Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)
doch nicht einer von ihnen schaut in unsere Richtung. Niemand hat unseren Kuss bemerkt. Von Zoe und den anderen lasse ich meinen Blick über den Rand der Arena wandern und ich muss nicht lange suchen, um fündig zu werden. A350 starrt direkt in unsere Richtung. Sie hat den Kuss gesehen und sie bebt vor Wut.
Nach dem Training habe ich das Gefühl, jeden einzelnen Muskel meines Körpers zu spüren. Sie scheinen allesamt völlig überanstrengt zu sein. Am liebsten würde ich mich einfach nur noch in mein Bett legen und eine Woche lang nicht mehr aufstehen, aber bereits am nächsten Tag geht das Training in der Frühe weiter, und auch jetzt bleibt keine Zeit, um auszuruhen. Ich habe ein Versprechen einzulösen.
Als ich im Aufzug in die Sicherheitszone gleite, hat sich der Himmel bereits dunkelblau verfärbt. Wolken verdecken die Sicht auf die Sterne und den Mond. Es ist eine finstere Nacht.
Kaum, dass ich den Aufzug verlasse, erkenne ich bereits vor den Flügeltüren zur Krankenstation Ruby in Begleitung von Zoe und Finn. Während Zoe unruhig von einem Fuß auf den anderen tippelt, steht Finn mit vor der Brust verschränkten Armen neben ihr und wirkt eher genervt als in freudiger Erwartung. Ruby sieht mich als erstes und stürzt ungehalten in meine Richtung.
„ Du bist fünf Minuten zu spät! Kannst du dir vorstellen, in welche Panik du mich damit versetzt hast?“, fragt sie mich vorwurfsvoll. Ich weiß, dass sie sich nicht etwa Sorgen um mich gemacht hat, sondern mehr darum, im Atrium mit zwei D-lern erwischt zu werden. Aber ich wette, sie hatte sich für diesen Fall bereits eine Ausrede parat gelegt.
„ Entschuldigt bitte“, erwidere ich trotzdem höflich und öffne mit meinem Fingerabdruck den Weg zur Krankenstation. Die Türen gleiten gehorsam auseinander und gewähren uns Einlass.
Kaum, dass die Türen hinter uns schließen, schlingt sich Zoe zitternd die Arme um den Körper.
„ Ich bin froh, dass ich nicht mehr hier bin. Alleine die Luft riecht schon nach Folter.“
Finn blickt sie skeptisch an und sieht sich eher interessiert um. Wahrscheinlich erinnert er sich kaum noch an seine ersten Stunden hier. Seine Wiedereingliederung erfolgte sehr schnell.
Ruby hingegen hat es wie immer eilig. Sie ist immer auf der Hut und stets wachsam. Vielleicht ist das der Grund, warum sie in ihrer Tätigkeit als Spionin noch nie aufgeflogen ist. Ich weiß nicht einmal, wie sie überhaupt dazu gekommen ist und wie lange sie die Rebellen schon mit Informationen versorgt. Aber ich wette, wenn ich sie danach fragen würde, bekäme ich ohnehin keine Antwort. Wahrscheinlich würde sie nur erwidern: ‚Je weniger du weißt, umso besser.‘
Die Gänge der Krankenstation wirken nach wie vor wie ein Labyrinth auf mich. Ein Gang gleicht dem anderen. Doch dieses Mal bin ich besser vorbereitet als beim letzten Mal und habe mir heimlich einen Plan der gesamten Krankenstation ausgedruckt, sodass es nun wesentlich leichter ist, die Zelle von Z318 wiederzufinden.
Als wir vor der Tür stehen bleiben, ist Zoes Gesicht fast so bleich wie die grauen Wände um uns herum. Finn zieht, als er die Bezeichnung liest, misstrauisch seine rechte Augenbraue nach oben.
„ Was wollen wir hier?“
„ Nennen wir es einfach einen Krankenbesuch“, erwidert Zoe kalt. Sie scheint immer mehr die Geduld mit ihrem älteren Bruder zu verlieren.
„ Warum? Ich kenne diesen Bewohner gar nicht und ich will ihn, ehrlich gesagt, auch gar nicht kennen. Jemand mit einem Z vor der Nummer sitzt nicht ohne Grund abseits von allen anderen in einer Zelle fest.“
Offensichtlich hat ihm Zoe noch nicht erzählt, um wen es sich bei Z318 handelt. Wahrscheinlich wäre Finn dann nicht einmal mitgekommen.
Findest du es etwa richtig, dass die Legionsführer jemanden wegsperren, nur weil derjenige eine andere Meinung hat als sie?!“, schimpft Zoe direkt aufgebracht und mit geballten Fäusten los.
„ Hey, lasst uns doch erst einmal reingehen“, versuche ich die beiden zu beruhigen. „Schau sie dir wenigstens einmal an. Danach darfst du gehen, wann immer du willst“, sage ich an Finn gerichtet. Das scheint ihn etwas zu beruhigen, denn seine angespannte Körperhaltung löst sich etwas.
Ich öffne die Tür und wir treten in den dunklen Raum, der nur von dem grellen Licht aus dem kleinen Fenster der Zelle von Z318 erhellt wird.
Ein Blick auf Zoe genügt, um ihr Herz förmlich schlagen zu hören. Sie steht wie angewurzelt in dem Raum und starrt auf das kleine
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