Radegunde von Thueringen
Krieger habt?“
Er sah sie erstaunt an: „Weißt du denn das nicht?“
„Was gibt es da zu wissen?“
„Euer Oheim Herminafrid brach sein Wort! Er versprach mir Nordthüringen, wenn ich ihm dabei helfe, seinen Bruder Bertachar zu töten. Ich kam in Begleitung meines Bruders, um mein Recht einzufordern!“
Radegunde ließ die Hände sinken. Die Fibel fiel ins Gras. Dann stimmte es also. Herminafrid hatte ihren Vater getötet. In der Schlacht gegen die Franken. Es war alles abgesprochen. Und dann hatte er geglaubt, die Franken übertölpeln zu können. Was für ein fataler Irrtum! Nun hatte er alles verloren.
Theuderich hob das Schmuckstück auf und befestigte es mit geschickten Fingern unter dem Stoff des neuen Umhanges, so dass es seiner Aufgabe gerecht werden konnte, ohne gesehen zu werden. „Ich scheine heute der Überbringer von Hiobsbotschaften für dich zu sein. Wie dumm von mir, zu glauben, Herminafrid hätte dich eingeweiht. Du und dein Bruder, ihr seid auch nur Figuren in seinem durchtriebenen Spiel.“
Radegunde nickte nachdenklich. Besas Worte fielen ihr ein. „Er wollte Euch mit den Kindern seines Bruders abspeisen.“
„Vater!“ Theudeberts Stimme klang drängend.
Doch Theuderich ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Dann weißt du sicher auch nicht, dass Herminafrid schon meinen Schwiegervater ermorden ließ.“
Radegunde überlegte, was sie bei Amalaberga gelernt hatte. Wer war Theudeberts Großvater?
Die Antwort fiel ihr im selben Moment ein, als Theuderich sie aussprach: „König Baderich. Seine Tochter ist meine Frau und Theudeberts Mutter.“
Er sah wohl, wie das Entsetzen von ihr Besitz nahm, und legte ihr seine Hand auf die Schulter. „Mach dir keine Gedanken, Prinzessin. Wir werden ihn früher oder später aus seinem Versteck locken. Eine Truppe unserer besten Krieger reitet noch heute ins Hinterland, um ihn aufzuspüren. Euer alter Bekannter Gorrik wird sie begleiten. Er hat sich als Informant bisher ganz gut bewährt.“
„Diese widerliche Ratte!“ Sie verzog das Gesicht.
Der Frankenkönig lachte. „Wer an die Vorratsgrube des Nachbarn will, dem zeigt die Ratte den Weg!“
„König Herminafrid traute Gorrik nicht, er verbot ihm, den Hort zu begleiten, obwohl er der Schatzmeister meines Vaters war.“
„Das war sicher richtig, trotzdem beging Herminafrid einen verhängnisvollen Fehler. Er schickte ihn als Boten zu mir, um den Ort der Schlacht zu benennen. Ich ahnte sofort, dass der Mann käuflich war.“ Theuderich war eitel genug, sich mit seiner Weitsicht zu brüsten. „Er überbrachte eurem König auch die Kunde vom Heer Chlothars, das vom Norden her zum Schlachtfeld zog. Nur dass er einen Tagesritt unterschlug, so dass eure Krieger zu spät bei Runibergun eintrafen.“
Mit Bestürzung begriff Radegunde, wie entscheidend Gorriks Verrat die Schlacht beeinflusst hatte. Wenn Herminafrid einen Tag früher an der Schlucht gewesen wäre, dann hätte er zumindest Chlothars Heer aufhalten können.
„Warum musstet Ihr das Heiligtum zerstören?“, fragte sie matt.
„Die meisten unserer Krieger sind getaufte Christen. Unser Gott duldet keine anderen Götter neben sich.“ Theuderich klang noch immer selbstgefällig.
Theudeberts Pferd tänzelte nervös auf der Stelle. Die Unruhe des Reiters übertrug sich auf das Tier. „Vater! Die Sonne steigt höher und höher!“
Radegunde trat einen Schritt vor. Eine Frage lag ihr noch auf dem Herzen. „Was wird aus dem Land, solange die Königsfamilie verschwunden bleibt?“
„Ich gebiete über das Reich. Lediglich das Grenzland im Norden mussten wir an die Sachsen abtreten. Schließlich wollte Hadugoto auch seinen Teil.“
„Die heiligen Berge?“
„Du meinst den Harz? Ja, auch ihn. Und einen Teil südlich davon, etwa bis Runibergun.“
Fassungslos dachte sie an ihre Heimat, die dunklen Berge Thors und den Königshof Bertachars. Dies alles war jetzt in sächsischer Hand!
„Aber dann gilt der Vertrag nicht mehr, den Ihr an jenem Morgen unterzeichnet habt!“ Leise Hoffnung schwang in ihrer Stimme. Noch immer schien es ihr, als sei eine Gefangenschaft unter König Theuderich das kleinere Übel.
Er lachte laut auf. „Du bist ein schlaues Mädchen! Du meinst, wenn mir nicht ganz Thüringen zusteht, steht meinem Bruder auch nicht Radegunde mit ihrem Gefolge zu? Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Wir werden sehen!“
Seine Augen glänzten, als er wieder auf das Pferd stieg. „Unsere Wege trennen sich
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