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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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viel Geschrei die Gössel in den Stall. Knechte zerrten hastig einen Karren voll frischem Heu unters Dach. Eine Ziegenherde lief meckernd aus dem nahen Wald auf ihren Unterstand zu. Der kleine Sigibert rannte in Richtung Haus und zog sein Kindermädchen hinter sich her.
    Als sie am Haupthaus ankam, fielen die ersten Regentropfen. Sie klatschten in den Staub und wirbelten zunächst kleine Wölkchen auf, bevor ihre Nachfolger ihn in Schlamm verwandelten.
    Beim Abendessen holte sie tief Luft und fragte Chlothar, ob sie nach Saix reisen dürfe. Er starrte sie verblüfft an und lachte, statt eine Antwort zu geben. „Weißt du denn nicht, wie weit das ist?“
    „Nein.“
    „Mit dem Wagen sind das mindestens …“ Er zog die Stirn kraus.
    „Ich kann reiten!“
    Chlothars Miene verdüsterte sich. „Du reitest nirgendwohin!“
    „Aber warum nicht? Ich kann doch …“
    Chlothar hieb mit der Faust auf die Tafel, dass die Schalen und Krüge einen klirrenden Satz taten. Sie zuckte zusammen, es wurde still im Saal.
    Bevor der König jedoch losbrüllen konnte, fiel sein Hofmeister Baudin mit ruhiger Stimme ein: „Zu Pferd sind es etwa sieben Tagesreisen, vorausgesetzt, man kommt gut voran.“ Er warf einen kritischen Blick nach draußen, wo sich noch immer Gewitterwolken entluden. „So regnen wie heute darf es natürlich nicht. Die Pferde gleiten im Schlamm aus oder stolpern. Ein Galopp ist dann nicht möglich. Allerdings kann man einen großen Teil der Strecke auf der Loire zurücklegen. Eine sehr bequeme Art zu reisen.“
    Chlothar schnaufte. Die Gespräche an der Tafel kamen wieder in Gang.
    „Wenn du willst, kannst du demnächst mitkommen, ich reite nach Athies.“ Er sagte es so beiläufig, dass sie beinahe glaubte, sich verhört zu haben.
    „Athies – ja, gern! Wann?“ Sie freute sich.
    „In drei bis vier Tagen. Nimm das Mädchen mit, diese Agnes! Sie stammt doch auch aus der Villa. Dann hast du Gesellschaft!“
    In Athies hatte sich nicht viel verändert, und doch kam es ihr vor, als wären Jahre vergangen. Der Verwalter Syagrios verneigte sich vor ihr und auch Sebila begegnete ihr mit Ehrfurcht, kaum erkannte sie in ihr die gestrenge Lehrerin wieder.
    Die Kinder umkreisten sie jedoch vor Freude jubelnd und hüpfend, jedes wollte von ihr gestreichelt und gelobt werden. Gunda erklärte, wer am besten lesen konnte und wer noch Hilfe beim Rechnen benötigte. Um die Kinder auch in praktischen Dingen zu unterweisen, hatte das Mädchen mit ihnen einen kleinen Garten angelegt, was Radegunde für eine sehr gute Idee hielt. Sie wurde von den Kindern zum Palisadenzaun gezogen, wo sie ihr stolz die kleinen Kräuterbeete mit Rauke, Beinwell und Kamille zeigten.
    In der Kirche fand sie Pater Athalbert, dessen gütiges Gesicht sich vor Freude rot färbte, als er sie sah. Verstohlen musterte er ihren Verband am Arm, schwieg aber dazu wie alle anderen vor ihm auch. Gemeinsam beteten sie das Paternoster.
    Am späten Nachmittag saß sie mit Syagrios in seinem Schreibzimmer. „Es wundert mich, Herrin, dass Ihr selbst kommt. Euer Bote Giso war unlängst erst hier …“
    „Ich weiß. Es ist meine erste Reise, seitdem ich verheiratet bin. Ich freue mich sehr, wieder hier zu sein.“ Sie wies auf die Listen und Schriftrollen auf seinem Tisch. „Doch nun sprecht, wie steht der Hof da? Ist alles in Ordnung?“
    „Hat Euch Giso nicht berichtet?“
    „Das konnte er nicht, ich habe ihn noch nicht wiedergesehen.“
    Der Verwalter machte ein verdutztes Gesicht. „Aber er ritt bereits vor drei Tagen hier weg!“
    Radegunde biss sich auf die Zunge. Sicher nutzte Giso diese Gelegenheit zu einigen kleinen Umwegen. Sie musste vorsichtiger sein.
    „Er hatte noch einen anderen Auftrag!“, entgegnete sie hastig.
    Syagrios nickte beruhigt und entrollte ein Pergament. „Seht her, dies sind unsere Einkünfte im letzten Jahr gewesen …“
    Nach dem Essen unternahm sie mit Agnes einen Spaziergang über den Hof. Jede Hütte, jeden Stall begrüßten sie mit freudigem Erinnern.
    „Hier drin hatte Besa ihre Entenküken, weißt du noch?“, rief Agnes und wies auf einen leer stehenden Pferch.
    „Es waren Gänse!“, korrigierte Radegunde.
    „Wo sind die wohl jetzt?“
    „Entweder auf der Weide oder aufgegessen!“ Sie lachten ausgelassen.
    Ohne es zu merken, hatten sie den Hof überquert und kamen zu den Palisaden. Im langen Schatten der sinkenden Sonne drückte sich eine robuste Baracke an den Zaun.
    „Hier wohnte damals die Wachmannschaft.

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