Radikal führen
Blickfeld des Managements liegen. Die Entwicklung ist fatal: Der dynamisierte Wandel auf den globalen Märkten führt dazu, dass Wettbewerbsvorteile schnell wegschmelzen. Viele Unternehmen reagieren darauf mit immer neuen Kostensenkungs-Programmen. So brechen in regelmäßigen Abständen Wellen des »cost cuttings« über die Unternehmen herein. Plötzlich erinnert man sich und das Unternehmen daran, dass Kosten die Tendenz haben, ins Uferlose zu wuchern. Und dass es solides Handwerk ist, sie immer wieder zurückzuschneiden. Im Regelfall kürzt man dann Budgets, stellt keine Leute mehr ein und verhängt eine Ausgabensperre. Was die Mitarbeiter verärgert. Oder man fängt sogar an, Leute zu entlassen. Wie ein Manager sagte: »Wir können den Laden auch zumachen, dann haben wir die Kosten auf null.«
Downsizing ist aber nicht nur gesellschaftlich umstritten, sondern auch wirtschaftlich. Immer wieder ist von der Forschung nachgewiesen worden, dass nur in etwa der Hälfte der Fälle durch Personalabbau tatsächlich die Gesamtkosten sinken und dass sich in der Regel nur kurzfristig die operative Effizienz verbessert. Eine von den Wyatt Company Consultants in den 90er Jahren herausgegebene Studie kam zu dem Ergebnis, dass nur jedes zehnte Unternehmen nach dem Downsizing seinen Marktanteil und seine Profitabilität steigern konnte. Langfristig wurde sogar eine negative Wirkung auf den Unternehmenserfolg nachgewiesen. Wir sprechen hier von der Differenz zwischen Gesundschrumpfen und Kaputtsparen. Und wir haben gelernt, dass gerade in diesen Prozessen die Kultur des Unternehmens nachhaltig geprägt wird. Und damit dessen Zukunft.
Angesichts dieser sehr begrenzten Wirksamkeit von Personalabbau ist zu fragen, was Unternehmen tun können, um ihre Kostenstruktur zu optimieren. Um es klar zu sagen: Aller Erfahrung nach ist Downsizing ein Reaktion auf frühere Passivität. Es ist versäumt worden, die Prozesse und Strukturen permanent zu überdenken. (»Soziale Verpflichtung« ist heute nicht selten eine Schutzbehauptung für unterlassene Rationalisierung – die dann umso teurer wird.) So wie die Voraussetzung für Revolutionen jeglicher Art immer Verspätungen sind.
Vor allem aber hat man über Jahre keinen Blick gehabt für die wuchernden Transaktionskosten – die verdeckten Kosten, die durch unternehmensinterne Märkte entstehen. Es genügt nicht, jeder Einheit einfach gewisse Kostenziele zu setzen oder dieselben Aufgaben auf weniger Köpfe zu verteilen, ohne die Strukturen selbst anzutasten. Man muss auch die Strukturen hinterfragen, nicht nur das »Wie?«, sondern auch das »Was?« Müssen wir nicht auch die Anzahl der Berichtsebenen reduzieren? Müssen wir nicht auch obsolete Prozesse eliminieren, die zwar »nice to have« sind, aber nicht »need to have«? Müssen wir nicht Institutionen abschaffen, die früher mal nützlich waren, heute aber ihre Existenzberechtigung nur noch aus der Gewohnheit ziehen? Meine These: Hätte man ein geschärftes Bewusstsein für Transaktionskosten und würde man den Wildwuchs unternehmensinterner Märkte verhindern, könnten wir auf den periodisch auf- und abschwellenden Kostenvernichtungsscharfsinn verzichten.
Institution
Der Umgang mit Transaktionskosten hat mitunter groteske Züge. Da ist zum Beispiel die Chefetage eines großen deutschen Flughafens der Überzeugung, die Mitarbeiter und Abteilungen handelten nicht kostenbewusst. Man installiert unternehmensübergreifend ein System der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. Ein bürokratisches Monster wächst heran: Alle nur denkbaren internen Dienstleistungen werden nun bewertet und gleichsam mit Preisschildern behängt. Das kennt man von Märkten. Und tatsächlich: Das Kostenbewusstsein innerhalb des Unternehmen steigt. So sehr, dass Kooperationsgelegenheiten ungenutzt bleiben, weil sie zu »teuer« erscheinen oder – im Gegenteil – sich nicht quantifizieren lassen. Das Wichtigste aber bleibt undiskutiert: die immensen Transaktionskosten, die durch die innerbetriebliche Hin-und-Herschieberei entstehen. Man will Kostenbewusstsein schaffen und erzeugt nur zusätzliche Kosten. Der Unterschied: Die Transaktionskosten misst niemand. Aber sie zu reduzieren ist – wie oben gezeigt – ein »Grund« des Unternehmens. Wenn es also heißt »Jeder Cent ist transparent« – dann können Sie sicher sein: Das wird teuer.
Im Folgenden möchte ich anhand einiger Beispiele zeigen, was »Transaktionskosten senken« praktisch bedeuten
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