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Rage Zorn

Rage Zorn

Titel: Rage Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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energisch weg, dass er ins Straucheln kam und rückwärts gegen den Tisch prallte. Eine Hand auf den Mund gepresst, versuchte sie ihr Schluchzen zu unterdrücken. Sie war ebenso wütend wie verängstigt. So hatte sie ihn noch nie erlebt. Ihr Mann war ein Fremder für sie.
    Er fing sich wieder und schnappte sich seine Jacke und die Schlüssel. Gleich darauf erbebte das Haus unter dem Knall der Haustür. Toni stolperte zum nächsten Stuhl und ließ sich darauf sinken. Minutenlang weinte sie in aller Stille, weil die Kinder sie nicht hören sollten.
    Ihr Leben ging in Scherben, ohne dass sie etwas dagegen unternehmen konnte. Dabei liebte sie Brad immer noch. Er weigerte sich, Hilfe anzunehmen, um seine Krankheit loszuwerden. Wieso versuchte er mit aller Gewalt, die Liebe zu zerstören, die sie früher verbunden hatte? Wieso war ihm sein »harmloses Hobby« wichtiger als seine Frau und seine Kinder? Bedeuteten sie ihm nicht mehr als seine –
    In Windeseile war sie in der Garage. Der Müllsack, in den sie seine Bilder gestopft hatte, war verschwunden.
    Brad hatte seine wahre Liebe mitgenommen.

13
    Paris hatte im Sender ein eigenes Büro, in dem sie arbeitete, wenn sie nicht im Studio war. Obwohl »Büro« eine äußerst schmeichelhafte Bezeichnung für diese Abstellkammer war. Der Raum konnte mit keinerlei Annehmlichkeiten aufwarten, nicht einmal mit einem Fenster. Die Gipskartonwände waren vor Jahrzehnten in einem hässlichen Braunton gestrichen worden. Die schallisolierenden Deckenplatten hingen in der Mitte durch und waren von Generationen verschiedener Wasserflecken marmoriert. Ihr Schreibtisch war aus hässlichem, grauen Resopal, aus dessen Kanten Stücke geschlagen worden waren, wahrscheinlich von einem ihrer Vorgänger, den diese trostlose Umgebung in tiefe Depressionen gestürzt hatte.
    Nichts in diesem Büro gehörte ihr. Es gab keine gerahmten Diplome an der Wand, keine Poster, die wärmende Erinnerungen an vergangene Reisen weckten, keine offenherzigen Schnappschüsse von grinsenden Freunden, keine sorgsam inszenierten Familienporträts. In dem Raum gab es nichts Persönliches, und genauso wollte sie es haben. Bilder und Erinnerungsstücke forderten nur unerwünschte Fragen heraus.
    Wer ist das?
    Das ist Jack.
    Wer ist Jack? Ihr Mann?
    Nein, wir waren verlobt, aber nicht verheiratet.
    Warum? Wo ist Jack jetzt? Ist er der Grund dafür, dass Sie immerzu eine Sonnenbrille tragen? Ist er der Grund dafür, dass Sie allein arbeiten? Allein leben? Allein sind?
    Selbst freundlich gemeinte Nachfragen ihrer Kollegen konnten ihr das Herz brechen, deshalb beugte sie dem vor, indem sie ausschließlich auf beruflicher Ebene mit ihnen verkehrte und ihr Büro von allem freihielt, was einen Hinweis auf ihr Privatleben geben könnte.
    Trotzdem war das Büro keineswegs leer. Die unansehnliche
Oberfläche ihres Schreibtisches war mit Briefen überhäuft. Tag für Tag wurde säckeweise Post darauf abgeladen – Fanbriefe, Zuschauerquoten, Aktennotizen und die endlosen Ströme von Werbematerialien, mit denen die Musikindustrie ihre neuesten Werke unters Volk zu bringen versuchte. Weil es in der winzigen Kammer nicht einmal genug Platz für einen Aktenschrank gab, sortierte sie ihre Post so effizient aus wie nur möglich, aber es war ein Kampf gegen Windmühlen.
    Gleich nachdem sie die Musik für die heutige Sendung zusammengestellt und in die Playlist eingetragen hatte, hatte sie den Stapel mit der Korrespondenz in Angriff genommen. Eine Stunde hatte sie bereits daran gearbeitet, als Stan wie aus dem Nichts in der offenen Tür erschien. Er hatte seine Schmollmiene aufgesetzt. »Vielen herzlichen Dank, Paris.«
    Â»Wofür?«
    Er kam herein und schloss die Tür. »Rate mal, wer mich heute besuchen kam.«
    Â»Ich hasse Ratespiele.«
    Â»Zwei uniformierte Vertreter der hiesigen Ordnungsmacht.«
    Sie legte den Brieföffner beiseite und sah auf. »Polizisten?«
    Â»Und das habe ich dir zu verdanken.«
    Â»Sie waren bei dir zu Hause?« Sie war davon ausgegangen, dass Carson oder dieser diensteifrige Griggs nur angerufen hatten, um Stan ein paar offen gebliebene Fragen zu stellen.
    Er schob einen Stapel mit Umschlägen beiseite und ließ sich auf der Schreibtischecke nieder. »Sie haben mich regelrecht verhört und jede Antwort in ihren kleinen schwarzen Notizbüchern

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