Radio Heimat
am
W/1.,
geh. Ausst., voll unterk., Grdst.
1359
qm
v. p.
zu verk.«
Mal abgesehen davon, dass dieses Angebot Ihre finanziellen Möglichkeiten knapp übersteigt: Wer will schon zwischen Attendorn und Plettenberg auch nur tot überm Zaun hängen?
Sie bewegen sich wahrscheinlich mehr in diesen Regionen:
»Geräumiges 12qm-Dachzimmer mit vier Schrägen an heterosexuellen
NR mittl. Alters.
WBS erf. An Donnerstagen Küchenmitbenutzung möglich. 700 KM. Kaution
12 MM.«
Irgendwann fangen Sie an, die Telefonnummern zu wählen, die hinter einigen dieser Top-Angebote abgedruckt sind. Nach dem zehnten Gespräch sind Sie zutiefst davon überzeugt, dass Sie ein nichtswürdiges, unwertes Geschöpf sind, ein Quälgeist, der unschuldigen, unter ihrem Immobilienbesitz schmerzhaft ächzenden Menschen freistehenden Wohnraum praktisch zum Nulltarif abschwatzen möchte, um eine saubere, helle, piekfein ausgestattete Luxuswohnung in einen schmierigen Treffpunkt für Fixer, Nutten, Schwule und Grüne zu verwandeln.
Zu einer dann doch vereinbarten Objektbesichtigung möchten Sie bitte je eine Harn- und Stuhlprobe mitbringen, eine HIV-Unbedenklichkeitsbescheinigung, ein polizeiliches Führungszeugnis, die Aufstellung all Ihrer Auslandsreisen seit Ihrem dritten Lebensjahr, die Lebensläufe Ihrer Familie und die Kontoauszüge der letzten acht Jahre. Da Sie die Spermaprobe dummerweise vergessen haben, werden Sie mit einem freundlichen Lächeln und dem neuesten Playboy aufs Klo geschickt.
»Pack vor allem die Bücherkisten nicht so voll, sonst kann man sie nicht tragen und der Boden kracht raus!«
Nachdem jedoch alle Hindernisse überwunden sind, kommt der nächste Schritt, das Packen. Diese Gelegenheit sollten Sie nutzen, sich von überflüssigem Ballast zu befreien, der sich in den letzten Jahren angesammelt hat. Noch bevor Sie Umzugskartons besorgen, sollten Sie Müllsäcke anschaffen, und zwar in großer Zahl. Werfen Sie so viel wie möglich weg! Hängen Sie Ihr Herz nicht an nutzlosen Kram, nur weil eine Verflossene ihn mal in der Hand gehabt hat. Wenn Sie die vierte Kiste in den dritten Stock geschleppt haben, werden Sie sich selbst für alles danken, was sie weggeworfen haben.
In dieser Phase werden Sie von allen möglichen Leuten mit guten Ratschlägen totgeschmissen, von denen einer in unerträglicher Redundanz mit dem Gestus der Letzten Wahrheit ausgeschwitzt wird:
»Pack vor allem die Bücherkisten nicht so voll, sonst kann man sie nicht tragen und der Boden kracht raus!«
Von den elf Leuten, die Ihnen bereitwillig ihre Hilfe und ihre Kraftwagen zum Transport angeboten haben, erscheinen am Umzugstage höchtens zwei, die keinen Führerschein haben und überhaupt an den Händen verletzt sind. Unbedingt zu empfehlen ist die Anmietung eines Kleinlasters, da die Behauptung »Also,
da paßt ne ganze Menge rein in meine Ente, und zur Not kann man ja das Handschuhfach umklappen!«
stets, sagen wir mal, mit Vorsicht zu genießen ist.
Haben Sie dann doch einige alte Bekannte unter Androhung der Aufkündigung der Freundschaft dazu gebracht, Ihnen zu helfen, entfährt denen beim Anblick der vielen Kisten ganz sicher der Satz:
»Hoffentlich
hast
du die Bücherkisten nicht so voll gepackt, sonst kann man die nämlich nicht tragen und der Boden kracht raus!«
Der Umzugstag beginnt für die Helfer prinzipiell mit einer Pause. Das haben Sie geahnt und deshalb Brötchen, Fleischwurst, Cola, Bier und Kaffee in ausreichender Menge bereitgestellt. Es stellt sich Brotzeitstimmung ein, wie
nach
einer erfolgreichen Bergwanderung. Dann sind alle erst mal fressmüde und brauchen dringend zwei bis drei Zigaretten, um wieder auf die Beine zu kommen. In der Zwischenzeit haben Sie allein die ersten zwölf Kisten nach unten geschafft. Zögernd legen Ihre Helfer nach. Im Verlaufe der nächsten Stunden werden Sie immer wieder Sätze zu hören bekommen wie: »Die Teppiche kannst du doch wohl drinlassen!«, oder »Vielleicht sollten wir es mal durchs Fenster probieren ...«, vor allem aber: »Ist noch Bier da?«
Richtig besorgniserregend und problematisch wird es jedoch erst, wenn der eine, schlimme Satz fällt, die Sentenz, die schon eine Zeit lang unausgesprochen über der ganzen Unternehmung geschwebt hat und die, sobald sie die Zungenspitze des Sprechenden verlassen hat, die Gesichter aller Anwesenden mit einem dunklen Verzweiflungsschleier überziehen wird, die Sentenz nämlich:
»Ich glaube, wir müssen das hochkant nehmen!«
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