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Raecher des Herzens

Titel: Raecher des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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keine Zeit verlieren.«

Vierzehntes Kapitel
    Die Schritte auf der Treppe waren langsam und schwer, so als ob jemand eine große Last auf den Schultern trüge. Celina und Tante Marie Rose wechselten einen langen Blick. Die Türglocke hatten sie nicht gehört. Mortimers Schritte waren meist eilig und kurz, und Denys sprang stets leichtfüßig die Treppe hinauf.
    »Papa«, murmelte Celina schließlich.
    »Oh chere«, sagte ihre Tante. Dabei suchte sie in ihrer Schürzentasche nach dem Riechsalz. »Ich befürchte das Schlimmste.«
    Celina legte ihre Stickerei beiseite. Sie verließ den Salon und ging dem Vater entgegen. Er hob müde den Kopf und warf ihr einen ernsten Blick zu. Seine blassen Züge wirkten angespannt, seine Lippen waren grimmig zusammengepresst. Er hielt kurz inne und erklomm dann die letzten Stufen.
    »Du hast noch immer nichts von Denys gehört?« Celina versuchte, ihre Stimme so beiläufig wie möglich klingen zu lassen. Aber sie konnte nicht verhindern, dass sie ein wenig zitterte, als sie den Namen ihres Bruders aussprach.
    »Ich habe nichts von ihm gehört und ihn auch nirgendwo gesehen.«
    Monsieur Vallier reichte Mortimer, der inzwischen herbeigeeilt war, Stock und Hut. Dann folgte er seiner
    Tochter in den Salon. Er begrüßte die Tante mit einem kurzen Nicken und goss sich aus der Kristallkaraffe, die auf einem silbernen Tablett bereitstand, ein Glas Claret ein.
    Celina sah die Tante an. Diese drückte ein Taschentuch an ihre Lippen und nickte Celina fast unmerklich zu. Celina holte tief Luft und begann zögernd: »Wir müssen zu den Behörden gehen. Sicher siehst du das inzwischen genauso.«
    »Morgen früh«, antwortete Monsieur Vallier. »Wenn Denys bis dahin nicht aufgetaucht ist, rufe ich die Gendarmen.«
    Celina wollte jedoch, dass sofort etwas geschah. Schon wieder war ein Tag ohne hoffnungsvolle Nachrichten vergangen. Hippolyte und Albert waren ein paar Mal vorbeigekommen, hatten aber nicht viel zu berichten gehabt. Mit jeder Stunde, die verging, verloren sie wertvolle Zeit, und bald konnte es zu spät sein. »Was ist, wenn Denys verletzt oder krank irgendwo liegt? Warum unternehmen wir nicht noch heute Abend etwas?«
    »Er würde doch sicherlich seinen Namen und seine Adresse nennen.«
    »Nicht, wenn er ohnmächtig ist oder hohes Fieber hat. Bitte, Papa!«
    »Du hast bereits hinter meinem Rücken veranlasst, dass seine Freunde nach ihm suchen. Genügt dir das nicht?«
    »Wie sollte das genug sein? Denys’ Freunde können nach ihm fragen und an den Orten, an denen sie sich normalerweise treffen, nach ihm suchen. Das ist aber auch schon alles. Doch du bist sein Vater. Du könntest mit der Polizei sprechen und eine groß angelegte Suchaktion veranlassen, wenn du dir nur die Mühe machen wolltest. Interessiert dich denn gar nicht, was deinem Sohn zugestoßen ist?«
    »Natürlich interessiert es mich«, entgegnete Monsieur Vallier gereizt. »Wie kannst du es wagen, mir etwas anderes zu unterstellen? Aber ich denke auch an seinen Stolz. Ich will ihn nicht der Lächerlichkeit preisgeben, indem ich ihm nachlaufe wie eine ängstliche Amme. Und ich wäre dir dankbar, wenn du dich nicht weiter einmischen würdest.«
    Tante Marie Rose stieß einen gequälten Laut aus. Aber Celina hörte es kaum. Sie hatte die Hände in den Falten ihres Rockes zu Fäusten geballt und stellte sich dem Vater entgegen. »Du bist noch immer böse mit mir, weil ich den Ehevertrag nicht unterzeichnet habe. Aber das sollte dir nicht den Blick auf andere wichtige Dinge verstellen. Es fällt mir nicht leicht, mich dir zu widersetzen, und ich tue es nur, weil ich eine Katastrophe fürchte.«
    »Du betrachtest die Heirat mit einem Nobelmann von bester Herkunft als eine Art Weltuntergang! Offenbar bist du diejenige, deren Blick mehr als nur ein wenig getrübt ist. Darf ich unter diesen Umständen wirklich an die Aufrichtigkeit deiner Sorge um Denys glauben?«
    Celina unterdrückte einen unfeinen Fluch. Es war ein taktischer Fehler gewesen, die Ehe mit dem Grafen ins Spiel zu bringen. »Bitte, Papa«, sagte sie noch einmal.
    »Es reicht. Ich habe dir gesagt, was ich zu tun gedenke. Unser Gespräch ist beendet.« Er leerte sein Glas und stellte es heftig zurück aufs Tablett. Dann stapfte er aus dem Zimmer.
    Da ging er hin, und Celina hatte ihm noch längst nicht alles gesagt, was es zu sagen gab! Mit grimmiger Entschlossenheit folgte sie ihm auf die Galerie. »Papa, bitte warte!«
    Ärgerlich fuhr er herum. »Was gibt es denn

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