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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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Kleider!“ Agnes reichte Giso das Unterhemd und legte das Gewand bereit.
    Giso streifte sich den zerrissenen Bauernkittel über den Kopf. Dabei drehte er sich instinktiv von den Frauen weg. Radegunde stöhnte entsetzt auf. Zwischen Nacken und Gürtel glänzte rosa Narbengewebe. Kreuz und quer wie die Strohhalme auf dem Stallboden zogen sich deutliche Abdrücke von knotigen Lederriemen, die das Muskelfleisch neben der Wirbelsäule mit Sicherheit bis auf die Knochen durchtrennt hatten. Besa knirschte mit den Zähnen und Agnes schlug die Hände vor das Gesicht.
    „Waren das die Franken?“ Bertafrid fragte es ganz ruhig.
    Giso zog hastig das Unterhemd über und nickte. „Ja, aber das musst du für dich behalten, hörst du?“
    „Sicher, das weiß ich.“ Niemandem fiel auf, dass der Junge nicht stotterte.
    Aus dem Garten kam der zweite Pfiff, diesmal eindringlicher als zuvor.
    Giso stopfte sich die neuen Schuhe und Strümpfe in den Gürtel und wandte sich zur Tür. „Ich muss jetzt wirklich los. Macht euch keine Sorgen um mich! Ich melde mich wieder, sobald ich kann. Wodan schütze euch!“
    Sie streckte die Arme aus: „Wohin gehst du?“
    Doch er war bereits fort.
    Eine plötzliche Leere erfüllte den Raum. Sie sank auf den Futterkorb. Besa strich Bertafrid gedankenverloren über den Kopf.
    Nur Agnes behielt den Überblick. „Wir müssen sofort ins Haus! Bestimmt suchen sie nach uns!“ Hastig stopfte sie den Bauernkittel unter die Kiste mit dem Hafer.
    Als sie durch den Gemüsegarten eilten, standen zwei Körbe voller Bohnen verwaist zwischen den Pflanzen.
    Das Haupthaus war ein langgestrecktes Gebäude, das – wie einige andere Häuser auf dem Wirtschaftshof auch – aus Stein gebaut war. Bei ihrer Ankunft hatte sie staunend die sorgfältig übereinandergestapelten Steine betrachtet und sich gefragt, warum diese Wände nicht einstürzten. Erst nach einigen Tagen hatte sie gewagt, Bischof Athalbert danach zu fragen. Lächelnd hatte er ihr erklärt, dass die Römer diese vorteilhafte Bauweise mitgebracht hatten und dass die Steine mit einer Art Brei aus Sand, Wasser und Kalk zusammengehalten werden. Ungewohnt waren für sie auch die Fenster gewesen, einfache viereckige Löcher in den Wänden. Die schweren Holzläden blieben bei schönem Wetter geöffnet, so dass jeder hineinschauen konnte, bei Regen und Kälte wurden sie geschlossen, was Dunkelheit auch am Tage zur Folge hatte.
    Jetzt standen alle Läden weit offen und sie hörten schon von weitem Sebilas Geschrei. „Wo habt ihr sie zuletzt gesehen? Sie müssen doch irgendwo sein!“
    Ein blonder Haarschopf erschien in einer Fensteröffnung. „Da kommen sie gerade über den Hof!“, antwortete Sigibald, der Sohn vom Hauptmann.
    Die Eingangstür flog auf und Sebila baute sich im Rahmen auf. „Was fällt euch ein? Einfach so zu verschwinden? Wo seid ihr gewesen?“ Ihr fülliger Körper bebte vor Wut. Hinter ihr versuchte der Blondschopf, einen Blick an ihren breiten Hüften vorbei auf den Hof zu erhaschen, doch Sebila scheuchte ihn ins Haus zurück.
    Agnes ergriff das Wort: „Wir haben Bertafrid das Fohlen gezeigt, Mutter Sebila. Er hat so sehr gebettelt. Es ist heute erst geboren!“
    Sebilas Blick heftete sich an den Jungen, der heftig nickte. Dabei schaute er so unschuldig zu der Frau hinauf, dass Radegunde sich auf die Lippen beißen musste, um nicht loszulachen.
    „So, so. Ein Fohlen bewegt die Herrschaften mehr als Gehorsam und Disziplin! Nun schert euch herein, es gibt schlechte Nachrichten!“ Halb versöhnt räumte sie den Eingang.
    In der Halle war die Abendmahlzeit vorbereitet. Knechte und Mägde hatten sich an den vorderen Tischen eingefunden, der Verwalter des Hofes, der Hauptmann mit seiner Familie und die Erzieher saßen weiter hinten, wo die feineren Speisen aufgetragen wurden.
    „Was meint sie?“, flüsterte Radegunde Besa zu.
    „Wer?“ Besa begriff nicht.
    „Na, Sebila. Sie sprach von schlechten Nachrichten!“
    „Woher soll ich das wissen?“
    Sie hockten sich an die hintere Tafel und sahen sich neugierig um. Der Verwalter, ein dürrer kleiner Mann mit Namen Syagrios, diskutierte lautstark mit dem Hauptmann Sigimer, der die Wachmannschaft des Hofes befehligte.
    „… Es wird auf alle Fälle zum Krieg kommen! Es hat immer Krieg gegeben in einer solchen Situation“, hörten sie Syagrios behaupten.
    „Aber Theudebert ist stark! Er lässt sich nicht einfach abspeisen“, entgegnete der Hauptmann, hinter dessen kräftigem

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