Raecher des Herzens
das Duell so schwerwiegende Folgen hatte. Aber sie waren nicht zu vermeiden.«
»Daran hege ich keinen Zweifel. Ich ... ich habe mich noch gar nicht bei Ihnen bedankt. Sie haben meine Ehre verteidigt. Ich bin Ihnen wirklich sehr verbunden.«
»Das war ich einer Dame schuldig.«
Celina entzog Rio ihre Hand und brachte das Schultertuch in Ordnung, das ihr über den Rücken gerutscht war. »Allerdings muss ich sagen, es kommt mir ein wenig seltsam vor, dass Sie so viel riskiert haben, wo Sie doch erst vor ein paar Tagen gegen Denys antreten mussten. Damals waren Sie es, der etwas Ehrenrühriges über mich gesagt hatte.«
»Die Zusammenhänge sind sehr kompliziert«, antwortete Rio steif.
»Ich würde sie dennoch gern verstehen.«
Rio zögerte einen Augenblick. »Bedrückt es Sie, der Grund von Duellen zu sein?«
»Natürlich bedrückt mich das! Ich möchte nicht in den Ruf geraten, den Tod eines Mannes verursacht zu haben.«
»Niemand kann Ihnen einen Vorwurf machen. Wenn man schon von Schuld spricht, sollte man sie dem Ehrenkodex anrechnen, dem wir uns beugen.«
»Das ist Haarspalterei und kein echter Trost. Wenn Sie oder auch Broyard den Tod gefunden hätten, würde das mein Gewissen keinesfalls beruhigen.«
»Immerhin darf ich mich jetzt zu denjenigen zählen, um die Sie sich sorgen.« Rio bemühte sich, einen leichten Ton anzuschlagen.
»Ich hatte gehofft, Sie würden eher kommen«, sagte Celina. Dabei zog sie das Tuch so fest um ihre Schultern, als fröstele sie. »Ich befinde mich in einer ausweglosen Situation und brauche Ihre Hilfe.«
»Verfügen Sie über mich.« Rio hatte mit seiner Antwort nur den betrübten Ausdruck von Celinas Gesicht wischen wollen, aber nun ging ihm auf, dass er ihr tatsächlich keinen Wunsch abschlagen würde. Was bewog ihn nur zu diesem großzügigen Angebot?
Die Geschichte, die Rio nun von Celina zu hören bekam, überraschte ihn kaum. Er lauschte schweigend. Dann sagte er: »Ihr Vater scheint ganz unter dem Einfluss des Grafen zu stehen.«
»Vater und der Graf haben sich angefreundet und sind inzwischen beinahe unzertrennlich. Aber wenn Sie glauben, Papa liege eher das Wohl des Grafen als das meine am Herzen, täuschen Sie sich. Vater liebt mich und scheint tatsächlich anzunehmen, diese Heirat wäre das Beste für mich.«
»Will er damit nicht nur die gesellschaftlichen Verbindungen der Familie verbessern?« Die Frage musste gestellt werden, ganz gleich, wie sehr Celina ihren Vater bewunderte und verteidigte.
»Das spielt vielleicht auch eine gewisse Rolle«, antwortete sie achselzuckend. »Gute Verbindungen nach Spanien sind in dieser Stadt nicht ganz unwichtig. Schließlich liegt die Zeit der spanischen Herrschaft noch nicht lange zurück. Ein spanischer Adelstitel gilt als durchaus erstrebenswert.«
»Aber Ihnen nicht.«
»Nicht, wenn ich dafür den Grafen heiraten muss.«
Rio musste unwillkürlich über die Inbrunst lächeln, mit der Celina geantwortet hatte. »Wenn Sie Ihrem Vater deutlich sagen, wie sehr Sie den Grafen verabscheuen, wird er sich doch sicher umstimmen lassen.«
»Sie kennen ihn nicht. Er mag nicht sehr streng sein, aber wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, ist er unglaublich stur.«
»Sie fürchten, er könne Sie zu der Heirat zwingen?«
Celina entfernte sich im Schatten der Arkaden, die die obere Galerie trugen, ein wenig vom Tor. »Ich weiß es nicht«, sagte sie über die Schulter hinweg. »Ich weiß es wirklich nicht.«
»Kein Geistlicher wird einer Braut, die sich sträubt, den Segen geben«, sagte Rio, der Celina gefolgt war.
»Wie Sie wohl wissen, gibt es Mittel und Wege, mit denen das Einverständnis einer Frau erzwungen werden kann«, entgegnete sie düster.
Eine Braut in die Kirche zu führen, die ihn gar nicht heiraten wollte, konnte sich Rio nicht vorstellen. Doch sicher hatten andere Männer weniger Skrupel - ganz besonders, wenn ein nicht zu verachtendes Vermögen mit im Spiel war. Sich gedanklich mit derlei Dingen zu beschäftigen, fiel Rio im Augenblick schwer, denn sein Auge hing an dem anmutigen Schwung von Celinas Hüften, der ihre Röcke in sanfte Pendelbewegungen versetzte. »Was beabsichtigen Sie zu tun, falls sich Ihr Vater nicht umstimmen lässt?«, fragte er schließlich.
»Ich hoffte, die Erfüllung unserer Abmachung würde ... würde dazu führen, dass sich der Graf abwendet.«
»Sie meinen ...« Rio hielt inne. Ihm fehlten die Worte, um das auszusprechen, was sich hinter Celinas Erklärung
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