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Räuberbier

Räuberbier

Titel: Räuberbier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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genommen, wenn ich so eine Schwester hätte und bei ihr wohnen müsste.
    »Wenn es für Sie so wichtig ist, Herr Becker. Mit einem Anruf auf der Dienststelle kann ich feststellen, wer bei der Dame wohnt.«
    »Eben nicht«, konterte der Student. »Sie wollen in der Datenbank des Einwohnermeldeamtes nachschauen. Auf die Idee bin ich schon lange gekommen. Ein Freund von mir arbeitet in der Ludwigshafener Stadtverwaltung. Der hat für mich mal in den Computer geschaut. Ist zwar nicht so ganz legal, aber immerhin geht es um einen Mord.«
    Es war für mich immer verwunderlich, wo Dietmar Becker überall Freunde hatte. »Geht Ihr Freund in die Kantine der Stadtverwaltung essen?«
    Becker glotzte ziemlich doof aus der Wäsche. »Wie meinen Sie?«
    »Ach nichts, war nur ein Gedankensprung. Vielleicht versteckt Eleonores ihren Liebhaber vor den Blicken der Nachbarn. Da soll es ja ein paar Leute geben, die alles genau protokollieren.«
    »Herr Palzki?« Becker schaute sich um. »Sind Sie sicher, dass wir uns nicht verlaufen haben? Ich könnte schwören, dass wir in dieser Halle vorhin schon einmal waren.«
    »Das täuscht«, antwortete ich. »Bei meinem ersten Besuch ging es mir genauso. Hier sieht es fast überall gleich aus. Wir müssen nur noch durch –«, ich öffnete die Tür zur nächsten Halle und warf einen flüchtigen Blick hinein, »das Getränkelager gehen, dann sind wir am Ausgang.«
    Es war erstaunlich, wie viele Bierkästen hier lagerten. Auf jeder Europalette befanden sich fünf Reihen Bier. Da jeweils vier Europlatten übereinandergestapelt waren, kam ich mir vor wie ein Zwerg. Links und rechts türmten sich sechs Meter hohe Bierkästenberge, dazwischen war gerade so viel Platz, um mit einem Gabelstapler rangieren zu können. Auch Becker war von diesem Anblick fasziniert.
    »Da könnte ich mit ein paar Freunden mal übernachten«, meinte er lächelnd.
    Ich wollte gerade einen dummen Spruch loslassen, als ich seitlich von mir einen fortstrebenden Schatten registrierte. Auch Becker hatte die Bewegung wahrgenommen, doch so sehr wir uns auch umschauten, wir waren alleine. Hatte die Brauerei ein paar Katzen, die die Hallen mäusefrei hielten? Ein Wachhund war eher unwahrscheinlich, der hätte uns längst gestellt. Mir kam Mimose in den Sinn und ich beschleunigte meinen Schritt. In diesem Moment passierte es. Direkt vor uns kippte in Zeitlupe und zunächst absolut geräuschlos ein Riesenstapel Bierkästen um. Nur weil Becker zufällig nach oben schaute, hatte er dieses todbringende Malheur so rechtzeitig erkannt, um mich am Arm zur Seite zu reißen. Wir stolperten übereinander und zeitgleich zerschellten Hunderte Bierkästen direkt vor unseren Füßen. Das Hartplastik knallte, Flaschen zersprangen mit lautem Getöse und das Bier spritzte in alle Richtungen. Ängstlich blickte ich mich um und sah, dass die anderen Palettenberge nicht umzustürzen drohten. Becker war wie erstarrt. Blut lief ihm die Schläfe herunter. Das Bier spritzte uns nach wie vor um die Ohren.
    »Sie bluten ja«, meinte der geschockte Student zu mir.
    »Ich?«, fragte ich. »Wo denn?«
    Er zeigte mir stumm auf den Hinterkopf. Mit meiner biernassen Hand tupfte ich auf die besagte Stelle und stellte eine klebrige Masse fest: mein Blut. Nun fing es auch an, wehzutun.
    Becker hatte seine Wunde inzwischen alleine bemerkt. Da wir anscheinend nicht allzu schwer verwundet waren, standen wir, uns gegenseitig stützend, auf. Der Weg vor uns war versperrt. Auch hinter uns war alles mit Glasscherben übersät. Ein ziemlich mächtiger Biertümpel, der sich ständig vergrößerte, hatte sich knöcheltief gebildet. Unsere Kleidung und auch der Rest von uns waren intensiv biergetränkt. Allein meine Hose dürfte es auf über drei Promille bringen.
    Langsam legte sich der Schock.
    »Unfall?«, fragte Becker ungewohnt eintönig.
    »Auf keinen Fall«, antwortete ich. »Schauen Sie da drüben, alle Paletten sind zusätzlich durch Spannbänder gesichert. Jetzt schauen Sie sich diesen Scherbenhaufen an. Sehen Sie irgendwo Spannbänder?«
    Der Student schüttelte den Kopf. »Sie meinen, das hat jemand mit Absicht gemacht?«
    Ich zog vorsichtig eine große Scherbe aus meiner Jackentasche. »Nicht nur das. Ich glaube, unser Freund steckt noch in der Nähe.«
    Becker verstand und zückte sein Handy. Wie zum Beweis meiner Vermutung sprang ein Unbekannter aus einem Nebengang hinter der Bierkastenscherbenmauer hervor und rannte davon.
    »Los, hinterher«, kommandierte ich,

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