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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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kaum beschwichtigen.“ Venantius fuchtelte mit der Feder. „Es ist vielleicht besser für Basina, wenn sie hierbleibt. Am spanischen Königshof hätte sie nichts zu lachen, denn auch dort hält man Fredegunde für die Mörderin. Gewiss würden die Höflinge und auch der Prinz selbst Basina das Leben zur Hölle machen.“
    Radegunde freute sich wieder einmal, Venantius als Sekretär eingestellt zu haben. Er kannte sich mit Klatsch und Tratsch an den Königshöfen aus wie kein anderer. Bei ihrer abgeschiedenen Lebensweise war es für die Nonnen weitaus schwieriger, an solche mitunter wichtigen Informationen zu gelangen. „Ich muss Sigibert unbedingt meinen Dank schreiben“, nahm sie sich erneut vor.
    „Chilperich schickt uns einen Hymnus, den er selbst auf den heiligen Medardus geschrieben hat!“ Agnes entrollte gerade ein weiteres Pergament.
    Venantius legte die Feder ab und trat zu ihr. „Ein Hymnus? Das interessiert mich!“ Er sah der Äbtissin über die Schulter und begann zu lesen: Deus mirande, virtus alma in sancta prociberus …
    Agnes rollte das Blatt rücksichtslos ein. „Das lesen wir heute Nachmittag während der Spinnstunde vor! Du kannst dich gern zu uns gesellen, wenn du möchtest! Jetzt haben wir andere Dinge zu tun!“
    Venantius zog ein enttäuschtes Gesicht.
    „Ich finde, wir sollten einen Literaturkreis gründen. Dieser Gedanke arbeitet schon eine ganze Weile in meinem Kopf. Jetzt, wo wir einen hauseigenen Dichter haben!“ Radegunde lächelte dem jungen Mann verschwörerisch zu. „Wir könnten über griechische Dichter diskutieren oder über lateinische Philosophen.“
    Agnes neigte den Kopf. „Die Regeln von Caesarius sprechen nicht ausdrücklich dagegen. Nur sollten wir dabei spinnen oder sticken.“
    „Davon gehe ich aus!“, entgegnete Radegunde. „Doch vergiss nicht, dass du als Äbtissin die Regeln festlegst! Du musst dich nicht in allen Kleinigkeiten streng an Caesarius halten.“
    „Muss ich auch spinnen oder sticken?“, platzte Venantius ängstlich dazwischen.
    Die Frauen lachten. „Nur, wenn du eine richtige Nonne sein willst!“, entgegnete Agnes prustend.
    „Nein, danke. Ich glaube nicht.“ Jetzt lachte auch Venantius.
    Radegunde wurde wieder ernst. „Was schreiben eigentlich die Bischöfe zum Problem Basina?“
    Agnes zog ein Pergament unter den Briefen hervor, das sie offensichtlich schon gelesen hatte. „… so bestimmen wir dennoch ausdrücklich, dass wenn eine Jungfrau sich eurem Kloster in der Stadt Poitiers beigesellen wird, ihr nach den Bestimmungen des Herrn Caesarius, Bischof von Arles seligen Gedenkens, niemals zustehen soll, dasselbe wieder zu verlassen, nachdem sie, wie die Regel es vorschreibt, aus freiem Antrieb eingetreten ist …“
    „Damit dürfte alles klar sein“, entgegnete Radegunde. „Jetzt müssen wir das nur noch Chilperich erklären. Am besten, wir senden ihm eine Kopie dieses Schreibens. Venantius, könntest du …“
    „Bin schon dabei!“ Der junge Mann griff sich das Pergament und machte sich mit Eifer an die Arbeit.
    Mit dem Einsetzen der Nachtfröste im November starb Bischof Pientus. Er wurde neben der Sankt-Hilarius-Kirche beigesetzt. Ängstlich spekulierten die Nonnen über seine Nachfolge. Zwar durften Agnes und Radegunde Lesungen und Gebetsstunden abhalten, doch für die Sonntagsmesse und die Beichte war ein ordinierter Priester zuständig. Von seinem Wohlwollen hing vieles im täglichen Einerlei der Nonnen ab. Bischof Pientus war ein sehr verständnisvoller Beichtvater gewesen. Ihm war bewusst gewesen, dass die Möglichkeiten der Nonnen, größere Sünden zu begehen, unter dem strengen Regime von Agnes und Radegunde sehr eingeschränkt waren. Seine auferlegten Bußen waren nie über das mehrmalige inbrünstige Beten des „Paternoster“ oder des „Credo“ hinausgegangen. Radegunde waren sie oft genug viel zu milde erschienen.
    Es war ein kühler und dunkler Sonntagmorgen, als der neue Bischof seinen Antrittsbesuch abstattete. Die dunklen Schneewolken blieben fast am Kirchturm von Sankt Marie hängen, so schwer und tief zogen sie vom Westen her über die Stadt. Es war kalt in der Kirche und die Nonnen krochen zusammen wie eine Schar Hühner vor einem Gewitter. Sie froren, obwohl ihre weißen Kutten heute zum ersten Mal von dunklen Überwürfen aus Wolle verdeckt wurden.
    Agnes und Radegunde führten einen großen, hageren Priester in ihrer Mitte, dessen dunkler Bartwuchs das Gesicht noch finsterer wirken ließ, als es

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