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Räuberbier

Räuberbier

Titel: Räuberbier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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aussehen. Als Staatsanwalt würde ich auf Freispruch plädieren, wenn Schönhausen seine Nachbarin umgebracht hätte. Die war ja noch schlimmer als meine. Waren vielleicht alle Nachbarn so? Obwohl, ich selbst war ja auch für andere ein Nachbar.
    »Haben Sie Herrn Schönhausen seit dem Besuch des Bruders gesehen?«
    Die Schildkröte zuckte nach vorne und wackelte gleichzeitig zur Seite. »Nein, den Herrn Doktor habe ich das letzte Mal am Freitag gesehen, als ich ihm seine Suppe vorbeibrachte.«
    »Ist Ihnen an dem Tag etwas aufgefallen?«
    Sie überlegte. »Der Briefträger kam 25 Minuten später als üblich.«
    Unglaublich, diese Antwort. »Ich meine, ist Ihnen bei Herrn Schönhausen etwas aufgefallen? War er besonders nervös, hat er Ihnen etwas erzählt?«
    »Glänzende Augen hatte er gehabt. Wie immer, wenn ich ihm seine Suppe brachte. Sonst ist mir nichts aufgefallen.«
    Glänzende Augen, klar. Das Zeug würde mir auch die Tränen in die Augen jagen.
    »Erzählen Sie mir von dem Mann, der heute zu Besuch kam.«
    Die Schildkröte zupfte ihre Kittelschürze zurecht und prüfte mit der flachen Hand den Sitz ihrer Dauerwelle. »So genau habe ich das gar nicht gesehen, ich habe ihn zu spät bemerkt.«
    »Mehr wissen Sie nicht?«, fragte ich ungläubig.
    »Er trug einen silbernen Aktenkoffer in der Hand. Wissen Sie, was in dem Aktenkoffer drin war?«
    »Das war ein Handelsvertreter für Kaffee«, log ich, um ihr Informationsbedürfnis zu befriedigen.
    »Kaffee? Der Herr Doktor trank doch überhaupt keinen.« Eleonores sah aus, als würde ihr dieses Problem schlaflose Nächte bereiten. Mehr zu sich selbst sagte sie: »Und warum kam dann eine Stunde später der andere Mann und half dem Handelsvertreter, einen großen Koffer aus der Wohnung zu tragen?«
    Es machte klack. Juttas Bleistift war zerbrochen. Im Außendienst nahm sie meistens einen Bleistift, der im Gegensatz zu einem Kugelschreiber auch bei großer Kälte funktionierte.
    »Wie bitte?«, mischte sich meine Kollegin aktiv ins Gespräch ein. »Was haben Sie da beobachtet?«
    Die Schildkröte zuckte vermehrt vor und zurück, was sie noch debiler aussehen ließ. »Ich fand das ziemlich komisch«, erwiderte sie. »Von dem zweiten Mann konnte ich nichts erkennen, er trug einen langen Mantel, hatte seinen Kragen hochgestellt und einen Hut tief ins Gesicht gedrückt. So, als wolle er sich verbergen.«
    Im Hintergrund hörten wir ein näher kommendes Sondersignal.
    »Und der Koffer?«, hakte Jutta nach.
    »Das war so ein großer schwarzer Schrankkoffer. Der zweite Mann hat ihn alleine in die Wohnung getragen, er muss also leer gewesen sein. Als er zehn Minuten später das Haus verließ, half ihm der Handelsvertreter mit dem Koffer, der nun auch eine Mütze trug, die er tief ins Gesicht gezogen hatte. Die beiden hatten ganz schön zu schleppen. Seltsam war, dass ich den Herrn Doktor nicht gesehen habe. Jedenfalls ist er nicht aus dem Hausflur getreten. Den Wagen, in den die zwei den Koffer gebracht haben, konnte ich auch nicht sehen, da steht dieser blöde Busch im Weg.«
    Jutta, die immer einen Ersatzbleistift dabeihatte, notierte eifrig.
    »Sind Sie sicher, dass die zweite Person ein Mann war?«
    Eleonores grübelte. »Eigentlich habe ich das Gesicht nicht gesehen. Theoretisch könnte es eine Frau gewesen sein. Sie müsste dann aber eine kräftige Statur haben.« Die Schildkröte machte einen Gedankensprung und redete weiter. »Ich habe dann ein paar Minuten später beim Herrn Doktor geklingelt. Er hat mir aber nicht aufgemacht. Als dann Sie und Ihre Kollegin kamen, kam es mir so langsam verdächtig vor. Ich wollte bereits die Polizei anrufen, da kamen nochmals zwei Männer.«
    Den letzten Satz musste sie fast schreien, da das Sondersignal nur etwa 100 Meter entfernt war.
    »Und was haben Sie dann gemacht?«, rief ich gegen den Lärm an.
    Ich verstand sie nicht richtig. Es hörte sich nach ›Polizei gerufen‹ oder so ähnlich an.
    In diesem Moment stoppten zwei Streifenwagen abrupt vor uns und mehrere Beamte sprangen mit gezogenen Dienstwaffen aus den Autos.
    Einer rief in Richtung Eleonores, die geradewegs auf die Beamten zuging. »Haben Sie uns wegen des Überfalls gerufen?«
    Sie zeigte auf uns und sagte: »Ja, das hat sich aber erledigt. Die Gauner sind auch Polizisten.«
    Hatte ich wirklich richtig gehört? Wenn Schönhausen wirklich Arzt war, wieso hatte er keinen Weg gefunden, seine Nachbarin auf unbestimmte Zeit in die Psychiatrie zu bekommen?
    Ich zückte

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