer ist, die möglichst schnell unter die Haube gebracht werden muß?«
    Diese Aufgabe wäre eines geschulten Diplomaten würdig gewesen, nicht aber einer völlig unemanzipierten Hausfrau, deren offen zu Tage liegendes Privatleben ja so sichtbar zeigte, wie erstrebenswert Haushalt und Familie sind.
    Eine Zeitlang hatte Frau Heinze sogar Felix als Schwiegersohn in Betracht gezogen, ließ sich dann aber doch überzeugen, daß der Altersunterschied von 17 Jahren etwas zu groß sei.
    »Aber Sie müssen doch zugeben,
finanziell
ist er in den besten Jahren«, sagte sie bedauernd.
    (Da hatte sie zweifellos recht. Bei Felix war so eine Art Wohlstand ausgebrochen. Er fuhr ein nagelneues Auto, hatte eine Putzfrau und einen Lehrling eingestellt, trug weiße Hemden statt dunkler Pullover, weil er neuerdings die Wäschereirechnungen bezahlen konnte, und plante einen längeren Urlaub in Amerika, den er im Gegensatz zu früheren Reisen steuerlich nicht einmal absetzen konnte.)
    Dann zog Herr Otterbach in das letzte noch leerstehende Haus, und sofort warf Frau Heinze die Angel aus.
    »Haben Sie ihn schon gesehen?« Aufgeregt kam sie in die Küche geschossen und sprudelte los: »Ein Bilderbuch von einem Mann! Groß, gutaussehend, sicher sehr tüchtig, denn er fährt einen dicken Wagen, liebenswürdig, charmant… genauso stelle ich mir meinen Schwiegersohn vor!«
    »Und was sagt Patricia dazu?«
    »Er ist nicht ihr Typ!«
    »Glauben Sie nicht, daß sie sich ihren Ehemann lieber selbst aussuchen sollte?« fragte ich vorsichtig.
    »Natürlich werde ich sie nicht mit Gewalt zum Standesamt schleppen, aber so ein bißchen Nachhelfen kann nichts schaden. Diese jungen Dinger haben doch überhaupt keine Menschenkenntnis. Für meine Kusine habe ich ja auch den richtigen Partner ausgesucht. Zu einem so bedeutsamen Schritt gehört Erfahrung!«
    »Ich weiß. Sie veranlaßt aber auch die Menschen, neue Dummheiten zu begehen statt der alten!«
    Frau Heinze überhörte die Anspielung und schmiedete Pläne. »Wie kann ich die beiden bloß zusammenbringen? Was halten Sie von einer Gartenparty? Ganz zwanglos natürlich.«
    »Im April?«
    »Na ja, das ist wohl in der Jahreszeit zu früh«, gab sie zu, »aber wir könnten doch offiziell unsere Bauernstube einweihen. Haben Sie die eigentlich schon gesehen?«
    Nein, hatte ich noch nicht. Aber ich hätte sie ohne weiteres aufzeichnen können, denn Frau Heinze hatte mir täglich von den Fortschritten berichtet. Ursprünglich sollte das im Bauplan als ›Hobbyraum‹ deklarierte Gelaß zur Kellerbar ausgebaut werden, aber nun hatten Wittingers schon eine, Frieses ebenfalls, und deshalb hatte sich Frau Heinze für eine individuellere Lösung entschieden. »Bauernmöbel sind viel gemütlicher als diese verchromten Barhocker«, hatte sie gesagt und Schätzchen veranlaßt, sich um das geeignete Mobiliar zu kümmern.
    Jetzt war die bäuerliche Trinkstube also fertig und wartete darauf, eingeweiht zu werden.
    »Brauers habe ich auch dazugebeten und Frau Obermüller«, sagte Frau Heinze, als sie uns die Einladung überbrachte, »sonst wäre es zu auffällig gewesen. Ein Glück, daß Herr Obermüller gerade verreist ist, er hätte überhaupt nicht in diesen Kreis gepaßt! Wissen Sie eigentlich, daß er bei seiner Zigarettenfirma schon wieder rausgeflogen ist und sich jetzt als Chauffeur in einem Industriellenhaushalt beworben hat? Ich glaube aber nicht, daß daraus etwas wird. Hier rennt nämlich ein Detektiv von einer Auskunftei herum und fragt alle Leute aus.

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