Rage Zorn
aufsässiges Benehmen war.
»Hast du es auf ihrem Handy probiert?«
»Da antwortet nur die Mailbox. Auf der ich mehrere Nachrichten hinterlassen habe.«
»Hast du bei ihren Freundinnen nachgefragt?«
»Bei einigen, angeblich hat niemand sie gestern Abend gesehen. Natürlich könnte das eine Lüge sein, um Janey zu decken.«
»Was ist mit dieser Ziege, dieser Melissa, mit der sie so viel Zeit verbringt?«
»Die ist mit ihren Eltern in Europa.«
Seine Sekretärin klopfte leise an, streckte dann den Kopf ins Zimmer und richtete ihm aus, dass alle in den Gerichtssaal zurückgekehrt seien.
»Hör zu, Marian, bestimmt will sie uns nur dafür bestrafen, dass wir sie bestraft haben. Sie möchte dir einen gehörigen Schrecken einjagen, und das scheint ihr zu gelingen. Sie wird schon wieder auftauchen. SchlieÃlich ist es nicht das erste Mal, dass sie über Nacht wegbleibt.«
Als Janey das letzte Mal nicht zu Hause aufgetaucht war, wäre sie um ein Haar im Gefängnis von Travis County gelandet, und zwar wegen Erregung öffentlichen Ãrgernisses. Sie und ihre Clique hatten sich im Whirlpool eines Hotels eingenistet. Mehrere Gäste hatten sich über den Lärm beschwert. Als die Wachmänner des Hotels nachsahen, woher die Störung kam, hatten sie einen brodelnden Kessel voller junger Leute in den verschiedensten Stadien der Trunkenheit und Nacktheit entdeckt, die mit allen erdenklichen sexuellen Aktivitäten befasst waren.
Seine Tochter war unter den Betrunkensten gewesen. AuÃerdem war sie eindeutig die Nackteste von allen gewesen, jedenfalls
laut dem Polizisten des Austin Police Department, der sie persönlich aus dem Wasser gefischt und sie von dem jungen Mann gelöst hatte, mit dem sie verkuppelt gewesen war.
Er hatte sie in eine Decke gehüllt und dann nach Hause statt ins Gefängnis chauffiert. Das hatte er nur dem Richter zuliebe getan, nicht aus Herzensgüte gegenüber dem jungen Mädchen, das ihn mit Beschimpfungen überhäuft hatte, als es an der Schwelle ihres Elternhauses abgeliefert wurde.
Der Polizist hatte zum Dank eine Hundert-Dollar-Note erhalten, mit der sein stillschweigendes Versprechen erkauft worden war, Janeys Namen aus dem Bericht zu streichen.
»Gott sei Dank haben die Medien damals nichts davon erfahren«, sagte Marian jetzt, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Kannst du dir vorstellen, wie das deinem Ruf geschadet hätte?« Sie schniefte vornehm und fragte: »Was wirst du jetzt unternehmen, Baird?« Womit sie das Problem geschickt in seinem Schoà abgeladen hatte.
»Ich bin den ganzen Tag im Gericht. Ich habe keine Zeit, nach Janey zu suchen.«
»Nun, du kannst nicht von mir erwarten, dass ich den ganzen Tag durch Austin fahre und nach ihr Ausschau halte. Ich käme mir ja vor wie eine Hundefängerin. AuÃerdem hast du die besseren Kontakte.«
Und die Hundert-Dollar-Scheine , dachte er trocken. Während der letzten Jahre hatte er ständig Hunderter verteilt, um sicherzustellen, dass die Tollheiten seiner Tochter eine Familienangelegenheit blieben.
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, knurrte er. »Aber wenn sie doch wieder auftaucht â was sie sicherlich tun wird â, dann rufst du mich sofort an. Ich stelle meinen Piepser auf Vibrieren, wenn ich im Gerichtssaal bin. Du brauchst nur drei Dreier einzutippen. Dann weià ich, dass sie wieder zu Hause ist, und muss niemandem die Zeit stehlen.«
»Danke, Schatz. Ich wusste doch, dass ich mich auf dich verlassen kann.«
Â
Curtis lud Dean zu einem gemeinsamen Mittagessen ein, was jener auch annahm, allerdings nicht ganz unvoreingenommen. Dean vermutete, dass der Detective auf Hintergrundinformationen über Paris aus war. Er konnte Curtis die Neugier kaum verübeln, vor allem nach der gereizten Stimmung, die heute Morgen in seinem Büro geherrscht hatte.
Er würde ihm rein gar nichts verraten, jedenfalls nichts, was Curtis nicht auch ihrer offiziellen Biografie entnehmen konnte, aber trotzdem wäre es interessant, den Detective in Aktion zu erleben.
Sie gingen gerade die Treppe vor dem Gebäude hinab, als jemand Curtisâ Namen rief. Der junge uniformierte Beamte, der Curtis gerufen hatte, war eben aus der Glastür getreten. Atemlos bat er um Entschuldigung.
»Verzeihen Sie die Störung, Sergeant Curtis.«
»Wir sind nur auf dem Weg in die
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