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Rain Song

Rain Song

Titel: Rain Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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zu.
    »Wenn du Hilfe brauchst, Greg …«
    »Danke, Bill.« Greg eilte ins Freie und machte einen tiefen Atemzug.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Bill, der ihm nach draußen gefolgt war.
    »Ja, ich bin okay. Ich brauche nur ein bisschen frische Luft und zwei Minuten, um mich zu sammeln.«
    Hanna war aus ihrem Wagen gestiegen und Bill ging zu ihr.
    »Was ist mit Greg?«, fragte sie mit sorgenvoller Miene.
    »Er kommt gleich, er braucht nur ein paar Minuten«, sagte der Sheriff. Er sah Hanna an. »Es tut mir leid, dass alles so gekommen ist.«
    Sie nickte. »Ja, mir auch.«
    »Werden Sie jetzt abreisen?«
    Hanna schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Ich habe noch ein paar Tage Zeit bis zu meinem Rückflug. So lange werde ich hierbleiben, bei Greg.«
    »Greg Ahousat wird einmal ein sehr geachteter Mann sein«, sagte Bill. »Er kann mit seiner Kunst Veränderungen bewirken.«
    »Ich weiß.« Hanna lächelte müde. »Hat der Miniaturpfahl, den er für Sie gemacht hat, seinen Zweck erfüllt?«
    Bill nickte. Greg kam zu ihnen und der Sheriff verabschiedete sich.
    »Komm, lass uns zum Strandhaus fahren«, sagte Hanna und lehnte sich gegen seine Brust. »Wir brauchen beide dringend Schlaf.«
    Der Körper von Jim Kachook war schon zu stark skelettiert, als dass man hätte nachweisen können, ob er noch gelebt hatte, als sein Meister ihn unter dem Pfahl begrub. Einem Pfahl, der viel zu schwer war, als dass ihn ein einzelner Mann hätte aufstellen können.
    Jims Hände und Füße waren mit Stricken gefesselt gewesen. Was sich tatsächlich in jener Nacht abgespielt hatte, würde immer nur Vermutung bleiben. Es fand Raum in der Fantasie der Bewohner von Neah Bay. Noch nach vielen Jahren würde man sich die Geschichte von Jim Kachook, dem Holzschnitzer, erzählen, der ein Nachfahre von Sklaven war und es trotzdem zu großem Können gebracht hatte.
    Auf dem Friedhof von Neah Bay wurden Matthew Ahousats sterbliche Überreste in einem einfachen Holzsarg beerdigt. Das Grab lag neben dem seiner Frau Myrtel, Gregs Mutter. Aber auch Flora Echahis ruhte nicht weit, sie war von ihrer Familie bereits am Vortag beerdigt worden.
    Wie zum Trotz schien die Sonne, der Himmel war strahlend blau. Nur eine kleine Gruppe von Menschen begleitete den alten Meisterschnitzer zu seiner letzten Ruhestätte. Greg und Hanna, Polizeichef Oren Hunter, seine Frau Hildred und sein Neffe Joey. Sheriff Bill Lighthouse sowie Grace und Gertrude Allabush. Auch Annie und ihre Schwester Tomita waren gekommen, um Matthew Ahousat die letzte Ehre zu erweisen.
    Gregs Blick glitt über die kleine Gruppe, die dem Sarg folgte. Sie alle wussten, wie tief die Verwundungen waren, die man sich gegenseitig zugefügt hatte. Aber der Tod barg immer beides: ein Ende und einen neuen Anfang.
    Der Schamane, ein einfacher alter Mann in Cordhosen und Windjacke, den nur seine Amulette als den auswiesen, der er war, reinigte Matthews Seele in einer Zeremonie und übergab sie dem Meer.
    Greg hoffte, dass der Geist seines Vaters nun endlich jene Welt betrat, in der alle Menschen gleich waren. Er wünschte es sich sehr, denn dort würde Matthew Ahousat seinem Ziehsohn Jim wiederbegegnen. Vielleicht konnten sie einander verzeihen.
    Am offenen Grab des Meisterschnitzers unternahmen auch die Überlebenden erste zaghafte Versuche, einander zu verzeihen und neu anzufangen.
    Tomita Waata, Annies jüngere Schwester, stand neben Bill Lighthouse und er rückte so nah an sie heran, dass ihre Hände sich berührten. Tomita fasste nach Bills Hand und Greg sah den Sheriff erröten. Beinahe musste er lächeln.
    Als zwei Männer begannen, Erde auf den Sarg zu schaufeln, kam Grace auf Greg und Hanna zu. An der Hand zog sie Joey hinter sich her, der furchtbar mitgenommen wirkte.
    »Es tut uns leid, was passiert ist«, sagte Grace, denn Joey schien die Sprache verloren zu haben.
    »Danke, dass ihr gekommen seid«, sagte er.
    Grace und Hanna sahen sich einen Moment lang in die Augen und Greg glaubte, in ihren Blicken ein tief gehendes Verständnis füreinander zu erkennen. Schließlich lächelten beide und Hanna sagte: »Es freut mich sehr, dich kennenzulernen, Joey.«
    Annie kam zu ihnen herüber und Grace und Joey verabschiedeten sich.
    »Es tut mir leid, dass Jim tot ist«, sagte Annie zu Hanna, »und deine Tochter nun keinen Vater hat.«
    »Mir tut es auch leid, Annie«, sagte Hanna. »Ich hatte keine Ahnung, dass … Jim hat nie …« Sie suchte nach Worten, doch Greg zog sie sanft fort, ehe sie den

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