Rächer des Herzens (German Edition)
etwas, worüber sie lästern konnten? Nun gut, sie sollten es bekommen.
Isabella hakte sich bei Marcus ein. Nach der anfänglichen Überraschung hielt er sich ganz still und wartete ab, was sie als Nächstes tun würde. Sie bog ihren Kopf herausfordernd zurück und sah lächelnd zu ihm auf.
„Ich stelle fest, Lord Stockhaven, dass Sie mich auch zu manchem anregen“, sagte sie mit süßer Stimme, „aber nichts davon ist für eine öffentliche Diskussion geeignet.“ Dann wandte sie sich lächelnd an das Publikum: „Entschuldigen Sie, Ladies und Gentlemen, aber ich muss Lord Stockhaven mitteilen, was ich von ihm halte, und zwar unter vier Augen.“ Sie blickte Marcus mit gehobenen Augenbrauen an. „Sollen wir, Mylord?“
Ehe er etwas erwiderte, entnahm sie seinem wachsamen Augenausdruck, dass er jeder Herausforderung, die sie ihm entgegenschleudern könnte, gewachsen war.
„Es wird mir ein Vergnügen sein“, antwortete er.
Und Isabella hatte das beunruhigende Gefühl, dass das wirklich stimmte.
Isabella legte die Hand auf seinen dargebotenen Arm, aber Marcus spürte trotzdem ihren Zorn. Er zog sie fort von den Gästen, die sich um die Duchess herum angesammelt hatten, und geleitete sie mit formvollendeter Höflichkeit zur Tür des Salons, in dem die Duchess of Fordyce ihre schottischen Kunstwerke ausgestellt hatte. Der Salon war von Kerzen erleuchtet und recht heiß. Eine Sammlung von militärischen Erinnerungsstücken aus alter Zeit warf das flackernde Licht blitzend zurück. Weder Marcus noch Isabella waren jedoch im Geringsten an den mottenzerfressenen Dudelsäcken und angelaufenen Schwertern interessiert. Kaum hatten sie eine mit Vorhängen versehene Nische erreicht, als Isabella ihn anfuhr und ihm so mehr über ihren Gefühlszustand verriet, als sie eigentlich vorhatte.
„Was machen Sie überhaupt hier?“, fragte sie wütend.
„Ich dachte, das sei offensichtlich“, gab er gelassen und bedächtig zurück. Er genoss die Situation. „Ich erhebe Anspruch auf meine Frau.“
Isabellas blaue Augen verengten sich zu Schlitzen. „Sie sollten doch im Gefängnis sein.“
„Eigentlich ja“, stimmte er zu. „Eine ganze Reihe von Leuten haben mir das über die Jahre hin gesagt. Tatsache ist jedoch, dass ich nicht im Gefängnis bin.“
„Aber warum nicht?“, wollte sie aufgebracht wissen, hatte sich dann aber wieder in der Gewalt. Marcus bewunderte ihre Selbstbeherrschung in einer Situation, in der die meisten Frauen einen Tobsuchtsanfall bekämen oder in Ohnmacht fielen. „Warum sind Sie hier? Sie kamen doch Ihrer Schulden wegen ins Gefängnis!“
„Ich war durchaus im Schuldgefängnis“, erwiderte er. „Aber ich habe Ihnen zu keinem Zeitpunkt gesagt, dass ich aufgrund von Schulden dort war. Diese Vermutung stammt von Ihnen.“
Isabella blitzte ihn empört an. Schlagartig wurde ihr klar, dass sie in die Falle gegangen war.
Mit einem freundlichen Lächeln schickte er sich an, die Daumenschrauben weiter anzuziehen. Er beugte sich nach vorn, bis seine Lippen ihr Ohr berührten, und sagte leise: „Ich habe all Ihre Schulden beglichen.“
Er konnte geradezu sehen, wie sie vor Wut erstarrte. Nun war sie ihm sowohl verpflichtet als auch ausgeliefert. Wie sie das hasste! Und wie sie ihn dafür hasste! Die Luft zwischen ihnen schien vor Emotionen zu vibrieren. Liebe und Hass, dachte Marcus, wie nah das doch beieinander liegt.
„Ich verstehe“, zischte sie durch zusammengepresste Zähne. „Sie sind außerordentlich großzügig, Mylord.“
„Das war das Mindeste, was ich für meine Frau tun konnte“, erwiderte er gleichmütig und beobachtete ihr Gesicht. „Vielleicht könnte man es als Hochzeitsgeschenk bezeichnen?“
Ihr Gesichtsausdruck zeigte keinerlei Gefühlsregung bei dieser bewussten Herausforderung. Stattdessen neigte sie mit würdevoller Herablassung leicht den Kopf.
„Wie aufmerksam! Ihr erstes und letztes Geschenk an mich – denn Sie können sicher sein, dass ich gleich morgen früh um die Nichtigkeitserklärung nachsuchen werde.“
Eine größere Gruppe von Gästen war in den Ausstellungssalon gekommen. Marcus trat noch näher an Isabella heran, nahm ihren Arm und zog sie in eine ruhigere Ecke.
„Haben Sie eigentlich eine Vorstellung davon, wie teuer und wie schwierig es sein kann, eine Nichtigkeitserklärung zu erreichen?“, fragte er im Plauderton. „Besonders dann, wenn Ihr Gatte dazu nicht bereit ist? Sie haben nicht die finanziellen Mittel, die Angelegenheit
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