Radikal führen
diesem Preis. Oder jemand beobachtet, dass sich nicht nur die Nachfrage ein Angebot sucht, sondern dass sich – umgekehrt – ein Angebot seine Nachfrage schafft: die sogenannte »angebotsinduzierte Nachfrage« (was Kapitalismuskritiker auf die Barrikaden treibt). Und so kommt man auf die Idee, den Suchprozess auszuhebeln und gegen einen Zuweisungs- und Kontrollprozess zu wechseln. Der »Staat« ersetzt nunmehr die Marktmechanismen. Oder zumindest soll er das.
Zwischen »Markt« und »Staat« aber gibt es eine dritte Möglichkeit, mit dem Problem der Knappheit umzugehen: das Unternehmen. Ein Unternehmen ist in seiner heutigen Form ein relativ neues Phänomen, eine Entwicklung des späten 19. Jahrhunderts. Ein Mischgebilde: verlässlicher als der Markt, flexibler als der Staat. Dennoch sind manche Forscher überrascht, dass es sich so lange hält.
Effizienz
Welche Organisation des Wirtschaftens ist nun am besten geeignet, das Problem der Knappheit zu lösen? Der Staat? Der Markt? Das Unternehmen? Das ist die zentrale Frage der Ökonomie.
Man hätte meinen können, dass spätestens 1989 klar war, dass der Staat niemals in gleicher Weise wie der Markt das Knappheitsproblem lösen kann. Aber die Menschen vergessen schnell. Und so ist kaum zu übersehen, dass der Staat sich offen oder verdeckt immer stärker in das Wirtschaftsleben drängt. Die Politik sonnt sich in ihrer Gestaltungskraft und steuert, reguliert und dirigiert. Mit zweifelhaften Folgen.
Schieben wir also den Staat zur Seite und konzentrieren uns auf Markt und Unternehmen. Gehen wir zudem für einen Moment davon aus, dass der Markt grundsätzlich die beste Ausgleichslösung darstellt: Er sorgt selbstregelnd für effektive Preisbildung. Aber warum gibt es dann Firmen? Wenn der Marktmechanismus doch so leistungsfähig ist – warum das Geben und Nehmen nicht grundsätzlich über Märkte organisieren? Warum ist nicht jede Person ein selbstständiges Profitcenter? Was ist der Unterschied zwischen Markt und Unternehmen?
Es sind die einfachen Fragen, deren Beantwortung uns hilft, wiederum zur Wurzel der Führung vorzudringen. Der Ökonom Ronald Coase ist diesen Fragen nachgegangen und hat schon 1937 einen Vorschlag präsentiert, für den er 1991 den Wirtschaftsnobelpreis erhielt. Seine Antwort: Sowohl auf Märkten als auch im Unternehmen fallen »Transaktionskosten« an – aber die sind unterschiedlich hoch. In Unternehmen sind sie tendenziell niedriger. Die Interaktionen sind gleichsam »günstiger«, weil die Hierarchie die individuellen Handlungen nicht über Preise koordiniert, sondern über Weisungen. Damit liegt der Unterschied zwischen Markt und Unternehmen in der Effizienz. Bis zu einer gewissen Firmengröße (je größer die Firma, desto mehr nimmt dieser Kostenvorteil ab) sind also Firmen Oasen der Effizienz in einer Wüste chaotischer Suchprozesse.
Vom Wettbewerber zum Kooperationspartner
Transaktionskosten entstehen, wenn »Übertragungen« stattfinden, wenn Angebot und Nachfrage einander suchen müssen, wenn Informationen schwer zu beschaffen und Märkteintransparent sind. Es kostet Zeit und Geld, wenn Sie bestimmte Dienstleistungen am Markt besorgen müssen.
Stellen Sie sich wieder das Radikale vor, den Moment der Unternehmens-Gründung: Sie suchen einen Mitarbeiter, schalten eine Personalanzeige, führen einige Telefonate und Gespräche. Sie finden schließlich jemanden, führen ein Einstellungsgespräch, Sie handeln einen Vertrag aus, müssen sich vielleicht sogar rechtlich beraten lassen. Dann zeigen Sie Ihrem neuen Partner, was er zu tun hat, arbeiten ihn ein, integrieren ihn in Gruppen und Prozesse. Bei all diesen Aktionen entstehen Transaktionskosten. Dann ist der Job getan, man trennt sich, jeder geht wieder seiner Wege – bis vielleicht eine ähnliche Aufgabe zu lösen ist und Sie Ihren ehemaligen Partner wieder einsetzen wollen. Der hat jedoch mittlerweile eine andere Aufgabe übernommen, empfiehlt Ihnen einen Kollegen, den Sie aber nicht kennen – und mit diesem beginnt der Prozess von vorn. Vielleicht ist das Projekt so groß, dass Sie sogar noch einige zusätzliche Mitarbeiter brauchen. Aber jedes Mal, wenn die Aufgabe erledigt ist und Sie ein Mitarbeiter verlässt, gehen diese Investitionen mit ihm.
Wenn Sie eine Unterstützung nur einmal brauchen, mögen die Kosten gerechtfertigt sein. Sollten Sie aber diese Unterstützung häufiger, sogar permanent brauchen, dann ist es kostengünstiger, die Arbeitsbeziehung
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