Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Radieschen von unten

Radieschen von unten

Titel: Radieschen von unten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frida Mey
Vom Netzwerk:
über ihre Hand.
    Elfie zögerte und suchte in Paul-Friedrichs Zügen nach einer Antwort. Er war ihr so vertraut und seit vielen Jahren ein treuer Freund, auch wenn sie ihn immer nur als ihren Bekannten bezeichnet und ihn nicht zu nah an sich herangelassen hatte  – wegen Ludwig und wegen ihrer Projekte. Aber die Dinge veränderten sich, und in letzter Zeit spürte Elfie ein zunehmendes Bedürfnis nach Nähe und Zuwendung.
    Sie holte tief Luft, dann lächelte sie Paul-Friedrich an. »Du hast recht. E-Mails sind nur zweite Wahl. Ich möchte auch lieber persönlich mir dir zusammen sein.«
    Paul-Friedrich sprang auf. »Komm, wir gehen nach oben. Ich habe einen Champagner im Kühlschrank, für besondere Gelegenheiten. Den trinken wir jetzt.«
    Er nahm feierlich ihre Hand und geleitete sie die Wendeltreppe hinauf in seine Wohnung. Während Paul-Friedrich in der Küche hantierte, setzte Elfie sich im Wohnzimmer in seine »Geheimratsecke«, wo er seine wertvollen Goethe-Ausgabenund andere Bücher aufbewahrte, von denen er sich niemals trennen würde. Nur seine älteste Goethe-Gedichtsammlung hatte er vergangenes Jahr notgedrungen verkaufen müssen, da sein Badezimmer nach zwei Wasserrohrbrüchen komplett saniert werden musste. Seither wusch er sich »bei Goethen« die Hände.
    Elfies Blick fiel auf den Roulettetisch unter dem Fenster, der mit Zeitungsausschnitten übersät war.
    »Machst du Fortschritte mit deinem Gewinnsystem fürs Roulette?«, fragte sie, als Paul-Friedrich mit zwei Gläsern roséfarbenen Champagners das Zimmer betrat.
    »Daran arbeite ich nicht mehr«, entgegnete er. »Die Trefferquoten empirisch ermitteln zu wollen war wohl doch keine so gute Idee. Die Statistik, die ich erstellt habe, war in diesem Fall überhaupt nicht aussagekräftig. Aber jetzt stoßen wir erst einmal an. Auf uns!«
    Sie prosteten sich zu und tranken einen Schluck. Der Champagner perlte fein auf der Zunge, schmeckte herrlich frisch und leicht  – ganz im Gegensatz zu »Söhnlein Brillant«, den sie immer mit Ludwig zum Abschluss eines Projektes trinken musste.
    »Ich werde den Roulettetisch verkaufen«, fuhr Paul-Friedrich fort. »Vielleicht über Ebay. Aber wie man dort etwas einstellt, lerne ich erst im nächsten Kurs.«
    »Was liegen denn da für Zeitungsausschnitte?«, fragte Elfie. »Sammelst du wieder Informationen für eine neue Statistik?«
    »Du wirst es nicht glauben.« Paul-Friedrich lächelte verlegen. »Aber deine Arbeitsstellen inspirieren mich stets zu neuen Themen. Seitdem du für das Beerdigungsinstitut tätig bist, sammele ich Todesanzeigen. Da ergeben sich interessante Fragestellungen. Im Moment beschäftige ich mich mitdem durchschnittlichen Lebensalter und dem Verhältnis von Feuer- zu Erdbestattungen. Sehr spannend.«
    Elfie musste grinsen. Ihre wechselnden Arbeitsstellen inspirierten sie ebenfalls, und mit den beiden Themenbereichen hatte sie sich oft beschäftigt, allerdings nicht aus statistischen Gründen. Und spannend war es tatsächlich immer gewesen.

4.
    Alex betrachtete das Foto von Josef Wilfert. Es gab immer noch keine Spur von ihm, genauso wenig wie von der 13-jährigen Melanie. Sie steckte das Bild in ihre Tasche und verließ das Büro. Die Tür zu Brauses Zimmer stand offen.
    »Chef, ich fahre jetzt zu diesem Bestatter, mit dem der Wilfert zu tun hatte«, rief Alex Brause zu.
    »Ja, mach das nur, Hoheit … Verflixt noch mal, ich meine natürlich – Alex.« Brause erhob sich, kam auf sie zu und klopfte ihr auf die Schulter. »Nix für ungut. Aber irgendwie rutscht es mir immer wieder raus.«
    »Tja, du hast mich ja auch lange genug mit diesen dämlichen Adelstiteln bedacht«, entgegnete Alex. »Anscheinend dauert es ein bisschen, bis du dir das wieder abgewöhnt hast. Aber ich freue mich, dass du auf dem Weg der Besserung bist.«
    »Ja, das bin ich – in jeder Beziehung«, sagte Brause. »Guck mal, wie viel ich schon abgenommen habe.« Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf, zog den Bauch ein und grinste triumphierend. »Schon fünf Kilo weniger. Kein Bier mehr, sondern nur noch Mineralwasser und ganz viel Salat. Da purzeln die Pfunde nur so.«
    Alex begutachtete die immer noch enorme Leibesfülle ihres Chefs. Allerdings wölbte sich sein Bauch tatsächlich nicht mehr ganz so weit über den Hosenbund.
    »Respekt«, sagte sie. »Woher kommt eigentlich dieser plötzliche Sinneswandel? Warst du beim Arzt?«
    »Pah«, machte Brause. »Ärzte! Die haben doch keine Ahnung.«
    »Aber

Weitere Kostenlose Bücher