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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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Verwalter flüsterte es.
    „Jesus möge uns vergeben!“ Sie senkte den Kopf. Dann erhob sie sich. Noch immer herrschte gespanntes Schweigen im Saal.
    „Leute von Athies! Dieser Hof ist meiner Bestimmung übergeben worden. Alles soll hier nach Ehre und Recht zugehen. Dafür will ich sorgen. Wenn ein Unrecht geschehen ist, dann wird es gesühnt werden. Jeder von euch, der den Entflohenen beisteht und ihnen hilft, kann sich meiner Unterstützung sicher sein!“
    Gemurmel folgte ihren deutlichen Worten. Sie war sicher, dass die Leute diese Botschaft nach draußen tragen würden. Als sie sich setzte, sah sie Gorrick zur Tür hinausschleichen.
    Sie bestand darauf, dass Syagrios sie zur Gefangenenbaracke brachte. Chlothar stand mit dem Hauptmann vor der Tür. Während der König mit den Händen fuchtelte, schüttelte Sigimer immer wieder ratlos den Kopf.
    „Sie müssen Helfer gehabt haben, Herr! Anders war eine solche Flucht nicht möglich!“
    „Dann finde heraus, wer das gewesen ist! Ich werde ihm eigenhändig den Hals umdrehen!“
    „Meine Soldaten sind gute Reiter, Herr. Weit können die Burgunder nicht kommen.“
    Chlothars Blick fiel auf Radegunde. „Was willst du hier? Dies ist kein Ort für eine Frau!“
    „Dies ist mein Hof und ich frage mich, wer hier ohne meine Zustimmung Gefangene hält!“ Sie hatte sich vorgenommen, mutig zu sein, und ihre innere Wut half ihr dabei.
    Chlothar schnaubte amüsiert. „Sieh an! Dein Hof? Kannst du nicht tun und lassen damit, was du willst? Haben deine kleinen Blagen etwa nicht alles, was sie brauchen?“
    Der Hauptmann zog Syagrios dezent beiseite und betrat mit ihm die Baracke.
    „Denkt Ihr, für mich ist der Hof ein Spielzeug? Wenn ich ihn besitze, dann ganz, mit allen Konsequenzen! Ihr werdet hier jedenfalls nicht irgendwelche brisanten Gefangenen verstecken!“
    Seine Augen wurden schmal. „Hast du davon gewusst? Steckst du etwa dahinter? Das würdest du bereuen, glaube mir!“
    Sie reckte ihm den verbundenen Arm entgegen. „Wollt Ihr mir den anderen Arm auch noch brechen?“
    Er winkte ab. „Lass das Gezeter und verschwinde zu deinen Kindern.“
    „Nein. Ich will erst wissen, was hier passiert ist.“
    Er zögerte kurz, dann schien er ihr zu glauben. „Also gut. Der Wachmann sagt, er sei kurz pinkeln gewesen, als er zurückkam, hätten die Gefangenen sich in Luft aufgelöst. Für diesen Satz wollte ich ihn hinrichten lassen, doch sieh selbst!“
    Er nahm ihren gesunden Arm und führte sie in die Baracke.
    „Siehst du die Fesseln?“, fragte er, als sie vor der stinkenden Schütte standen.
    Sie nickte. „Ja – und?“
    „Fällt dir nichts auf?“, knurrte er ungeduldig.
    Eine kleine Weile tat sie, als wüsste sie nicht, was er meinen könnte. Dann sagte sie: „Ach, sie sind unversehrt!“
    Er nickte. „Eben. Entweder die Kerle sind einfach herausgeschlüpft oder …“ Ratlos kratzte er sich am Hals.
    ,… oder die Fesseln sind nach der Flucht erneuert worden!‘, dachte Radegunde und verkniff sich ein triumphierendes Lächeln. Das Dämmerlicht in der Hütte verhinderte, dass jemandem die Kratzer an den Kettengliedern auffielen, wo Sigibald in der Nacht die Metallfesseln ausgetauscht hatte. Die Burgunder waren zu der Zeit schon beim Schmied gewesen, der ihre Glieder von den Fesseln befreite. Hoffentlich hatte der Mann die verräterischen Stücke gut vergraben.
    „Warum haltet Ihr auf meinem Hof Abgesandte gefangen? Das verstößt gegen jede Regel von Moral und Anstand!“ Sie hatte laut gesprochen, Syagrios und Sigimer mussten es gehört haben, auch die zwei Soldaten der Begleitmannschaft, die lustlos im Stroh herumstocherten, horchten auf.
    „Regeln von Moral und Anstand?“ Chlothar lachte trocken. „Ich bin der König, ich mache diese Regeln!“
    „Aber die Inhaftierung eines Abgesandten ist völlig …“
    „Es ist genug!“ Er brüllte es und sein Gesicht war weiß. Kleine Speichelflöckchen sprühten aus seinem Mund. Sie stolperte einen Schritt zurück.
    Syagrios sprang hinzu und nahm ihren Arm. „Kommt, Herrin, es gibt noch viel zu besprechen.“
    Nach dem Abendessen befahl Chlothar sie in sein Bett.
    Sie war nicht überrascht, hatte er doch seine Leibsklavinnen in Soisson gelassen. „Ich möchte erst beten gehen!“
    „Nein! Bete danach, von mir aus die ganze Nacht. Zuerst wirst du mit mir kommen.“
    Sie fügte sich. Er zog sie auf sein Lager und ließ ihr kaum Zeit, ihr Gewand abzulegen. Als er sie schnaufend nahm, wandte sie den Kopf ab.

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