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Radio Nights

Radio Nights

Titel: Radio Nights Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Liehr
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ein
lustiger
Morgen.
    »Du errätst nie, wer das war.«
    Er musterte mich.
    »Voigler wie ficken, oder?«
    Ich nickte langsam. »Wie kommst du da drauf?«
    »Dem Bauarbeiter hätte ich das nicht zugetraut. Irgendwann mußte Vögler dahinterkommen, daß du Anteile kaufst. Habe ich mir
     gestern nacht schon gedacht. Ist ja kein Geheimnis, wo wir sind.«
    Ich lächelte. Das Wort
wir
tat mir gut. Ich hörte es sowieso gerne, in letzter Zeit. Eine leise Stimme im Hinterkopf |222| erklärte, daß ich es in einem anderen Zusammenhang wohl auch gerne gehört hätte. Aber ich lauschte nicht.
     
    Am Abend gingen
wir
einen trinken, zum ersten Mal zusammen, seitdem Lindsey seine Eigentherapie durchführte; ich war eigentlich unsicher, ob man
     ihn schon unter Leute lassen konnte. Der
Brückenkopf
war natürlich voll, jeder Gast, an dem ich mich vorbeidrängen mußte, jagte mir einen Schmerzstich durch den Körper, während
     Lindsey leicht irre aussah, wie er seine Augen durch den Laden fliegen ließ, sofort in Schweiß ausbrach, gleichzeitig jedoch
     sehr zielstrebig auf die Bar zuhielt. Das Pärchen, das dem Zapfhahn am nächsten saß, räumte sofort die Barhocker. Ich lächelte
     dankbar.
     
    Auf dem Weg hatten wir uns über Liddy unterhalten. Ich war unschlüssig, ob Liddys Brief tatsächlich ein Abschiedsbrief, eine
     Botschaft oder ein Hilferuf war, oder alles auf einmal. Und was ich dabei zu tun hätte.
    Lindsey schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß nicht, was ihr früher hattet.« Er grinste dabei anzüglich, sah für einen Moment lang wieder wie der Collegeboy aus,
     der sich mit einem Kumpel über den tierischen Sex letzte Nacht im Autokino unterhält. »Aber Liddy ist eine tolle Frau. Sehr
     sexy. Und sie hat einen coolen Namen. Ich kannte auch mal eine Liddy. Das war irgendwo in Kansas. Nein, in Virginia. Fuck,
     na ja, jedenfalls kannte ich mal eine.«
    »Du bist eine große Hilfe, Cunningham.«
    Er kicherte kurz. Dann wurde er wieder ernster.
    » Dir
helfen? Bei Sachen, die nichts mit Radio zu tun haben? Gibt es überhaupt jemanden, der
das
kann?«
    Ich blieb stehen, so überrascht war ich.
    »Wie meinst du das?«
    »Wie viele Freunde hattest du im Leben?
Echte
Freunde?«
    Sein Tonfall hatte sich verändert.
    Ich glotzte ihn an: Noch ein Schlag vor den Kopf. Wie meinte er das? Doch, hatte ich doch, oder? Frank, Rudi |223| damals, Miles, der Wirt, der sich wahrscheinlich gerade irgendwo in Irland die Leber aus dem Leib soff, Lindsey selbst, ein
     paar andere. Ein oder zwei. Mmh.
Echte
Freunde? Wie merkt man das?
    »Ich dachte,
du
bist mein Freund«, sagte ich schwach.
    Cunningham lächelte. »Ich
wäre
dein Freund, wenn du mich lassen würdest.« Er pausierte, und ich dachte mir das ›Trotz allem‹. »Aber du läßt mich nicht, läßt
     niemanden.
Don FM
hat keine Probleme, außer Werbezeiten verkaufen und Nachtsendungen fahren. Er hilft nur anderen – und zwar ausschließlich
     bei Sachen, die irgendwie mit Radio zu tun haben. Du bist ein ziemlich einseitiger Mensch, Donny Eff-Emm Kunsse. Ich kann
     mir gut vorstellen, daß so was eine Frau zur Verzweiflung bringen kann. Vor allem, wenn sie dich liebhat.«
    Das hörte sich richtig süß an, wie er das sagte.
Was
er sagte, fand ich allerdings nicht so süß. Ich fühlte, daß er recht hatte. Irgendwie.
    »Ich war immer ein Einzelgänger. Außer meiner Schwester hatte ich niemanden. Ich habe nicht gelernt, Freundschaften aufzubauen.«
     Fast hätte ich noch
Ich weiß nicht, wie das geht
hinzugefügt, doch das war mir dann doch zu dicke – obwohl, oder gerade weil es stimmte.
    »Das kann man nicht
lernen
und ist nicht so schwer«, erklärte er, strahlte mich an, so ein Belohnungs-Blick. »Es ist ja schon ein Anfang, daß du mit
     mir über Liddy redest. Ich fühle mich geehrt. Hast du überhaupt mal mit irgendwem darüber gesprochen?«
    »Nee.« Ich dachte an Frank, der ein paar Andeutungen gemacht hatte.
    Wir waren langsam weitergegangen, der
Brückenkopf
kam in Sichtweite.
    »Magst du sie?«
    Ich lachte. »Natürlich.«
    »Blödmann. Beantworte meine Frage, wenn ich dein Freund sein soll.«
    |224| Das hatte er ernst gesagt und vermutlich auch gemeint.
    »Gott, Lindsey, sie war meine große Liebe, meine erste richtige große Liebe. Ich habe sie jahrelang vermißt, und ich habe
     immerzu an sie gedacht. Niemand hat mir je so gefehlt, nicht einmal Veronika, Alicia auf ganz andere Art. Aber als ich hierher
     kam, war alles anders.«
    »Du warst im Arsch«, stellte

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