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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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hinunter, weil es brenzlig roch. Sascha toastete Plastikteller.
    Dabei war ich sogar froh, wenn es irgendwo klirrte oder zischte, dann konnte ich meist noch das Schlimmste verhüten. Die lautlosen Tätigkeiten waren – jedenfalls von Saschas Standpunkt aus – viel erfolgreicher. Einmal hatte er Rolfs nagelneuen Shetlandpullover und ein Badehandtuch zur Altkleidersammlung gegeben, weil ›die Tüte noch ganich richtich voll war‹. Entdeckt haben wir es erst drei Tage später. (Merke: Wohltätig ist, wer weggibt, was er selbst noch gebrauchen kann!)
    Oder kurz vor Weihnachten, als ich Geschäftsfreunde von Rolf zum Adventskaffee einladen mußte. Der Tisch hatte wirklich hübsch ausgesehen mit seiner Dekoration aus Kerzen und Tannenzweigen. Sogar einen dreiarmigen Leuchter hatte ich noch gekauft, weil wir nur versilberte besaßen (Hochzeitsgeschenk von Tante Lotti), die immer wie Altarschmuck aussahen. Dorle hatte mir eine alte handgeschnitzte Holzschale für das Gebäck geliehen, und nach einer letzten Inspektion meines Gesamtwerks war ich zufrieden nach oben gegangen, um mich in das unauffällig-elegante Jackenkleid zu werfen. Rolf hatte diesen feierlichen Aufzug angeordnet. Ich war gerade in die Schuhe geschlüpft, als er mit den Gästen erschien. Während ich in der Küche die mitgebrachten Blumen in die Vase stellte, führte Rolf den Besuch ins Wohnzimmer.
    »Ach nein, wie originell!« hörte ich das etwas gequält klingende Entzücken der Dame. »Richtig winterlich!«
    Winter? Was denn für Winter? Leicht beunruhigt lief ich ins Zimmer, und dann sah ich auch schon die Bescherung! Über den ganzen Tisch verteilt lag eine weiße Substanz, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Puderzucker hatte. Sascha hatte nicht gespart! Auf den Zweigen, auf den Löffeln, auf den Keksen, in den Tassen – überall häufte sich das Zeug. Daß es auch in die Schlagsahne geraten war, merkten wir erst beim Essen.
    Vorsichtig tauchte ich einen Finger in das weiße Gekrümel und probierte. Es war Waschpulver!
    »Sascha!!!«
    »Ich hab’ gar nichts gemacht!« klang es dumpf von oben, wo er sich vorsichtshalber im Bad verbarrikadiert hatte.
    »Du kommst sofort herunter!« forderte sein Vater mit letzter Selbstbeherrschung.
    Zum Glück ahnte Sascha, daß es ernst wurde. Er kam postwendend anmarschiert, begrüßte artig die Gäste und warf nur einen ganz verstohlenen Blick auf den verschandelten Kaffeetisch.
    »Würdest du mir bitte erklären, was das bedeuten soll?« Rolf war wütend und sprach deshalb sehr akzentuiert.
    Mit unschuldigem Augenaufschlag sah ihn Sascha an. »Da hat noch der Schnee gefehlt! Is doch bald Weihnachten! Und wo Mami doch die ganzen Tannenzweige hingelegt hat… «
    »Das hast du sehr hübsch gemacht«, lobte die Besucherin, »aber du weißt ja sicher, daß man keinen Schnee essen soll. Deshalb gehört er auch nicht auf einen Tisch. In Zukunft machst du das nicht mehr, gell?«
    »Nein«, versprach Sascha. »Aber schön sieht’s aus, nich wahr?«
    Während wir gemeinsam in der Küche das Waschpulver von den Lebkuchen bürsteten, erzählte mir Frau Kayser, daß sie drei erwachsene Kinder und fünf Enkel habe. Von da an verstanden wir uns prächtig.
    Den erhofften Auftrag hat Rolf später auch noch bekommen.
    An Herrn Botlivala hatte ich gar nicht mehr gedacht, als Isabell abends um zehn Sturm klingelte.
    »Also ich muß schon sagen, es ist unverantwortlich von Ihnen, ein Baby stundenlang schreien zu lassen!«
    »Wie bitte?« Ich verstand kein Wort.
    »Bei Ihnen schreit doch ein Baby!«
    »Unsinn! Wo sollte das denn herkommen? Aber wenn Sie mir nicht glauben, dann treten Sie ein und überzeugen sich selber!«
    Sie tat es. »Merkwürdig«, sagte sie dann zögernd, »ich hätte schwören können, daß Sie ein Baby haben!«
    »Eins? Ich hab drei, auch wenn sie inzwischen aus den Windeln heraus sind.«
    »Dann muß ich Halluzinationen haben«, sagte Isabell, »dabei habe ich überhaupt noch nichts getrunken.«
    Wenigstens zog sie wieder ab, ohne Rolf »Guten Abend« gesagt und den obligatorischen Schlummertrunk hinuntergekippt zu haben.
    Gleich darauf war sie wieder da. »Jetzt kommen Sie mit rüber und hören sich das an! Das ist ein Baby!«
    »Es wird eine Katze sein«, beruhigte ich sie, stapfte aber hinterher, um zu verhindern, daß sie wieder nach männlichem Schutz Ausschau hielt. Der Neffe war ja inzwischen abgereist.
    Die vermeintliche Katze war wirklich ein Baby. Ganz deutlich hörte man ein klägliches Wimmern,

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