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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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nun, Prinzessin. Mein Heer nimmt die südliche Route nach Reims, ihr werdet die nördliche nach Soissons wählen. Ich wünsche dir viel Glück! So Gott es will, werden wir uns in Franken wiedersehen!“ Er riss die Zügel herum und ritt davon. Theudebert folgte ihm ohne ein Wort des Grußes. Dicke Erdbrocken wirbelten unter den Hufen der Hengste hervor.
    Mein liebster Amalafrid,
ich weiß nicht, ob diese Botschaft dich jemals erreicht, aber ich habe Hoffnung. Man bringt uns nach Franken, wohin genau, weiß ich nicht, doch die Rede war öfter von Athies. Wir werden gut behandelt als Gefangene des Königs Chlothar.
    Die vielen Toten! Wer wird sie begraben? Doch sind sie nicht glücklich zu schätzen gegenüber denen, die das Los der Gefangenschaft antreten? Ich weine mehr um diese, denn sie dauern mich. Frauen, denen man Gewalt antut, Jünglinge, die die Peitsche schmecken, ja selbst Kinder, die nach ihrer Mutter schreien, werden mit uns hinweggetrieben.
    Liebster, ich sehne den Tag herbei, an dem du vor mir stehst und mich nach Hause holst. Nur so kann ich all das ertragen.
    In Liebe Radegunde
    Besa hatte das Stück Pergament dem Schreiber gestohlen. Giso rührte ihr aus wenig Mehl und Schlehensaft brauchbare Tinte, und eine angespitzte Krähenfeder diente als Schreibwerkzeug. Sie waren jetzt drei Tage unterwegs und Radegunde hoffte, den Brief einem Bauern zustecken zu können, der ihn gegen eine Belohnung Amalafrid überbrachte, sobald dieser wieder im Land war. Doch verkroch sich die Landbevölkerung in den Wäldern, sobald der Heereszug in Sicht kam. Alle Dörfer und Höfe, die sie passierten, lagen wie ausgestorben, die Soldaten des Frankenheeres wurden immer gereizter. Der König hatte ihnen Beute versprochen, doch das Wenige, das die Bauern besaßen, war gut versteckt oder mitgenommen worden.
    Radegunde durfte mit Bertafrid gemeinsam ein Pferd reiten, Besa und Giso mussten nebenherlaufen. Zum Glück kamen die vielen Ochsengespanne im Tross nur langsam voran, so dass das Reisetempo beinahe gemütlich war. Ihr Wächter war ein älterer Bauer mit sanftem Gemüt, der es nicht so genau nahm mit seiner Aufsicht. So konnte Besa ab und zu aufs Pferd gehoben werden, obwohl sie ‚von dem Ungeheuer herab‘ noch mehr jammerte als am Boden. An Flucht wagten sie nicht zu denken, denn sie waren Zeugen von etlichen Versuchen geworden, die alle damit endeten, dass die unglücklichen Opfer eingefangen und ausgepeitscht wurden.
    Am Nachmittag des dritten Tages erreichten sie die Weggabelung, die in Richtung Sonnenuntergang zum Königshof Herminafrids und nordwärts zum Heiligtum Runibergun führte. Dicke Rauchschwaden im Westen kündeten schon von weitem von Zerstörung und Tod. Theuderichs Heer war vor ihnen entlanggezogen und hatte die Anlagen des Königshofes verwüstet. Chlothars Heer wandte sich nach Norden. Der Anblick des zerstörten Hofes würde ihnen erspart bleiben. In einer feuchten Senke an der Unstrut schlugen sie das Lager auf. Der kleine Weiler Sumar wurde von den Soldaten geplündert und ging bald darauf in Flammen auf. Während die Frauen aus dem Tross Gras für die Zugtiere mähten und sich um die Kochfeuer kümmerten, errichteten einige Männer das große Zelt für den König und kleinere für seine engsten Vertrauten. Die von der Plünderung trunken heimkehrenden Soldaten krochen unter die Wagen, und die Gefangenen mussten unter freiem Himmel schlafen.
    Tags darauf verließ der Tross den Weg, den Theuderich eingeschlagen hatte. Starker Regen zwang sie jedoch bald zum Halten. Die schlammigen Wege wurden unpassierbar und die Joche der Ochsen scheuerten den Tieren die nasse Haut wund. Die Feuer ließen sich nur schlecht entzünden und qualmten mehr, als sie wärmten. Chlothars Soldaten begannen zu murren, denn ihre Hoffnung auf Beute schwand zusehends. Sie ließen ihre Wut an den Gefangenen aus. Das Geschrei der gequälten Frauen und Mädchen wurde zur abendlichen Begleitmusik.
    Nach drei weiteren endlos langen Tagen passierten sie Runibergun und fanden nur noch verbrannte Erde und Asche vor. Die weite Hochebene war übersät mit verwesenden Leichenteilen von Mensch und Pferd. Wölfe, Füchse und schwarzweiße Dachse ließen sich nur unwillig von ihrem üppigen Schmaus vertreiben. Große Krähenschwärme verdunkelten den Himmel und krächzten ungeduldig, bis der Tross weiterzog. Vergeblich suchte Radegunde den Horizont nach den Harzbergen ab, das trübe Wetter ließ eine weite Sicht nicht zu. Tief im Herzen

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