Raecher des Herzens
sprechen, durfte Rio nicht überraschen. Viel zu viele Leute wussten inzwischen, dass er eine Schwäche für sie hatte.
Dabei war sich Rio so sicher gewesen, Celina vor einem Skandal schützen zu können! Und nun zeigte Pasquale ihm auf drastische Art und Weise, dass er sich geirrt hatte. Rios Ärger darüber war gewaltig. Aber sein Zorn galt vor allem sich selbst.
Die Wut gab seiner Stimme Schärfe. »Hätten Sie wohl die Freundlichkeit, diese Behauptungen zurückzunehmen?«
»Und wenn ich es nicht tue?«, fragte Pasquale, die Liebenswürdigkeit in Person.
Man drehte bereits die Köpfe nach ihnen um. Die Gespräche verstummten. Plötzlich erfüllte die Anspannung, die stets mit einer solchen Konfrontation einherging, fast greifbar den Raum.
»Sie bringen die Dame in Misskredit. Das kann ich nicht zulassen.«
»Wollen Sie behaupten, die Gerüchte entbehrten jeder Grundlage?«
Rio durchbohrte sein Gegenüber mit Blicken - zumindest versuchte er das. »Ich behaupte, dass die Dame keinerlei Schuld an dem trifft, was über sie gesagt wird, und es nicht verdient, dass man derart respektlos über sie redet.«
»Daran hätten Sie denken sollen, bevor Sie sich an sie heranmachten.«
Der Italiener wagte es tatsächlich, Rio zu belehren. Dass er im Grunde Recht hatte, machte seine Worte nur noch provokanter. »Offenbar sind Sie wild entschlossen, sich mit mir zu schlagen, Monsieur.«
»Um den Ruf der Dame zu schützen? Das ist wohl das Privileg ihres Verlobten.«
Eigentlich durfte Rio nicht überrascht sein. Aber er hatte das Gefühl, eine eisige Hand greife nach seinem Herzen. »Die Verlobung ist offiziell? Sie heiratet den Grafen?«
»Lange wird es nicht mehr dauern, nun, da die notwendigen Papiere unterzeichnet sind.«
»Aber wird der Graf auch bereit sein, die Ehre seiner Braut zu verteidigen?«
»Möglich. Aber wetten würde ich darauf lieber nicht.«
Das klang beinahe freundschaftlich und war doch bitterernst. Denn was hinter Pasquales Worten steckte, war deutlich: Möglicherweise glaubte der Bräutigam, die Braut habe inzwischen gar keine Ehre mehr, die es noch zu verteidigen lohnte. Rio hörte sich sagen: »Eine Dame kann nie zu viele Getreue haben. Meine Sekundanten werden sich mit den Ihren in Verbindung setzen.«
»Ich hatte nichts anderes erwartet. Darf ich Ihnen meine Bewunderung für Ihre Prinzipien aussprechen, auch wenn sie nicht jedem verständlich scheinen mögen? Ich freue mich schon auf den Vergleich mit Ihnen.«
Nicholas Pasquale wandte sich ab. Aufrecht, mit hoch erhobenem Kopf und beschwingten Schritten ging er davon. Ein wenig verwirrt beobachtete Rio seinen Abgang. Der Mann sah weder aus noch redete er wie ein gedungener Mörder. Aber was sollte er sonst sein?
Sich von dem Italiener zu einem Duell provozieren zu lassen, war ein Fehler gewesen. Rio hatte es gewusst, aber hatte er denn eine Wahl gehabt? Sein Gegner befand sich in einer großartigen Verfassung. Er war ausgeruht, denn er hatte sich in letzter Zeit vermutlich nicht bei irgendwelchen Duellen verausgabt. Rio wusste, dass er im Nachteil war. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als Celinas Ehre zu verteidigen.
Am nächsten Morgen erfuhr Rio, dass nun zwei feste Verabredungen vor ihm lagen. Celina sollte er am Nachmittag treffen, und das Duell war für die frühen Morgenstunden des folgenden Tages angesetzt. Für diesen kleinen Aufschub hatte Caid als Rios erster Sekundant gesorgt. Zwar würde Rios Schulter nicht über Nacht heilen, aber ein Ruhetag konnte nicht schaden. Außerdem war es nach dem Code Duello möglich, einem Mann vor dem Zweikampf bis zu einer Woche einzuräumen, damit er seine Angelegenheiten ordnen konnte. Gern ließ man zwischen der Herausforderung und dem Duell eine gewisse Zeit verstreichen, denn es war nicht ausgeschlossen, dass die Kontrahenten zur Vernunft kamen und der Streit durch eine Entschuldigung beigelegt werden konnte. In diesem Fall war damit allerdings nicht zu rechnen.
Bislang hatte Celina ihm nicht persönlich mitteilen lassen, ob sie zu dem Rendezvous erscheinen würde. Rio wollte gern glauben, dass sie ihn nicht umsonst warten lassen würde, aber eine Garantie gab es dafür nicht. Bei ihrem letzten Treffen hatte sie ihn nicht sehr freundlich behandelt, und er hatte ihr seither keinen Grund gegeben, ihre Meinung über ihn zu ändern. Außerdem wusste Rio, dass manche Frauen Männer mit Bedacht versetzten, um damit ihre Macht über das starke Geschlecht zu demonstrieren.
Aber Celina
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