Rage Zorn

gefunden, viele Kassetten mit Aufnahmen von meiner Sendung. Ich würde gern wissen, wozu Sie die haben.«
    Â»Ich heiße in Wahrheit Lancy.«
    Â»Entschuldigen Sie. Lancy. Warum haben Sie all diese Bänder aufgenommen?«
    Dean beugte sich vor. »Für uns sieht es so aus, als wären Sie krankhaft besessen von ihr.«
    Â»Es ist nicht das, was Sie denken, Ehrenwort.«
    Â»Was denke ich denn?«, fragte Dean.
    Â»Dass ich irgendwie pervers bin. Das ist es nicht. Ich … ich habe sie studiert.« Er blickte in ihre verdatterten Gesichter. »Ich, also, ich wäre gern wie sie. Was sie so macht, meine ich. Ich möchte auch mal ins Radio.«
    Sie hätten nicht sprachloser sein können, wenn er behauptet hätte, er würde gern ein Atom-U-Boot durch das Weiße Haus steuern.
    Paris hatte sich als Erste wieder gefangen. »Sie möchten Radiomoderator werden?«
    Â»Wahrscheinlich finden Sie das bei meinen vielen Vorstrafen und so verrückt.«
    Â»Ich halte das überhaupt nicht für verrückt. Ich bin nur überrascht. Seit wann interessieren Sie sich denn für diesen Beruf?«
    Â»Schon seit ein paar Jahren. Da kam ich aus Huntsville raus und fing an, jeden Abend Ihre Sendung zu hören.«
    Â»Und wieso ausgerechnet die von Paris? Warum nicht die eines anderen DJs?«
    Â»Weil es mir gefällt, wie sie mit den Leuten redet«, beantwortete er Deans Frage. Dann wandte er sich wieder an sie. »Ich hatte das Gefühl, dass Sie sich wirklich für die Leute interessieren, die bei Ihnen anrufen, dass Sie ihre Probleme ernst nehmen.« Sichtlich verlegen ergänzte er: »In der ersten Zeit hatte ich echte Schwierigkeiten. Mich wieder an das Leben draußen zu gewöhnen. Sie waren so was wie meine einzige Freundin.«

    Curtis beobachtete ihn skeptisch und mit finsterer Miene. Auch Dean hatte die Stirn in Falten gezogen. Aber Paris schenkte ihm ein aufmunterndes und aufforderndes Lächeln.
    Â»In einer Nacht hat so ein Typ angerufen und erzählt, dass er seinen Job verloren hat und keinen neuen finden kann. Sie haben damals gesagt, für Sie würde es so aussehen, als ob sein Selbstvertrauen gelitten hätte, und dass er seine Ziele jetzt erst recht besonders hoch stecken sollte.
    Ich hab den Rat beherzigt, den Sie ihm gegeben haben. Ich habe aufgehört, mich mit Aushilfsjobs durchzuschlagen, und habe mich bei der Telefongesellschaft beworben. Die haben mich wirklich eingestellt. Ich habe gutes Geld verdient, so viel, dass ich mir Sprechunterricht leisten konnte. Bessere Kleidung. Ein richtiges Auto. Aber dann wurde ich gierig und hab ein paar Sachen mitgehen lassen, die ich auf die Schnelle verticken konnte. Anzeige habe ich damals keine bekommen, aber ich wurde gefeuert.«
    Er verstummte, als wollte er sich für diese folgenschwere Kurzschlusshandlung kasteien. Paris sah zu Dean. Er zog die Schultern hoch, als wollte er sagen, dass Lancy entweder die Wahrheit sagte oder ihnen einen dicken Bären aufband.
    Â»Danach war ich ein paar Wochen arbeitslos«, fuhr er fort, »aber dann konnte ich mein Glück kaum fassen, als ich in der Zeitung entdeckte, dass ein Job im Radiosender angeboten wurde. Es war mir egal, dass ich da nur das Scheißhaus … äh, die Toiletten putzen sollte. Ich wollte um jeden Preis da reinkommen. Damit ich Sie besser studieren kann. Wie Sie arbeiten. Und vielleicht sogar was von der Technik mitbekomme.
    Ich habe einen Recorder bei mir zu Hause aufgestellt und ihn so geschaltet, dass er jede Sendung aufzeichnet. Tagsüber habe ich die Bänder abgespielt und versucht, so zu reden wie Sie. Ich habe echt geübt und versucht, Ihre Worte und Ihren Sprachrhythmus draufzukriegen. Außerdem hab ich wieder Stunden genommen, um meinen Akzent loszuwerden.«
    Er ließ ein Grinsen aufleuchten. »Wie man hören kann, hab
ich noch viel Arbeit vor mir. Und natürlich weiß ich, dass ich nie so gut sein werde wie Sie, ganz egal, wie hart ich an mir arbeite. Aber ich habe fest vor, mein Bestes zu versuchen. Ich wollte… ich musste , wie heißt das noch mal?«
    Â»Mich neu erfinden?«, schlug sie vor.
    Seine Augen leuchteten auf. »Ja, genau. Darum habe ich auch einen falschen Namen angegeben. An meinem echten Namen hört man zu schnell, wo ich herkomme.«
    Curtis ließ einen Ordner auf den Tisch klatschen, und Lancy zuckte zurück, als er sah, dass es sich um sein