Radikal führen
lassen. Insofern haben sie so viel Dynamisierungspotenzial wie ein Gespräch über das Wetter.
Welche Transaktionskosten Sie zu zahlen bereit sind, hängt vom Reifegrad des Geschäfts ab und auch davon, in welcher Phase sich das Unternehmen befindet. In Aufbauphasen sind hohe Transaktionskosten in Ordnung. Auch die relative Kundennähe einer Investition ist wichtig (dazu gleich mehr). Grundsätzlich gilt: Das Senken der Transaktionskosten ist kein absoluter Wert – er ist immer gegen andere Werte zu balancieren. Wenn Sie zum Beispiel bei Entscheidungen Ihre Mitarbeiter einbeziehen, mitreden und mitentscheiden lassen, dann haben Sie vielleicht einen Transaktionskostenvorteil verspielt, aber unter Umständen viel Produktivität geschaffen. So sehen viele Manager immer nur die Schwierigkeiten von zu viel Information, niemals die Risiken zurückgehaltener Information. So wie sie die Kosten von Gesprächen fürchten, niemals aber die Kosten nicht geführter Gespräche. Insgesamt aber ist festzustellen: Wir leiden zunehmend an bürokratischen Wasserköpfen und der Verlangsamung der Abstimmungsprozesse.
In diesem Zusammenhang noch ein Wort zu den großen Beratungsfirmen. Was immer sie den Unternehmen verkaufen – auffällig ist, dass sie niemals ein Wort über Transaktionskosten verlieren. Viele der von ihnen empfohlenen Interventionen sind ja nichts anderes als intern eröffnete Märkte. Das heißt, sie greifen Praktiken auf, die auf den (externen) Märkten gut funktionieren, und bauen sie in die Unternehmen ein. Viele Instrumente verlieren dann ihren instrumentalen Charakter, sie verselbstständigen sich und dienen sich in ihrer Marktförmigkeit als neue Sinnlieferanten an. Damit verwischen sie den Transaktionskosten-Vorteil, den das Unternehmen gegenüber dem Markt hat. Sie schwächen die Effizienzstruktur des Unternehmens, dessen Existenz ja gerade auf der Marktausschaltung beruht.
Warum ist das so? Warum sind die Unternehmen hier so wenig sensibel? Wie ist es zu verstehen, dass in heutigen Unternehmen die internen Märkte wuchern, als hätte es die Ideen von Coase und anderen nie gegeben?
Eine Antwort lautet: Es ist für viele Unternehmen schwer bis unmöglich, sich gegen engmaschige Regulierung von Corporate Governance, Compliance, Social Responsibility, Risk-Management und internen Kontrollsystemen zu wehren, die ihnen vom Gesetzgeber und immer mehr »notengebenden« Institutionen aufgezwungen werden. Wie gesagt, das ist eine Antwort, denn Transaktionskosten sind häufig selbst gemacht und werden schnell als Zeichen der Moderne akzeptiert. Gerade die Apostel der Effizienz, die Controller, erzeugen in ihrem Bemühen, die Effizienz zu steigern, oft neue und höhere Transaktionskosten. Sie sind nicht selten blind dafür, dass sie mit der einen Hand umwerfen, was sie mit der anderen aufgebaut haben. Mehr noch: Viele Instrumente gelten als modernitätskonstitutiv – wer sie nicht hat, ist irgendwie »hinterm Berg«. Also macht man das, was alle machen, und muss sich wenigstens nicht den Vorwurf anhören, man ginge nicht mit der Zeit.
Die wichtigste Antwort aber lautet: Transaktionskosten kann man nicht »sehen«. Oder besser: Sie haben eine Querschnittfunktion im Unternehmen; man kann sie daher kaum isolieren und zuordnen. Daher sind sie auch nicht »messbar«, es gibt für sie keine Kostenstelle, es existiert keine Kostenplanung. Im Unterschied zu Reisekosten, Werbe- oder Personalbudgets. Die kann man »sehen«. Deshalb blühen Transaktionskosten im Schatten der allseits akzeptierten bürokratischen Erfordernisse, ohne dass sie jemand als Kosten wahrnimmt und thematisiert. Das macht es leicht, sie zu ignorieren. Es ist dieselbe Schwierigkeit wie eingangs bei der Führung dargestellt: Was »nicht sichtbar« ist, wird leicht »übersehen«.
Insofern ist der nachlässige Umgang mit Transaktionskosten ein Kennzeichen unserer betriebswirtschaftlichen Gegenwart. Denn nichts existiert so richtig, bis die Datensammler in unseren Unternehmen einen Weg gefunden haben, einen Parameter zu isolieren und seine Veränderung messbar zu machen.
Mitunter scheint es, als sei die Messung ein Synonym für das, was im Unternehmen überhaupt unter vernünftig und rational zu verstehen ist. Alles jenseits des Messens ist Voodoo.
Und das hat Konsequenzen. Denn oft wird, wenn es um die Senkung von Kosten geht, an den falschen Dingen gespart, nämlich ausschließlich solchen, die sich messen und beziffern lassen und die deshalb im
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