Radieschen von unten
Falls auf? Auchwenn sie sich ihr freundschaftlich verbunden fühlte, musste sie der Sache nachgehen.
Sie seufzte, ließ den Motor an und fuhr los.
Am Abend wollte Alex gerade das Büro verlassen, als Gudrun hereingestürmt kam.
»Stell dir vor, die Melanie ist wieder aufgetaucht – lebend.« Gudrun ließ sich mit einem lauten Seufzer auf ihren Bürostuhl fallen.
»Mensch, das ist ja toll. Erzähl«, drängte Alex und setzte sich auf Gudruns Schreibtisch.
»Man hat sie in Berlin auf der Straße aufgegriffen, als sie Passanten angebettelt hat«, berichtete Gudrun.
»Was, in Berlin? So weit weg? Wie ist sie denn dahin gekommen?«, fragte Alex verwundert.
»Das Geld für den Zug hatte sie aus dem Portemonnaie ihrer Mutter geklaut, bei der sie es offenbar nicht mehr ausgehalten hat. In Berlin wollte sie zu ihrer Tante, die jedoch gerade ein paar Tage nicht in der Stadt war. Da hat sich Melanie auf der Straße durchgeschlagen – ganz schön tough, die Kleine«, erzählte Gudrun. »Ich bin ja froh, dass ihr nichts passiert ist. Aber dass der ganze Polizeiapparat tagelang auf Hochtouren lief, war völlig für die Katz. Nun ja, was soll’s? Lieber so als andersherum. Was macht eigentlich dein Rentner? Ist der inzwischen wieder aufgetaucht?«
»Nein, es gibt immer noch keine Spur von ihm«, antwortete Alex. »Ich klopfe noch das Umfeld ab und versuche, seine Wege zurückzuverfolgen. Seine Frau ist vor zwei Wochen gestorben, was ihn offenbar sehr mitgenommen hat. Er könnte selbstmordgefährdet sein.«
»Aber dann wäre seine Leiche sicher längst gefunden worden«, warf Gudrun ein.
»Das denke ich auch«, sagte Alex. »Ich muss unbedingt mit dem Neffen sprechen. Aber der ist momentan in China und kommt erst übermorgen zurück. Vielleicht weiß der irgendetwas, das Licht in die Sache bringt.«
»Nach fast einer Woche ist der Mann entweder tot, oder er will nicht gefunden werden«, sagte Gudrun ungerührt.
»Tja, der Gedanke ist mir auch schon gekommen«, erwiderte Alex und erhob sich. »Aber jetzt muss ich erst mal nach Hause. Ich will Hubert heute mit einem asiatischen Menü überraschen.«
»Ja, ja, Liebe geht durch den Magen«, kommentierte Gudrun grinsend, erhob sich ebenfalls und griff zu Rucksack und Motorradhelm. »Bei mir gibt es nur noch eine Stulle, und dann ab in die Federn. Endlich mal wieder schlafen.«
Auf dem Heimweg fuhr Alex bei der Confisérie Beer vorbei und kaufte Champagnertrüffel, die sie für die exotische Fruchtgrütze brauchte. Im Laden fiel ihr Blick auf die Schokotrüffel, die Lydia dort für sich und für Amadeus kaufte. Die Großpackung lag noch unberührt im Schrank. Weder Alex noch Hubert gedachten, den Hund damit zu füttern. Sie waren vielmehr übereingekommen, ihn während Lydias Abwesenheit ein wenig auf Diät zu setzen. Genauso wie Brause, dachte Alex amüsiert. Der war ja neuerdings auch auf Diät. Und in der Tat war das bei Mann wie Mops dringend nötig.
Als Alex zu Hause ankam, war Thea bereits weg. Auf dem Tischchen in der Diele lag ein Zettel: War schon mit Amadeus Gassi. Machen Sie sich einen schönen Abend.
Das hatte Alex auch vor. Amadeus lag im Wohnzimmer auf seinem Hundesofa. Er hob den Kopf, als Alex hereinkam. Er sah irgendwie traurig aus. Wahrscheinlich vermisster Lydia tatsächlich, dachte Alex und streichelte ihn. Sofort stand der Mops auf und drückte sich eng an sie, schien geradezu in sie hineinkriechen zu wollen.
»Jetzt mach aber mal halblang«, sagte Alex lachend und schob den Hund von sich fort. »Du siehst doch wohl, dass ich nicht dein Frauchen bin.«
Jetzt fing er auch noch an zu sabbern und drängte sich mit der Schnauze wieder gegen Alex’ Bein. Da erst begriff sie, dass dieser völlig neue Liebesbeweis nicht ihr galt, sondern ihrer Tasche, die sie noch umhängen hatte – und den darin enthaltenen Trüffeln, die Amadeus wohl erschnuppert hatte. Schnell brachte sie sich und die Trüffel in Sicherheit.
Nachdem sie sich umgezogen und einen Rosé kaltgestellt hatte, bereitete sie als Erstes die Marinade für die Garnelen zu. Ganz schön aufwendig, das Rezept. Aber schon der Duft war köstlich. Alex sah auf die Uhr. Hubert würde ungefähr in einer halben Stunde kommen. Sie beeilte sich mit den Vorbereitungen für die Mangosauce und das Bananensüppchen. Dann holte sie die Fruchtgrütze aus dem Kühlschrank, die sie schon morgens zubereitet hatte. Die Konsistenz war perfekt.
Als sie gerade den Tisch deckte, läutete das Telefon. Hubert, im
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