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Rätselhafte Umarmung

Rätselhafte Umarmung

Titel: Rätselhafte Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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in bester Verfassung.
    »Ruhen Sie sich aus«, sagte Bryan leise.
    Er wusste nicht, wie es dazu kam, daß er das Zimmer durchquerte. Er wusste nicht, wie es dazu kam, daß er Rachel Lindquist berührte, aber sein Finger lag unter ihrem Kinn, und er hob ihr Gesicht sanft an, als wollte er sie im nächsten Moment küssen. Es kostete ihn beträchtliche Mühe, das nicht zu tun. Ihre Lippen standen leicht offen. Ihre dichten Wimpern hatten sich gesenkt und lagen wie zwei weiche Spitzenfächer auf ihren blassen Wangen.
    Er spürte, wie es in seinem Unterleib zu kribbeln begann, und bemerkte ein Pochen in seinen plötzlich viel zu engen Jeans. Er verfluchte seine ungestümen Hormone. Was war denn los mit ihm? Er führte sich auf wie ein geiler Hengst, während dieses arme Mädchen physisch und emotional so erschöpft war, daß es jeden Augenblick zusammenbrechen konnte. Wieso fühlte er sich so zu ihr hingezogen? Soweit er wusste , war sie bloß hier, um Addie einzupacken und in irgendein Pflegeheim zu stecken. Alles, was er über sie wusste , war, daß sie vor fünf Jahren weggelaufen und jetzt wieder zurückgekommen war.
    Aber sie hatte anzurufen versucht ... und sie hatte an seiner Schulter geweint... und sie sah so klein und zerbrechlich aus ...
    Wie schon so oft in dieser Nacht schüttelte er den Kopf, verwirrt von diesen unerwarteten, eigenartigen Gefühlen. Natürlich, er war oft schwach geworden, wenn ein Mädchen in Nöten war, aber er hatte kein Interesse daran, sich ausgerechnet jetzt um eins zu kümmern. Nein. Sein Leben kehrte langsam wieder in die gewohnten Bahnen zurück; und nur darauf wollte er sich konzentrieren. Er hatte kein Interesse daran, sich mit den Problemen einer komplizierten Mutter-Tochter-Beziehung oder dem Riesenärger herumzuschlagen, den ihnen Addie mit ihrer Krankheit bereiten würde. Er wollte sich nicht mit Rachel Lindquist und ihrem Schmerz und den verlorenen Träumen beschäftigen, die er in ihren Augen entdeckt hatte.
    Sie öffnete die Augen und sah zu ihm auf, und sofort durchfuhr ihn ein neuer, glühend heißer Stoß.
    »Ruhen Sie sich aus«, murmelte er wieder und wich langsam zurück, bevor er vollkommen den Verstand verlor.
    »Wo werden Sie schlafen?«
    »Machen Sie sich um mich keine Sorgen«, antwortete er und rang sich eines seiner albernen, strahlenden Lächeln ab, während er zur Tür ging. Er hatte das starke Gefühl, daß er überhaupt nicht schlafen würde. »Ich bin ein magisches Wesen; ich kann überall schlafen. Auf Tischen, Stühlen, Treppen. Einmal habe ich sogar eine Nacht im Kofferraum eines Mercedes-Benz verbracht, aber das ist eine lange Geschichte, und es steht mir leider nicht frei, sie in allen Einzelheiten zu erzählen. Lassen wir es bei der Bemerkung bewenden, daß die Konstrukteure die luxuriöse Ausstattung auf andere Bereiche des Wagens beschränkt haben.«
    Rachel starrte ihn fassungslos an. Sie wollte lachen. Nachdem ihr in den letzten Tagen soviel Schreckliches widerfahren war, wollte sie über Bryan Hennessy lachen, weil er albern und komisch war, und zwar auf eine ganz eigene, ihr bislang unbekannte Weise. Es wunderte sie, daß sie immer noch Sinn für Humor hatte. Bei dem Gedanken wurde ihr ein klein wenig wärmer ums Herz.
    »Sie sind ein ungewöhnlicher Mensch, Mr. Hennessy«, stellte sie mit einem trockenen Lächeln fest.
    Er strahlte sie an. »Vielen Dank.«
    Jetzt konnte Rachel doch lachen. »Es war eigentlich kein Kompliment.«
    »Für mich schon. Wir Hennessys sind stolz darauf, einzigartig zu sein.«
    »Das sind Sie bestimmt.« Sie versuchte erfolglos, ein Gähnen zu unterdrücken.
    »Das Bad ist am Gangende rechts«, erklärte Bryan über die Schulter hinweg, während er die Tür aufzog. »Nehmen Sie sich vor dem Wasserhahn am Waschbecken in acht. Ab und zu schießt er aus unerfindlichen Gründen los wie ein Geysir. Vielleicht ist er ja verhext. Poltergeister setzen sich oft in den Wasserleitungen fest, wissen Sie. Bestimmt hat man bei ihrer Sauberkeitserziehung einiges falsch gemacht. Das ist jedenfalls meine Theorie.«
    »Mr. Hennessy«, platzte Rachel heraus. Irgendwie gefiel es ihr gar nicht, daß er sie allein lassen wollte.
    »Bryan«, verbesserte er. Er drehte sich um und stemmte sich mit einem Arm gegen den Türpfosten. Er fühlte sich auch so schon alt genug; es fehlte noch, daß ihn dieses junge Ding mit Mister ansprach. Er war zehn Jahre älter als Rachel Lindquist - mindestens. Im Augenblick sah sie aus wie höchstens fünfzehn,

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