Räuberbier
Dienststelle jederzeit Zugriff auf Dr. Diefenbachs Kripo-Bier bekommt. Na, ist das nicht eine erfreuliche Nachricht?«
Ich bedankte mich mit gemischten Gefühlen. Hoffentlich würde es ein Pils werden, das nach KPD benannt wird.
Ich bestieg den Bus und setzte mich neben Jutta in die zweite Reihe. Sie strich sich eine rote Strähne aus dem Gesicht und zeigte auf die Kanne Sekundentod auf ihrem Schoß. »Sag Bescheid, wenn du eine Tasse möchtest.«
Dankend nickte ich der 40-jährigen Kollegin zu. Jutta Wagner war unsere gute Seele. Ihr Organisationstalent war fulminant. Besprechungen organisierte und koordinierte sie wie keine andere. Endlose Meetings mit ständigen Wiederholungen oder Profilierungen einzelner Personen gab es bei uns nicht. Jutta hatte alles jederzeit im Griff.
Auf dem Gang gegenüber saß Gerhard Steinbeißer. Selbstredend hatte er ebenfalls eine Kanne Sekundentod dabei.
»Die Kannen lasst ihr aber nachher bitte im Bus«, sagte ich zu den beiden. »Nicht, dass das Zeug irgendwie ins Bier kommt.«
»Keine Angst, Reiner. Das trinken wir allein«, meinte der Langstreckenläufer Gerhard, der seit Jahren beim Mannheimer Marathon unter den ersten 100 war. Trotz seines zurückweichenden Haarkranzes lebte der wesentlich jüngere Kollege ein recht unstetes Leben. Seine Lebensabschnittsgefährtinnen wechselten regelmäßig, sobald das Thema Kinder aktuell wurde.
Es ging los. KPD saß vorne neben dem Fahrer und erklärte diesem den Weg nach Mannheim. Der Chauffeur, der vermutlich mehrere Millionen Buskilometer auf dem Buckel hatte, nahm es gelassen.
Die Polizeikontrolle, die neidische Kollegen kurz hinter dem Schifferstadter Ortsschild speziell für unseren Bus eingerichtet hatten, wurde von KPD mit sofortiger Wirkung ausgesetzt und deren Teilnehmer mit zusätzlichem Wochenenddienst bestraft.
Die Fahrt durch Ludwigshafen verlief wie immer um diese Uhrzeit. Auf der zweispurigen Saarlandstraße, einen guten Kilometer vor der Auffahrt zur Rheinbrücke, standen wir im Stau. Irgendwo hakte es immer. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es knapp werden könnte. Eine Verspätung war für eine Dreiviertel-Polizeidienststelle nicht akzeptabel. Was für einen Eindruck würde das in Baden-Württemberg hinterlassen? Wir Pfälzer gelten zwar als gemütliche Menschen, aber auch als halbwegs pünktliche.
Eine laute Stimme aus dem hinteren Teil des Busses weckte mich aus meinem Tagtraum.
»Habt Ihr alle eure Pässe dabei? Wir verlassen nun Rheinland-Pfalz.«
Gegröle im Bus, und tatsächlich fuhren wir in diesem Moment, wenn auch nach wie vor im Schritttempo, über die Konrad-Adenauer-Brücke. Kurz darauf überholten wir den auf der rechten Spur stehenden Stauverursacher. Es handelte sich um ein Reisemobil. Und dieses Reisemobil kannte ich. In blutroten Buchstaben stand ›Mobile Gesundheitsberatung und Prophylaxe – Dr. Metzger‹ auf der Seite des Wagens.
Auf diesen Typ konnte ich heute gut verzichten.
Dr. Metzger, der skurrilste Notarzt der Gegenwart, fuhr trotz längst zurückgegebener Kassenzulassung hin und wieder Notarzteinsätze und kam mir dabei bei meinen Ermittlungen ständig in die Quere. Seine langen feuerroten Haare und sein nervöser Tick verliehen ihm das Aussehen eines Irren. Dennoch machte Metzger seit der letzten Gesundheitsreform gute Geschäfte. Kleinere Operationen wie Blinddarmentfernung oder Bypasslegung führte er auf Kundenwunsch direkt in seiner Mobilklinik oder beim Kunden zu Hause durch. Seit ich wusste, dass er ständig auf den Straßen der Vorderpfalz unterwegs war, fuhr ich viel vorsichtiger.
Ich hatte kein Glück. 50 Meter hinter seinem Mobil stand Metzger mitten auf der Fahrbahn und winkte hektisch. Der Busfahrer stieg in die Eisen und verfehlte ihn äußerst knapp. Metzger sprang in die offene Bustür und keuchte: »Können Sie mich bitte ein Stück mitnehmen?«
Erst dann sah er auf und blickte in das zornige Gesicht von KPD. Metzgers Kinnlade folgte der Schwerkraft. Er blickte sich weiter um und entdeckte die anderen Kollegen und mich. Dass ein Mensch in so kurzer Zeit so blass werden konnte, hätte ich bisher nicht vermutet. Wie viel Dreck musste Metzger am Stecken haben?
»Guten Tag, Herr Diefenbach. Ich hab Sie gar nicht gleich erkannt. Hallo, Herr Palzki.« In Rekordzeit schien er sich wieder gefangen zu haben. »Können Sie mich bitte bis zur Mannheimer City mitnehmen? Ich hatte eine kleine Panne.«
Dies sagte er, ohne rot zu werden. Als der Busfahrer die Tür
Weitere Kostenlose Bücher