Rächerin der Engel
Klientin von mir.«
Hunter sah sie finster an. »Sie sollten sich nicht mit den O’Rourkes einlassen, Bree.«
»So würde ich das nicht nennen«, entgegnete sie. »Und sind das nicht bloße Vermutungen, die Sie da anstellen? Obwohl ich möglicherweise auch nur Vermutungen anstelle. Sie sind doch hier, um dem Fall O’Rourke nachzugehen, oder, Sergeant?«
Eddie setzte zu einer Erwiderung an, doch Hunter kam ihm zuvor. »Wesentlich wichtiger ist die Frage, was Sie mit Tully O’Rourke zu schaffen haben.«
»Sie hat mir einen Vorschuss angeboten, damit ich mich um Mietverträge und dergleichen kümmere. Alles zivilrechtliche Sachen.«
»Haben Sie einen Scheck von ihr bekommen?«, fragte Eddie.
»Nein, noch nicht. Aber im Laufe der Woche möchte ich ein Vorgespräch mit ihr führen.«
»Lassen Sie sich erst einen Scheck geben«, riet Eddie ihr. »Und werden Sie erst dann für sie tätig, wenn sich herausstellt, dass er gedeckt ist.«
»Sehen Sie«, sagte Bree, »genau deshalb ist es so nützlich, Freunde zu haben, die Bescheid wissen. Sie ist also jemand, der seine Rechnungen nicht bezahlt, nicht wahr, Sergeant?«
Eddie legte sein angebissenes Stück Pizza auf den Teller. »Sie ist eine verdammte Mörderin«, sagte er. »Sie hat diesen armen Teufel von Mann erschossen und alles so arrangiert, dass es wie Selbstmord aussah. Dann hat sie von der Versicherung ein paar Millionen eingestrichen und ist aus der Stadt abgehauen.«
Bree war sich nicht sicher, was sie interessanter fand, dass Eddie überzeugt war, Tully O’Rourke habe ihren Mann ermordet, oder dass Eddie das Opfer als armen Teufel bezeichnet hatte. »Innerhalb von drei Tagen lösten sich bei der O’Rourke Investment Bank viereinhalb Milliarden Dollar in nichts auf«, sagte sie. »Zum Teil weil Aktien enorm überbewertet waren, zum Teil aber auch durch regelrechten Betrug. Deshalb ist der Finanzmanager Cullen Jameson ins Gefängnis gekommen. Wenn O’Rourke nicht tot wäre, würde er wahrscheinlich ebenfalls zehn bis fünfzehn Monate absitzen müssen. Wie die Dinge liegen, sind zwei seiner Topleute gegen Kaution freigelassen worden, und zumindest Cullen Jameson ist mit Sicherheit schuldig. Bei dem anderen Typ bin ich mir nicht so sicher.«
»Barney Gottschmidt«, sagte Eddie. »Das war der Rechtsberater.«
Dieser Name sagte Bree etwas. Der stille Mann im grauen Anzug fiel ihr ein, den sie auf der Auktion gesehen hatte. »Ein Rechtsanwalt? Mittelgroß, schütteres Haar, Mitte vierzig?«
»Genau.«
»Er war gestern hier, auf dieser Auktion, bei der ich auch Mrs. O’Rourke kennengelernt habe. Er hat Mrs. O’Rourke sehr engagiert dabei geholfen, ihre Habe zurückzubekommen.«
»Gottschmidt hat nichts damit zu tun«, erklärte Eddie. »Man hat ihm seine Zulassung nicht entzogen, und an dem Betrug scheint er auch nicht beteiligt gewesen zu sein.«
»Aber O’Rourke war ein armer Teufel, haben Sie gesagt. Kein Gauner? Das erstaunt mich. Es ist zwar schlimm, dass er zum Selbstmord getrieben wurde, aber ich kenne niemanden, dem er leid getan hätte.«
Eddie zog die Schultern hoch und aß ein Stück Pizza. »Ist ja egal«, murmelte er.
»Nein, das interessiert mich. Hauptsächlich weil ich über Tully Bescheid wissen möchte, bevor ich mich zu etwas verpflichte. Aber ich halte es auch für wichtig, wie Sie den Mann sehen.«
»Was wissen Sie über O’Rourke?«
»Nicht viel«, gestand Bree. »Er stammte aus dem Mittelwesten, nicht wahr? Bekam ein Stipendium für Harvard und brillierte dann auf der Wharton School of Business. Ein Selfmademan.«
»Wissen Sie, was das Asperger-Syndrom ist?«, fragte Eddie.
Bree sah ihn verblüfft an. »Wie bitte? Asperger-Syndrom?«
»Das ist so was Ähnliches wie Autismus.«
Bree warf einen Blick auf Hunter, der sie angrinste. »Entspannen Sie sich einfach«, sagte er mit gedämpfter Stimme. »Wenn Ninja erst mal in Fahrt ist, hält ihn so schnell nichts auf.«
»Okay. Also so was Ähnliches wie Autismus.«
»Solche Leute sind in manchen Bereichen brillant, verstehen Sie. Aber sie haben kein Einfühlungsvermögen. O’Rourke war ein Finanzgenie, verstand von Menschen aber nicht die Bohne. Jede durchgebrannte Fünfzehnjährige, die man am Busbahnhof aufgabelt, weiß mehr über menschliche Verkommenheit als Russell O’Rourke. Was seine Lieben betraf, so war der Typ der reinste Einfaltspinsel«, sagte Eddie verächtlich. »Nun, als er noch am Leben war, hat ihn seine Frau nach Strich und Faden ausgenutzt, und zum
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