Rage Zorn
offenbar, dass er nicht länger erwünscht war. Er sagte zu Paris: »Ich bin im Tonstudio, falls du mich brauchst.«
Dean sah Stan nach, der durch den Korridor verschwand. Sobald er auÃer Hörweite war, wandte er sich wieder an Paris. »Das ist dieser Crenshaw? Der Neffe vom Eigentümer? Ist er schwul?«
»Ich habe keine Ahnung. Was tust du hier, Dean?«
Er trat in die Küche und verknappte damit zusätzlich den bereits beengten Raum. »Du solltest während deiner Schicht nicht allein sein.«
»Stan ist hier.«
»Dem willst du dein Leben anvertrauen?«
Sie lächelte müde. »Auch wieder wahr.«
»Bis wir mehr über diesen Menschen wissen, der sich Valentino nennt, solltest du Polizeischutz bekommen.«
»Curtis hat mir angeboten, Griggs und Carson herzuschicken. Ich habe das ausgeschlagen.«
»Ich habe Griggs kennen gelernt. Er kommt mir aufgeweckt vor und ist offenbar ein echter Pfadfindertyp, aber weder er noch dieserâ¦Â«
»Carson.«
»⦠ist darin geschult, mit einem Geiselnehmer zu verhandeln. Ich sollte bei dir sein, falls Valentino noch mal anruft. Falls ich das Gefühl bekomme, dass er die Beherrschung zu verlieren
droht, könnte ich mit ihm sprechen und ihn, so Gott will, überreden, uns den Namen seiner Gefangenen und sein Versteck zu verraten.«
Da das wirklich sein Metier war, war es eine plausible Erklärung für sein Kommen. Nichtsdestotrotz zweifelte sie an seinen Motiven. »Vielleicht ruft er gar nicht an. Dann hast du den ganzen Abend vergeudet.«
»Vergeudet gewiss nicht, Paris. Ich bin auch hier, weil ich dich sehen wollte.«
»Jetzt hast du mich gesehen.«
»Allein.«
Sie stellte die Teetasse auf die fleckige Anrichte und wandte ihm den Rücken zu. »Dean, bitte tu das nicht.«
Er stellte sich dicht hinter sie, und sie hielt den Atem an vor Angst, dass er sie berühren könnte. Sie war unsicher, wie sie darauf reagieren würde, und sie wollte lieber nicht auf die Probe gestellt werden.
»Es hat sich nichts geändert, Paris.«
Sie lachte kläglich. »Alles hat sich verändert.«
»Als du heute Morgen in mein Büro kamst, ist alles wieder wach geworden. Einfach alles. Du hast mich genauso umgehauen wie bei unserer ersten Begegnung. WeiÃt du noch? In der Nacht nach dem Schnee.«
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Das Schneegestöber war in einen kalten Regen übergegangen, der in ihr Haus wehte, als sie an jenem Abend ihre Tür in Houston aufzog, um Jack und Dean einzulassen.
Sie winkte die beiden hastig herein und drückte die Tür wieder zu. Jacks erster Versuch, sie einander vorzustellen, war zum Scheitern verurteilt, weil alle beschäftigt waren, nasse Mäntel abzustreifen oder störrische Regenschirme zu schlieÃen, die den Boden in ihrer Wohnung unter Wasser setzten.
Nachdem sie die Mäntel endlich an die Garderobe gehängt und die Schirme in die Ecke gestellt hatte, drehte sie sich um und lächelte zu dem besten Freund ihres Verlobten auf. »Also, noch
mal von vorn. Hallo, Dean. Ich bin Paris. Ich freue mich, dich kennen zu lernen.«
»Das Gleiche gilt für mich.«
Sein Griff war fest, sein Lächeln warm und freundlich. Er war fast zehn Zentimeter gröÃer als Jack, wie sie sofort bemerkte. Sein braunes Haar zeigte an den Schläfen einen ersten Anflug von Grau. Er hatte nicht Jacks klassisches gutes Aussehen, sondern wirkte wilder, rauer. Jack hatte ihr erzählt, dass sich Dean die Frauen mit Gewalt vom Leibe halten musste. Das glaubte sie gern. Die leicht asymmetrischen Gesichtszüge zogen jede Frau in Bann. Das Gegengewicht dazu bildeten die Augen, hellgrau und umringt von dunklen, kräftigen Wimpern. Eine Kombination, in der eine Frau ertrinken konnte.
Er sagte: »Und ich dachte, Jack lügt mir was vor.«
»Jack und lügen? Niemals!«
»Als ich ihn fragte, wie du aussiehst, sagte er, mir würde die Luft wegbleiben. Ich dachte, er übertreibt.«
»Er neigt zu Ãbertreibungen.«
»Diesmal nicht.«
Vom anderen Ende des Raums her grinste Jack zu ihnen herüber. »Ich mache uns ein paar Drinks, während ihr euch über meine Charakterfehler austauscht.«
Sie genossen ein fröhliches Dinner in Jacks liebstem Steakhouse. Nach dem Essen zogen sie in die angrenzende Bar um, wo sie gemütlich vor dem Kamin saÃen und Kaffee tranken. Die Männer beglückten sie mit
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