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Rage Zorn

Rage Zorn

Titel: Rage Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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aufgegriffen oder vielleicht sogar in der Zeitung abgebildet werden konnte?
    Valentino hatte von einem öffentlichen Telefon angerufen, damit der Anruf nicht zurückverfolgt werden konnte. Er wollte nicht identifiziert werden.
    Dieser beunruhigende Gedanke ließ sie nicht los, während sie durch das Wohnzimmer und den Flur in ihr Schlafzimmer ging. Wie immer, wenn sie heimkam, waren alle Zimmer still und dunkel.
    Die Häuser um ihres herum waren um diese Stunde ebenso dunkel und still, trotzdem gab es einen Unterschied. In jenen Häusern hatten Kinder ihr Gutenachtgebet gesprochen. Ehemänner hatten ihren Frauen einen Gutenachtkuss gegeben. Einige davon hatten sich geliebt, ehe sie sich in ihre Decken gemummelt hatten. Sie teilten ihre Betten, ihre Körperwärme, ihre Träume miteinander. Sie teilten ihr Leben. Die Dunkelheit wurde von Nachtlämpchen durchbrochen, kleinen tröstlichen Leuchtfeuern, deren Schein auf verstreutes Spielzeug und kleine Schuhe, auf die Insignien eines erfüllten Familienlebens fiel.
    Die Nachtlämpchen in Paris’ Haus betonten nur die sterile Sauberkeit in allen Räumen. Außer ihren Schritten gab es keinen Laut im Haus. Sie schlief allein. Nicht aus eigenem Entschluss, aber so war es eben gekommen, und sie hatte sich irgendwann damit abgefunden.
    Heute Nacht jedoch empfand sie die Stille als aufreibend. Und der Grund war Valentinos Anruf.
    Sie hatte jahrelange Erfahrung darin, Stimmen zu interpretieren, Nuancen zu registrieren, verborgene Botschaften zu erspüren, Wahrheit von Lüge zu trennen und wesentlich mehr herauszuhören, als ausgesprochen wurde. Lediglich aufgrund des Tonfalls
konnte sie verschiedene Schlüsse über einen Menschen ziehen. Viele Anrufe hatten sie glücklich, traurig, nachdenklich, ärgerlich oder gelegentlich sogar richtig wütend gemacht.
    Aber keiner hatte ihr wirklich Angst eingejagt. Bis heute.

4
    Ihre Muskeln begannen sich zu verkrampfen, weil sie zu lang in einer Stellung ausgeharrt hatte, und das Kitzeln an ihrer einen Fußsohle trieb sie noch zum Wahnsinn. Ihr Gesicht brannte, und sie konnte spüren, wie es anschwoll. Alles tat ihr weh.
    Dieser dreckige Hurensohn , dachte sie, aber sie konnte den Fluch nicht aussprechen, weil er ihr den Mund mit Klebeband verschlossen hatte.
    Wie hatte sie ihn nur für einen Superfang halten können? Schließlich hatte er sie nie in einen angesagten Club ausgeführt oder Geld für sie ausgegeben. Sie waren nie irgendwo hingegangen, immer nur in diese Absteige, in dieses Rattenloch.
    Sie wusste rein gar nichts über ihn, sie wusste nicht, wo er arbeitete oder wie er hieß. Nicht mal durch Zufall hatte sie seinen Namen erfahren. Im ganzen Apartment gab es kein einziges Schriftstück, auf das seine Adresse gedruckt war, keine abonnierte Zeitung, keinen Brief, gar nichts. Er blieb namenlos, das hätte ihr von Anfang an zeigen müssen, dass er kein erfahrener Mann von Welt war, sondern ein stinkgewöhnlicher kranker Perverser.
    Â»Deine Freundin … mit der du an dem Abend zusammen warst, als wir uns kennen gelernt haben.«
    Â»Du meinst Melissa?«, hatte sie gefragt und dabei einen eifersüchtigen Stich gespürt. Wollte er etwa Melissa dabeihaben und mit ihnen einen Dreier schieben? »Was ist mit ihr?«
    Â»Hast du ihr von uns erzählt?«
    Â»Wann denn? Ihre Eltern haben sie gezwungen, mit ihnen in
den Urlaub nach Frankreich zu fliegen. Seit dem Abend, an dem wir uns kennen gelernt haben, habe ich sie nicht mehr gesehen und nicht mit ihr gesprochen.«
    Â»Hast du sonst jemandem von mir oder von dieser Wohnung hier erzählt?«
    Â»Na klar doch. Gleich beim Frühstück habe ich alles meinen Eltern gebeichtet.« Sie musste lachen, als sie seine weit aufgerissenen Augen sah. »Du Quatschkopf! Natürlich habe ich keinem was davon erzählt.«
    Â»Das ist gut. Denn das zwischen uns ist etwas ganz Besonderes, und mir gefällt die Vorstellung, dass es unser Geheimnis bleibt.«
    Â»Es bleibt unser Geheimnis. Ich kenne nicht mal deinen Namen.«
    Â»Aber du kennst mich.«
    Er sah ihr tief in die Augen, und sie fühlte sich wie damals, als ihr sein Blick das Gefühl gegeben hatte, er könnte ihr bis ins Innerste schauen. Offenbar hatte er genau wie sie das starke Band zwischen ihnen gespürt. Schließlich hatte er ihr noch in der ersten Nacht erklärt, dass er sie liebte.
    Die Geheimnistuerei

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