Raecher des Herzens
verbarg. Das Herz hämmerte in seiner Brust, das Blut rauschte in seinen Ohren und machte ihm das Denken schwer.
»Sicher würde der Graf keine Braut haben wollen, die nicht ... die ...«
»Die was nicht ist?«, fragte Rio.
»Unberührt.«
Rio wurde das Atmen schwer. Es dauerte eine Weile, bis er etwas sagen konnte, und selbst dann klang seine Stimme seltsam rau und fremd. »Sagten Sie nicht bei unserer letzten nächtlichen Unterhaltung, es käme dem Grafen vor allem auf Ihre Mitgift an, und er würde dafür über manches hinwegsehen?«
»Das war nur eine Vermutung. Außerdem dachte ich, Sie wollten das hören. Der Graf sollte kein Hinderungsgrund für ... für Intimitäten zwischen uns sein.«
»Sie wollen die Ehe unbedingt auf diese Art verhindern, wollen mich zu Ihrem Werkzeug machen. Haben Sie je daran gedacht, dass sich noch andere Männer für Sie interessieren könnten? Sicher wollen Sie eines Tages doch ganz gern heiraten.«
»Ich gehe ins Kloster und werde Nonne.«
»Ausgeschlossen.« Rio brauchte über seine Antwort nicht lange nachzudenken.
Celina warf ihm einen finsteren Blick zu. Dann trat sie unter den Arkaden hervor und suchte Zuflucht in den tiefen Schatten der Eiche, die am Ende des Kutschenschuppens stand. »Wie können Sie das sagen? Sie kennen mich doch gar nicht.«
»Ich weiß, dass es eine furchtbare Verschwendung wäre, wenn Sie ins Kloster gingen. Außerdem haben Sie dafür nicht das richtige Temperament.«
»Selbstverleugnung und leidenschaftliche Hingabe an den Glauben sind nicht zwingend nötig«, erklärte Celina kühl. »Viel wichtiger ist ein unempfindlicher Magen und ein sonniges Gemüt.«
Rio folgte Celina mit raschen Schritten. »Sie wissen, dass Ihr Vater oder Ihr Bräutigam vielleicht einen Beweis für Ihre verlorene Jungfernschaft verlangen werden.«
»Papa reicht es, wenn ich ihm mein Wort gebe.«
»Ich glaube kaum, dass der Graf ebenso leicht zu überzeugen ist.«
Celina blieb stehen und sah Rio trotzig an. Dann blickte sie seufzend zu Boden. »Mag sein.«
»Sie müssen sich darüber im Klaren sein«, sagte Rio leise, »dass Sie nicht nur vorgeben können, Ihre Unschuld verloren zu haben.«
»Wenn Sie die Güte hätten, mir bei der Erfüllung unserer Abmachung behilflich zu sein, müsste ich nicht lügen.«
In diesem Augenblick bemerkte Rio aus dem Augenwinkel eine Bewegung in der Nähe der Küche. Er fasste Celina am Arm und zog sie mit sich zur Wand des Kutschenschuppens. Als sie stolperte, legte er rasch den Arm um ihre Taille, damit sie nicht fiel. Mit sicherem Griff hielt Rio Celina fest, und sie fanden sich unversehens in einer Umarmung wieder.
Rio spürte Celinas Wärme unter den Walbeinverstärkungen des Korsetts, spürte die vollen Rundungen ihrer Brüste und den Druck ihrer festen Schenkel unter den bauschigen Röcken. Er sog den feinen Duft ihres Haars ein. Celina hatte die Lippen leicht geöffnet. Ihre Augen glichen dunklen Wassern voller uralter Verlockungen. Rios Sinne gerieten in Aufruhr. Verlangen und Selbstbeherrschung, Lust und Ehrgefühl fochten einen erbitterten Kampf in ihm aus.
»Eine Katze«, flüsterte Celina. Ihr Atem streifte dabei Rios Lippen.
»Was?«
»Dort drüben.«
Ein grauer Kater schlich um die Arkaden, bis er sich schließlich auf die offene Fläche des Hofes vorwagte. Eine Eidechse huschte davon. Der Kater erstarrte, dann verfolgte er das kleine Tier bis zu den brusthohen Wasserkrügen, die an der inneren Hofwand aufgereiht waren.
»Ach so, eine Katze.« Rio hatte Mühe zu sprechen. Er lockerte seinen Griff und vergrößerte damit den Abstand zwischen ihnen. Das plötzliche Erscheinen des Katers gab ihm die Gelegenheit, ein wenig Ordnung in seine Gedanken zu bringen. »Aber zurück zum Thema ...«
»Ja?«
»Sie wollen tatsächlich von Ihrer Unschuld befreit werden?«
Celinas Wimpern flatterten, aber sie hielt Rios Blick stand. »Wenn es Ihnen recht ist.«
Und ob es ihm recht war. Der Drang, sie auf der Stelle zu nehmen, drohte übermächtig zu werden. Doch Rio wusste, dass sie es hinterher mit jeder Faser ihres Herzens bereuen würde.
»Wie kommen Sie ausgerechnet auf mich?«
»Es war Ihr Vorschlag.«
»Ich wollte Ihnen damit nur zeigen, wie viel Sie mit Ihrem Besuch hei mir riskierten.«
»Mag sein. Aber der Handel war Ihre Idee, und ich habe mich darauf eingelassen. Was Sie von mir verlangten, erschien mir wie ein Wink des Schicksals, denn ich hätte wohl nie den Mut gefunden, einen Mann um diesen Gefallen zu
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