Radegunde von Thueringen
und verbeugte sich. „Herr, der Mann namens Germar ist unter den Gefallenen.“
„Das hatte ich befürchtet.“ Chlothar nickte verbittert. „Du kannst die Gefangenen wieder mitnehmen. Sieh zu, dass sie etwas zu essen bekommen und neue Kleider!“
Sie nahm all ihren Mut zusammen und trat einen Schritt vor. „Herr, ich bitte Euch, hört mich an!“
Chlothar zog überrascht die Augenbrauen in die Höhe. „Was gibt es?“
„Die Hunnenfrau Kiara ist unter Euren Gefangenen. Sie ist meine Dienerin und ich wäre Euch sehr dankbar, wenn …“
Er unterbrach sie unwirsch. „Du hast Gefolge genug. Wenn wir erst in Franken sind, bekommst du Dienerinnen, so viel du magst. Jetzt muss dir die Zwergin genügen.“
Er gab dem Wächter einen Wink. Sie fing noch einen Blick Theuderichs auf, der ihr viel versprechend zunickte.
Als sie das Zelt verließen, trafen sie auf eine Gruppe großgewachsener, breitschultriger Männer mit langen Haaren, die sie vor den Ohren zu kleinen Zöpfen geflochten trugen. Stirn und Wangenknochen zierten Tätowierungen mit Ornamenten und seltsamen Zeichen. Ihr Anführer stürmte mit langen Schritten voran, seine Leute folgten ihm, die Hände griffbereit an den langen einschneidigen Schwertern. Ein düsterer Blick streifte Radegunde.
Sie konnte noch hören, wie Chlothars Wache ihn als „Hadugoto“, Heerführer der Sachsen, ankündigte.
Giso pfiff leise vor sich hin. „Das wird nicht einfach, den Sachsen zu erklären, dass der Schatz der Thüringer nicht auffindbar ist.“
Sie sah ihn fragend an. „Wie meinst du das?“
„Theuderich hat sie schon einmal hintergangen, sie werden ihm nicht glauben.“
„Theuderich?“ Sie waren an ihrem Zelt angekommen.
Giso erzählte: „Ich habe so einiges aufgeschnappt, auf dem Weg hierher und heute Nacht. Offensichtlich hat unser Heerführer Iring bei Theuderich um Frieden ersucht. Ihm muss klar gewesen sein, dass wir in dieser Schlacht niemals siegen konnten. Er hat ihm ein Bündnis angeboten, unter welchen Bedingungen auch immer. Vielleicht hat er ihm sogar den Schatz versprochen, ich weiß es nicht.“
„Nein! Ohne den Schatz gibt es kein Königreich mehr, das hätte Iring niemals getan!“ Sie schüttelte entsetzt den Kopf.
In diesem Augenblick trat ihr Wächter ein, dicht gefolgt von zwei fränkischen Frauen, die mehrere Körbe trugen. Sie enthielten Brot und gebratenes Fleisch, was mit seinem Duft sofort das Zelt erfüllte. Giso bekam große Augen. Auch Radegunde verspürte plötzlich Hunger.
In einem Korb lagen warme Umhänge und Hemden aus Wolle, Strümpfe mit Bändern und lederne Schuhe in verschiedenen Größen. Die Frauen verschwanden gleich wieder ohne ein Wort. Der Wächter erklärte ihnen, sie mögen sich passende Kleidung heraussuchen. Dann ging auch er.
Besa teilte das Essen aus. Ein tönerner Krug war mit frischer Ziegenmilch gefüllt. Bertafrid bekam als Erster davon. Dann nahmen sie sich von den kleinen Haferbroten, tunkten sie in die Soße und kauten das in Streifen geschnittene Fleisch dazu.
Radegunde beobachtete Bertafrid, der still an seinem Brot lutschte. Er schwieg beharrlich, seit ihn der rothaarige Frankenkrieger aus der Hirse gezogen hatte. Wenigstens aß er mit Appetit.
„Erzähl weiter!“, bat sie Giso, nachdem der erste Hunger gestillt war.
„Nun ja, Theuderich und Iring hatten also offensichtlich ein Abkommen.“ Giso griff sich einen Apfel aus dem Korb. „Die Schwerter ruhten für einige Stunden. Doch die Sachsen hielten nichts von diesem Frieden, sie waren gekommen, um zu kämpfen und Beute zu machen. Einer der Thüringer Edlen hatte einen Jagdfalken dabei, der ihm entflog und von einem Sachsen gefangen wurde. Um seinen Falken zurückzubekommen, erzählte der Edle dem Sachsen von dem geheimen Bündnis und dass Theuderich den Königsschatz allein erhalten sollte.“ Giso biss herzhaft in den Apfel und verzog das Gesicht. „Igitt, ist der sauer.“
„Stimmt das?“, fragte Besa.
„Ja, du kannst probieren.“ Giso reichte ihr einen Apfel aus dem Korb.
„Nein, das meine ich nicht!“ Besa warf ihm den Apfel an den Kopf. „Wollte Theuderich den Schatz für sich allein?“
„Das weiß ich nicht! Ich war schließlich nicht dabei. Ich habe nur unsere beiden Wachen belauscht.“
Radegunde wurde ungeduldig. „Jetzt erzähl endlich weiter!“
„Du kannst dir denken, dass die Sachsen so sauer waren wie diese Äpfel hier. Ohne zu zögern, stürmten sie in die Schlacht. Sie waren es auch, die die Burg
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