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Raecher des Herzens

Titel: Raecher des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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zur Geisterstunde aus. Nicht mehr lange und die Straßen würden allein den streunenden Katzen gehören.
    Ein paar Gendarmen waren auch noch unterwegs. Rio sah zwei von ihnen in ihren schmucken dunkelblauen Uniformen den Gehsteig entlangwandern. Sie trugen glockenförmige Hüte, Degen mit Messinggriffen und lange Gehstöcke. Nach ein paar Schritten überquerten sie vor ihm die Straße. Einer stieß dabei den Stock mehrmals geräuschvoll aufs Pflaster, verkündete mit lauter Stimme die Uhrzeit und ließ den traditionellen Ruf erschallen, der den Stadtbewohnern das Gefühl geben sollte, die Straßen wären ruhig und sicher.
    Rio ging den Uniformierten aus dem Weg. Er folgte einer engen Gasse, die an der Kathedrale entlang zur Rue de Chartres führte. Von dort war es nur noch ein Katzensprung bis zur Passage. Aus der Tür einer Bar drang der Geruch von scharfen Getränken und Sägemehl. Mit Letzterem bestreute man die Böden der Trinkhallen, damit sie später leichter zu reinigen waren. An einem Tisch am Fenster saß Pepe Llulla, der Fechtmeister, der für seine friedlichen Ansichten und seine tödliche Präzision bekannt war. Neben ihm erkannte Rio Pasquale, den Mann, den man La Roche nannte.
    Nach kurzem Zögern trat Rio in die Bar. Seine Laune war nicht die beste, und er hatte nicht vergessen, was man sich über den Maitre aus Italien erzählte. Gegen einen handfesten Streit hatte Rio nichts einzuwenden. Er war in der richtigen Stimmung dafür.
    »Willkommen, mon ami«, sagte Pepe. Er begleitete seine Worte mit einer einladenden Geste. Rio holte sich an der Bar einen Drink, dann setzte er sich zu den Männern. »Was treibt dich um diese Zeit noch aus dem Haus?«, fragte Pepe schließlich.
    »Was denkst du wohl?« Der Ruf, ein Freund des schönen Geschlechtes zu sein, brachte gewisse Vorteile mit sich. Mit dem Hinweis auf ein diskretes Treffen zu später Stunde ließ sich so manches erklären.
    »Ist sie schön?«
    »Sind sie das nicht alle?«
    Pepe wusste, dass Rio ihm auswich. Er lächelte amüsiert und verfolgte das Thema nicht weiter. Falls er von
    Rios Interesse an Mademoiselle Vallier wusste, ließ er es sich nicht anmerken. »Hast du heute Abend zufällig O’Neill oder Croquere gesehen?«, fragte Rio.
    »Ich glaube, Croquere war bei dem Boxkampf. Auch unser irischer Freund könnte dort hingegangen sein. Immerhin behauptet er von sich, er sei mit den Fäusten genauso schnell wie mit dem Degen.«
    »Aber natürlich. Darauf hätte ich selbst kommen können.«
    »Sicher ist der Kampf inzwischen vorbei. Übrigens, kennst du La Roche?«
    »Nur vom Sehen. Ich glaube, wir sind einander noch nicht vorgestellt worden«, antwortete Rio. Er erhob sich und deutete eine Verbeugung an. Pasquale tat es ihm gleich. »Sehr erfreut, Sir.«
    La Roche betonte pflichtgemäß, die Freude läge ganz bei ihm, dann setzten sie sich wieder. Pepe sorgte dafür, dass die Unterhaltung in Gang blieb. Rio erfuhr, dass La Roche in Italien geboren und der Sohn einer italienischen Mutter war. Zum Vater hatte er angeblich einen englischen Herzog, der offenbar Italien und die benachbarten Länder bereist hatte. Das erklärte La Roches beachtliche Größe, die breiten Schultern und das kantige Kinn. Er erwies sich als angenehmer Gesprächspartner mit einem trockenen Humor, der außerdem nicht dazu neigte, leichtfertig zum Degen zu greifen. Schade nur, dass Graf de Lerida ihn sich verpflichtet hatte. Sonst hätte sich Rio gut vorstellen können, mit dem Italiener Freundschaft zu schließen.
    »Eh bien, Senor«, sagte La Roche nach einer Weile. »Sie leben also hier in New Orleans?« »Im Augenblick zumindest.«
    »Haben Sie denn vor, nach Spanien zurückzukehren?«
    »Ich wüsste nicht wozu.«
    »Sehnt sich nicht jeder Mann nach seiner Heimat?«
    »Meiner Erfahrung nach schwindet das Heimweh im Laufe der Zeit. Wollen Sie denn nach Italien zurückkehren?«, fragte Rio. Er wunderte sich ein wenig darüber, dass La Roche so hartnäckig an diesem Thema festhielt.
    »Ja, vielleicht. Man sagt, der Sommer hier sei kaum auszuhalten.«
    »Ich habe noch keinen erlebt.«
    »Ich auch nicht.« La Roche wandte sich an Pepe. »Ist es wirklich so schlimm, wie alle erzählen?«
    »Es ist die Hölle, meine Freunde. Jedes Jahr schwöre ich mir aufs Neue, dass ich mir das nicht noch einmal antue. Trotzdem schaffe ich es nicht, der Stadt den Rücken zu kehren.«
    »Wohin würdest du denn gern flüchten?«
    »An den Golf, in die Nähe von Biloxi, oder auf eine der

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