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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Werbung machte, stapelweise mitbrachte; vielleicht kam sie aber auch nur, weil sie sich zu Hause langweilte.
    Dann fiel ihr plötzlich ein, daß ihre Freundin eventuell »auf die Stellung reflektieren täte«. Mit der hatte sie früher immer zwischen zehn und zwölf Uhr Kaffee getrunken. Wenn Frau Koslowski aber bei uns war, konnte sie nicht Kaffee trinken, und angeblich hatte die Freundin das schon häufig beklagt.
    Emma Kiepke, geborene Nägele, war 157 cm groß und ungefähr 75 cm breit. Sie hatte ein rundes Apfelgesicht, schüttere graue Haare und ein bemerkenswertes Temperament.
    »Ha, wisset Se, ich bin net von do! Ich komm aussem Schwäbische, aus Grunberg, des isch bei Waiblinge, mitte im Hohenlohensche. Arg schön isch’s do, und ich hab erscht gar net wegwolle, awer wie ich mei Karle kenneglernt hab – des war mein seliger Mo, müsset Se wisse –, grad uf dr Hochzich von meiner Schweschter isses gwäse, do hab ich wähle gmüßt zwische dem Karle seiner Arbeitsstell un dem Häusle, wo mei Vater mir die Hälfte hätt vererbe gwollt. Do hab ich halt de Karle gnomme un bin do hergzoge. Akkurat zweiunddreißig Johr isch des jetzt her.«
    Natürlich sprach auch Emma Kiepke kein Englisch, aber sie meinte, das sei nicht so schlimm, als gute Hausfrau wisse sie schon, was zu tun sei. »Vorschrifte laß ich mir koine mache, scho gar net von so herglaufene Leit, wo sowieso net wisse, was Ordnung isch.«
    Ich machte Emma mit ihrer künftigen Brötchengeberin bekannt. Sie akzeptierte alle Bedingungen einschließlich des beachtlich hohen Stundenlohnes, und Emma schritt besitzergreifend in das Haus.
    Fünf Minuten später war sie wieder da. »Ha no, des isch jo unmeglich bei dene do drüwe. Die hend koi Teppich, die hend koi Vorhäng, die hend koi Putzlumpe, die hend jo net emol en Kutteroimer!«
    »Was ist denn das?«
    »Kutteroimer?« Emma plumpste auf einen Küchenstuhl. »Ha no, en Abfallkiewel hab ich gmoint. Die tun ihrn Dreck in en oifache Pappkarton. Un wie ich en Putzlumpe hawe wollt, hat mir de Fra en alde Unnerrock gewe. Mit so ebbes ko ma doch koi Fenschder putze!«
    »Natürlich nicht, aber das läßt sich ja alles besorgen!« beschwichtigte ich die aufgeregte Emma. »Frau McBarren hat vielleicht noch keine Zeit zum Einkaufen gehabt. Sie wohnt ja noch nicht lange hier.«
    Das ist ein relativer Begriff, und Emma legte ihn auch prompt zu Mrs. McBarrens Gunsten aus.
    »Des wirds soi! Sage Se ihr ruhich, daß ich mitkomm zum Eikaufe, weil ich hab do so mei Spezialputzmittel, wo sie ja net kennt. Un en Mop brauch ich un en Blocker un…«
    »Blocker? Wofür?«
    »Ha, für de Parkettböde zum Bohnere.«
    »Aber die sind doch versiegelt!«
    »Des isch egal. Parkett ghört gbohnert!«
    Zum Glück schienen Mrs. McBarren Emmas Wünsche keineswegs übertrieben, und das nötige Kleingeld hatte sie auch. Emma bestieg am nächsten Morgen stolz das kakaofarbene Schlachtschiff der McBarrens und ließ sich in ein großes Haushaltwarengeschäft nach Düsseldorf fahren. Später half ich beim Ausladen. Vom Bohnerbesen bis zur dreiarmigen Zentralheizungsbürste fehlte nichts, und mit der Batterie von Flaschen, Dosen, Tuben und Tüten voller Reinigungsmittel wäre ich drei Jahre ausgekommen.
    Emma machte sich an die Arbeit. Morgens klingelte sie bei mir und schleppte mich ab, damit ich Mrs. McBarren klarmachen konnte, was Emma heute tun wollte und was Frau McBarren tun sollte: nach Möglichkeit verschwinden.
    »Ich ko nix schaffe, wenn allweil jemand rumsteht un mir uf de Finger guckt. Schwätze ko ma nix mit ihr – so ebbes ko ich net brauche!« Schließlich einigten sich die beiden Frauen dahingehend, daß Mrs. McBarren in einem der oberen Zimmer bleiben würde, bis Emma sich unten ausgetobt hatte, und dann würde man einen Stellungswechsel vornehmen.
    »Do könnet Se ihr a gleich sage, daß leere Flasche net in die Toilette gstellt ghöre, sondern in de Kutteroimer. Un de Kaffeetasse kommet in die Küch un net in de gute Stubb. Do stellet ma nur des richtige Porzellan hi. Un an de Fenschder müsset Vorhäng, was solle sonsch de Leit denke?«
    Es stellte sich heraus, daß die Gardinen in der Wäscherei waren und die von Emma beanstandeten Kaffeetassen zu einem Wedgewood-Service gehörten.
    »So? Die sehe awer gar net wertvoll aus mit dene merkwürdige Muschder druff. Mei guts Porzellan isch rein weiß mit so kloine Blümlen am Rand.«
    Nach drei Wochen hatte Emma »des Gröbschde gschafft« und ihre Herrin bestens erzogen.

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