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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Eigentlich erzähle ich solchen Klatsch ja nicht gern weiter, aber was soll man denn sonst damit machen?«
    Der so sorgfältig inszenierte Abend wurde ein Fiasko, obwohl Frau Heinze sich alle Mühe gegeben hatte. Die Bauernstube war in matten Kerzenschimmer getaucht und ließ die anwesenden Damen in sehr schmeichelhaftem Licht erscheinen. Patricia sah entzückend aus. Sie hatte ein neues, sehr knapp sitzendes Sommerkleid bekommen, was ihren Vater zu der nicht unberechtigten Frage veranlaßte:
    »Hast du denn nicht Angst, du könntest herauswachsen, bevor der Abend zu Ende ist?«
    Der Ehrengast dieser Veranstaltung, der von seiner Rolle gar nichts wußte, erschien als letzter. Artig überreichte er seine Blümchen, artig begrüßte er die Anwesenden, artig nahm er auf dem Stuhl neben Patricia Platz, und artig beantwortete er alle Fragen. Doch, er habe sich schon eingelebt, ja, es gefalle ihm recht gut hier, nein, verheiratet sei er noch nicht, nein, auch nicht verlobt, ja, er habe auch schon gemerkt, daß es hier in der Siedlung wenig junge Leute gebe, nein, er gehe ziemlich selten aus, ja, natürlich würde er Fräulein Patricia gern ins Theater begleiten…
    Nach einer Stunde schob er eine dringende Verabredung vor, die sich leider nicht mehr habe rückgängig machen lassen, verabschiedete sich artig und verschwand.
    »Komischer Heiliger«, sagte Brauer, »irgend etwas stimmt mit dem nicht!«
    »Unsinn!« Frau Heinze räumte die Weingläser fort und stellte rustikale Bierseidel auf den Tisch. »Aus Ihnen spricht nur das typisch männliche Vorurteil gegenüber gutaussehenden Geschlechtsgenossen. Herr Otterbach ist ein wohlerzogener junger Mann, nur etwas zurückhaltend, aber das finde ich gerade so sympathisch an ihm.«
    Patricia äußerte sich nicht näher, und von dem Theaterbesuch wurde vorläufig auch nicht mehr gesprochen.
    Nachdem ich nun endlich den Führerschein hatte, wollte ich auch Auto fahren. Rolf wollte das nicht. Er karrte mich mit ungewohnter Bereitwilligkeit jeden Samstag in die Stadt, weil ich als Anfängerin mit dem Wochenendverkehr bestimmt Schwierigkeiten haben würde, und wenn er gelegentlich schon am Nachmittag nach Hause kam, durfte ich auch nicht, denn Fahren mit Licht wolle ja erst richtig gelernt sein. Ans Steuer ließ er mich nur, wenn er danebensaß.
    (Schade, daß es noch keine Wagen mit automatischer Drosselklappe für Beifahrer gibt!)
    Nun sind zwei Köpfe immer besser als einer – außer hinter demselben Lenkrad. Schon zehn Meter vor einer leichten Straßenbiegung kommandierte Rolf ängstlich: »Gas wegnehmen!«
    Mündete irgendwo ein besserer Trampelpfad in die Straße, rief er sofort: »Aufpassen! Rechts hat Vorfahrt!« Zum Schluß war ich so weit, daß ich nicht mal mehr einen Radfahrer zu überholen wagte und auf die Bremse trat, wenn ich von weitem ein Auto sah.
    Völlig verspielt hatte ich, als ich unverhofft auf eine vereiste Stelle geriet und ins Schleudern kam.
    »Gegensteuern! Gegensteuern!« schrie mein Gatte entsetzt. »Hast du das denn nicht in der Fahrschule gelernt?«
    »Doch«, bekannte ich kleinlaut und rekapitulierte in Gedanken schnell den Fragebogen, den ich bei der schriftlichen Prüfung hatte ausfüllen müssen. »Ich weiß bloß noch, daß die richtige Antwort (B) hieß!«
    »Laß mich mal ans Steuer! Ich werde dir jetzt zeigen, wie man sich bei unverhofft auftretendem Glatteis verhält!«
    Rolf rückte auf den Fahrersitz, wendete den Wagen, gab Gas, rutschte – und setzte das Auto krachend gegen einen Kilometerstein.
    Der nützlichste Sinn für Humor ist der, der einem rechtzeitig sagt, worüber man besser nicht lachen sollte!

Achtes Kapitel
    Zum erstenmal in fast acht Ehejahren hatte ich nichts mit dem obligatorischen deutschen Frühjahrsputz zu tun. Den erledigte Frau Koslowski, eine Klempnerswitwe, der Rolf unlängst im Supermarkt mit voller Wucht eine Zehnkilotrommel Waschpulver auf die Füße gestellt hatte. Sie nahm seine Entschuldigung erst an, als er sie in der nahegelegenen Espressobar bei einem Cappuccino und Kirschlikör aussprach, aber als sie hörte, daß Rolf Vater von zwei kleinen Kindern war, wollte sie den Kaffee selbst bezahlen.
    »Ich dachte, Sie sind einer von den feinen Herren, die nicht heiraten und die Frauen bloß ausnützen«, knurrte sie, wobei offenblieb, welche Rückschlüsse sie nun aus dem Waschpulver zog. »Aber wenn Sie Familie haben, ist mir alles klar. Familienväter stellen sich beim Einkaufen immer dußlig an. Is Ihre Frau

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