Radieschen von unten
erschöpft ins Bett.
Am nächsten Morgen erwachte Alex, noch bevor der Wecker klingelte. Hubert schnarchte laut neben ihr. Leise stand sie auf und ging ins Bad. Als sie fertig angezogen in der Küche stand und das Frühstück vorbereitet hatte, war es erst 7.30 Uhr. Eigentlich noch ein bisschen früh für einen Anruf. Aber so wie sie Anneliese Neumann einschätzte, war diese bestimmt schon putzmunter mit dem Staubwedel durchs Haus unterwegs. Sie suchte die Nummer heraus und wählte. Schon nach dem ersten Klingelton wurde abgehoben.
»Guten Morgen, Frau Neumann. Hier Kommissarin Lichtenstein. Entschuldigen Sie die frühe Störung. Aber ich brauche dringend eine Information von Ihnen. Haben Sie mir nicht erzählt, Herr Wilfert hätte ein schwarzes Mountainbike?«
»Ja, so eins mit Motor, damit er leichter den Berg hochkommt.Haben Sie ihn gefunden?« Anneliese Neumanns Stimme klang ängstlich.
»Nein, noch nicht. Aber es gibt Hinweise auf ein Mountainbike. Können Sie mir das von Herrn Wilfert genauer beschreiben?«
»Nun, es ist schwarz. Außerdem hat es einen Sattel aus Schlangenleder. Angeblich ist das ein Unikat. Jo hat ihn bei einem Preisausschreiben gewonnen.«
»Vielen Dank, Frau Neumann. Die Beschreibung dürfte hilfreich sein. Und ich hätte noch eine Frage. Auf welchem Friedhof ist Frau Wilfert begraben?«
»Auf dem Südfriedhof. Wieso ist das wichtig?«
»Dazu kann ich im Moment noch nichts sagen.« Rasch beendete Alex das Telefonat.
Der Südfriedhof, das passte. Auf den Sattel hatte sie gestern Abend allerdings nicht geachtet. War darüber nicht eine Plastiktüte gewesen? Auf dem Weg ins Büro würde sie vorbeifahren und nachsehen.
Sie hatte gerade mit dem Frühstück begonnen, als Hubert in die Küche kam. Er blieb hinter ihrem Stuhl stehen, umfasste sie mit beiden Armen und küsste sie in den Nacken.
»Ich hoffe, du bist nicht böse wegen gestern Abend«, sagte er. »Das Essen war übrigens exzellent. Bei nächster Gelegenheit gehen wir zwei dann endlich auch mal hin.«
Das klang ja ganz nach einem Versöhnungsangebot.
»Okay«, willigte Alex ein.
Als Hubert sich gesetzt hatte, kam Amadeus in die Küche gewatschelt. Bisher hatte er immer neben Huberts Stuhl Stellung bezogen. Doch heute postierte er sich neben Alex.
»Amadeus, was ist denn mit dir los?«, rief Hubert lachend. »Du hast wohl deine Liebe zu Sandra entdeckt. Na, das kann ich dir nicht verdenken.«
»Kein Wunder«, erklärte Alex. »Wir waren gestern Abend spazieren. Auf dem Rückweg hat Amadeus schlappgemacht, und ich musste ihn tragen. Mir tun jetzt noch die Arme weh. Was wiegt der eigentlich?«
»Keine Ahnung, auf jeden Fall immer noch zu viel. Aber ist er nicht schon ein wenig schlanker um die Taille?«
Alex lachte und strich Amadeus über das Fell. »Von Taille keine Spur. Er fühlt sich immer noch an wie eine Presswurst.«
Trotzdem empfand sie zum ersten Mal so etwas wie Sympathie für den Hund, der prompt noch ein Stück näher an sie heranrückte.
»Na, die Liebe scheint ja auf beiden Seiten erblüht zu sein«, witzelte Hubert und fuhr dann betont fröhlich fort: »Das trifft sich gut. Denn leider kann ich Amadeus nicht mehr mit zur Uni nehmen. Darum muss ich dich bitten …«
»Was soll das denn heißen?«, brauste Alex wütend auf. »Du hast es Lydia versprochen. Und bisher hat er dort doch auch nicht gestört, oder?«
Hubert wand sich sichtlich unter Alex’ zornigem Blick. »Es ist so. Corinna ist offenbar allergisch gegen Hundehaare. Seit ich Amadeus dabeihabe, muss sie ständig niesen, und ihre Augen jucken. Sie steht kurz vor einer Bindehautentzündung. Das kann ich ihr wirklich nicht zumuten.«
»Aber mir kannst du wohl allerhand zumuten«, fauchte Alex. »Außerdem muss sich Corinna doch nicht ständig in deinem Büro aufhalten.«
Hubert sah sie verständnislos an. »Sie sitzt doch bei mir im Zimmer, seitdem ich ihre Habilitation betreue. Das habe ich dir auch erzählt. Aber du interessierst dich ja nicht für meine Arbeit.«
Alex zuckte zusammen. Ganz unrecht hatte Hubert nicht. Dem universitären Betrieb und den wissenschaftlichen Diskussionen konnte sie nicht viel abgewinnen. Sie schwieg.
»Okay, wenn du mir nicht helfen willst, muss ich eben eine andere Lösung finden«, fuhr Hubert fort. »Auch wenn es Lydia nicht gefällt, muss Amadeus dann zumindest tagsüber in eine Tierpension.«
Er stand auf, holte die Leine und rief nach Amadeus. Doch der rührte sich nicht vom Fleck, sondern starrte
Weitere Kostenlose Bücher