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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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oder er fühlte sich den Strapazen dieser Reise nicht mehr gewachsen.“ Agnes ordnete den Margeritenstrauß in einer Tonvase auf dem Altar.
    „Er hätte geschrieben, uns wenigstens seine Glückwünsche überbracht!“ Ihre Stimme klang besorgt.
    „Da magst du Recht haben. Sieh mal, diese wunderschöne Bibel! Das Geschenk von Herzog Austrapius. Ich glaube, er ist dir noch immer sehr zu Dank verpflichtet.“
    „Das muss er gar nicht. Seine Hilfe beim Bau des Klosters war doch Dank genug. Ohne ihn hätten wir nie diese wunderbaren Steine aus dem Steinbruch von …“
    Chlothar betrat die Kirche. „Radegunde, kann ich dich sprechen?“
    „Aber ja.“
    „Ich bereite dann mal die Vesper vor“, murmelte Agnes und verschwand.
    Der König trat an den Altar, kniete ehrerbietig nieder und bekreuzigte sich vor dem Kruzifix, das ein Geschenk des Bischofs Germanus war. Er hatte inzwischen ein Bad genommen und ein sauberes Gewand angezogen. Darüber trug er einen blauen Mantel mit aufgestickten goldenen Bienen. Sie erinnerte sich plötzlich daran, dass sie diese besondere Stickerei im Getreidespeicher von Skitingi zum ersten Mal gesehen hatte. Seltsam, dass ihr das heute, nach beinahe dreißig Jahren, wieder einfiel.
    Chlothar hob den Kopf und sah sie an. Sein Gesicht war rot, Wangen und Nase von vielen haarfeinen Äderchen durchzogen. Der großzügige Weingenuss hatte Spuren hinterlassen im Gesicht des mächtigsten Mannes der Franken.
    „Radegunde, ich habe viel nachgedacht draußen im Feld. Du bist mir eine kluge Ratgeberin gewesen, solange du bei mir warst. Und ich habe es dir schlecht gedankt. Ich bin jetzt siebzig Jahre alt, und die wichtigen Dinge des Lebens treten klarer hervor. Unwichtiges verblasst und verschwindet. Mein Weg wird sich bald beschließen und ich werde vor den Schöpfer treten.“ Sein Blick wanderte über ihr Nonnengewand.
    „Am liebsten würde ich dich erneut fragen, ob du mit mir zurückkehrst nach Soisson.“
    Sie hob abwehrend die Hand, aber er sprach schnell weiter.
    „Ich weiß inzwischen, dass es keinen Sinn hat. Du hast hier dein Schicksal gefunden. Ich habe im Leben immer bekommen, was ich wollte. Du warst eine Ausnahme, das konnte ich nur schwer begreifen.“
    Er schwieg und suchte nach Worten. „Kannst du mir vergeben, was ich dir angetan habe?“
    Sie atmete laut ein. Noch immer kniete er vorm Altar und damit auch vor ihr. Und er bat sie um Verzeihung. Niemals hätte sie das für möglich gehalten. Verwirrt schlang sie die Arme um ihre Brust. Der Mord an ihren Landsleuten, das Attentat auf ihren Onkel Herminafrid. All die Jahre, in denen sie unter seinen Gewaltausbrüchen und unter seinen Demütigungen gelitten hatte. Und schließlich Bertafrid. Die tiefste Wunde von allen.
    Eine kleine Ewigkeit stand sie unschlüssig vor ihm, dann antwortete sie leise: „Bevor du morgen abreist, gebe ich dir Antwort.“
    Er nickte und erhob sich schwerfällig. Mehr konnte er nicht erwarten.
    Am nächsten Tag erreichte sie die Nachricht, dass Bischof Medardus auf dem Weg nach Poitiers in Orléans gestorben war. Der Schlag hatte ihn getroffen. Tieftraurig betete Radegunde in ihrer Kapelle für ihren ehemaligen Beichtvater, und Agnes ließ eine Messe für den Bischof lesen.
    Auch Chlothar war betroffen. „Ich lasse eine Abtei für ihn bauen in Soisson, dort werden wir ihn später beisetzen.“
    Gegen Mittag waren die Pferde gesattelt und Chlothars Mannschaft stand bereit.
    Er suchte Radegunde in der Kapelle auf. „Ich verabschiede mich jetzt.“ Er druckste. „Hast du über meine Frage nachgedacht?“
    „Ja, das habe ich. Die ganze Nacht. Mit Gottes Hilfe kann ich dir verzeihen. Ich glaube, du hast den guten Kern in dir entdeckt. Lass ihn nicht wieder verkümmern, hörst du?“
    Er lachte leise. „Gleich noch eine Anweisung dazu, ja?“ Dann nahm er ihre Hände. „Ich danke dir. Und ich wünsche dir viel Erfolg mit deinen Nonnen.“
    „Ich werde für dich beten.“
    „Ich weiß.“ Dann eilte er hinaus.
    Chlothar war noch ein gutes Jahr vergönnt, in dem er Krieg gegen das Oströmische Reich führte. Ende des Jahres 561 starb er während seines Feldzuges in Compiègne. Die zu Ehren des Medardus errichtete Basilika war fast fertig und er konnte dort neben dem Bischof beigesetzt werden.
    Die vier noch lebenden Söhne Chlothars teilten sich das Reich ähnlich wie ihr Vater mit seinen Brüdern vor vielen Jahren. Charibert erhielt das Herrschaftsgebiet um Paris, Guntchramn das um Orléans, der

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