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Radio Nights

Radio Nights

Titel: Radio Nights Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Liehr
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der Ami fest.
    Ich zuckte die Schultern. »Auch das, ja, jedenfalls am Anfang. Als es mir besserging, haben wir uns umtänzelt, wie Cassius
     Clay damals George Foreman.«
    »Du magst Boxen?« fragte Lindsey überrascht.
    Ich zeigte auf mein Gesicht. »Sieht man das nicht?«
    Wir lachten beide. Mir tat dabei die Fresse weh, und der Oberkörper pikste.
    Ich dachte nach. »Vielleicht lag es genau daran. Erst war ich im Arsch, und dann war der Moment einfach vorbei. Wir haben
     beide geglaubt, daß wir nichts voneinander wollen.«
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet. Denk an Liddy, stell sie dir vor, und dann sag mir, ob du sie magst. Liebst.«
    Wir blieben vor der Tür des
Brückenkopf
stehen. Ich dachte an den ersten Abend, als mich Liddy hier hereingeschleppt hatte, an ihren Enthusiasmus, die Freude, den
     Moment, als sie mir die Hand gedrückt hatte, während Charlie mir anbot, die Scheiß-Weihnachtssendung zu fahren. An ihr Gesicht,
     als sie in die Sendung gekommen war. Wildkirschtee.
    Ich nickte langsam. »Ja, klar. Natürlich. Ich liebe sie. Sehr sogar.«
    »Cool«, sagte Lindsey. »Dann werden wir sie wohl suchen müssen.«
    Seine Hände zitterten, als er die Tür zur Kneipe aufzog.
    Hansi stand hinter dem Tresen, kam zu uns, betrachtete mich skeptisch.
    »Du solltest im Bett liegen.«
    »Mache ich später.«
    »Der arme Charlie.«
    |225| Der arme Charlie hatte mich angerufen und gefragt, ob er eine weitere Nacht machen müsse. Er war offensichtlich nicht sehr
     glücklich bei dem Gedanken; die Sendung war zwar kein Desaster gewesen, aber es hatte heftige Proteste gegeben. Zwanzig Sätze
     auf fünf Stunden, davon fünf ohne sinnvolles Ende.
    »Sag den Hörern, daß ich morgen wieder da bin«, hatte ich erklärt und dabei ein bißchen hämisch gegrinst. »Und wenn du diese
     Nacht überstehst, arbeiten wir an deinem Problem und machen doch noch einen Radiomenschen aus dir.«
    Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, daß jemand
kein
Radiomensch sein wollte.
     
    Hansi fragte, ob er ein Kommando nach Bayreuth schicken sollte. Sedler hatte Prostatakrebs, war vor zwei Tagen operiert worden,
     Schläge in die Fresse würde er also überleben. Ich winkte ab, war aber gerührt wegen des ernst vorgetragenen Vorschlags.
    »Sedler war es nicht.«
    »Woher weißt du das?«
    »Derjenige welcher hat mich angerufen, heute morgen.«
    Hansi nickte Lindsey zu, der den Zapfhahn anstarrte, als könnte er ihn per Telekinese dazu bringen, zwei
Dunkel
für uns auszuspucken. Hansi ging zapfen, behielt mich dabei im Auge, und kam sofort zurück.
    »Und?«
    »Na ja,
MarBrunn Radio
ist nicht der einzige Sender, der mir mitgehört.«
    Hansi riß die Augen auf.
    »Welcher noch?«
    » PowerRock Berlin
«, sagten Lindsey und ich gleichzeitig.
     
    Die Musik im
Brückenkopf
wurde ruhiger, ein Teil des Publikums verließ den Laden, um ins
Cellar
zu gehen, in den
Dompfaff
oder nach Hause, mehr Alternativen gab es nicht. Lindsey wurde ebenfalls ruhiger, seine fahrigen Bewegungen |226| kontrollierter, der Schweißfilm auf der Stirn verschwand. Keine Ahnung, was der arme Kerl da durchmachte, ich wollte es auch
     nicht wirklich wissen, das war sein Ding, solange es halbwegs lief. Wir schlürften das vierte oder fünfte Bier (war es gut
     oder schlecht, daß der Alkohol diese Wirkung auf Cunningham hatte?), und plötzlich ertönte ein wohlbekanntes Gitarrenriff.
    »Bad To The Bone«, hauchte Lindsey.
    Wir starrten uns an. Ich bekam eine Gänsehaut.
George Thorogood & The Delaware Destroyers
. Deutschlandhalle. Tausende One-O-One-One-Minis, ein blechernes, plärrendes Geräusch, gigantisch verstärkt durch die pure
     Vielzahl der Geräte. Wow. Ich sah es noch immer vor mir, hörte es, spürte es.
    »Fuck, das war
schön
«, sagte Lindsey traurig. Ich nickte, wurde melancholisch und ein bißchen wütend. Unsere Ideen, unsere Kraft, unsere Kreativität,
     unser Herz … vor die Säue. Nicht die Hörer. Die
Wie-ficken -Säue
. Was hätte es werden können, wenn diese Mistsau nicht …
    »Wollt ihr andere Musik?« fragte Hansi, als er unsere Gesichter sah. »Ist mir aus Versehen reingerutscht.«
    Wir verneinten, wieder gleichzeitig.
    Irgendwann kam ein Livestück, ein pumpender, sich langsam aufbauender Rhythmus. Die kongeniale Coverversion von John Lee Hookers
One Bourbon, One Scotch, One Beer
.
    »Let’s get fucking drunk«, schlug Lindsey vor.
     
    Wir schafften es drei Mal, beim Refrain parallel mitzutrinken. Drei Bourbon, drei Scotch, drei

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