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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sie gehofft, seine Stimmung würde sich verbessern. Stattdessen hatte er die ersten Tage ihrer Reise in der Zurückgezogenheit seiner Kabine verbracht und behauptet, er sei seekrank. Sie glaubte ihm nicht, denn schließlich war er mit Hest so viel gereist, dass er inzwischen daran gewöhnt sein musste. Trotzdem hatte sie ihn in Ruhe gelassen und sich stattdessen daran gemacht, das Lebensschiff zu erkunden und seine Mannschaft kennenzulernen. Umso mehr freute sie sich, dass er heute zu ihr an Deck kam, und auch wenn seine Frage eher deprimiert als begeistert klang, war sie doch froh, dass er mit ihr sprach.
    »Es war das einzige Schiff, das Platz für zwei Passagiere hatte und zur rechten Zeit ablegte«, gestand sie.
    »Ah.« Er sinnierte einen Moment darüber. »Dann hast du also gelogen, als du Hest gesagt hast, dass du bereits eine Passage gebucht hattest?«
    Er klang gleichgültig und frei von Vorwurf, und dennoch trafen Alise seine Worte. Sie wich zurück, gab aber nicht auf. »Ich habe nicht gelogen, nicht ganz. Auch wenn ich die Karten noch nicht gekauft hatte, hatte ich die Pläne bereits gemacht.« Sie sah über das trübe graue Wasser hinweg. »Wenn ich ihm nicht gesagt hätte, dass ich bestimmt gehe, hätte er mal wieder keine Notiz von mir genommen. Oder mich davon abgebracht. Ich musste es tun, Sedric.« Sie wandte sich zu ihm um. Trotz seines verdrießlichen Gesichts machte er in seinem weißen Hemd und dem blauen Mantel eine gute Figur. Der Seewind ließ die Haare auf seiner Stirn tanzen. Sie lächelte ihn an und setzte in herzlichem Tonfall hinzu: »Es tut mir leid, dass du in den Streit zwischen mir und Hest hineingeraten bist. Ich weiß, dass du dir diese Reise nicht ausgesucht hast.«
    »Nein. Noch hätte ich dieses verhexte Schiff für die Reise gewählt.«
    »Verhextes Schiff? Das hier?«
    » Paragon? Schau mich nicht so an, Alise. In Bingtown kennt jeder dieses Lebensschiff und seinen Ruf. Schon – wie oft? – fünfmal ist er gekentert und hat seine gesamte Mannschaft getötet.« Sedric schüttelte den Kopf. »Und du buchst uns eine Passage auf ihm, um den Regenwildfluss hinaufzufahren.«
    Alise wandte sich von ihm ab. Plötzlich wurde sie sich der Reling bewusst, auf der ihre Hand ruhte. Sie war aus sogenanntem Hexenholz, genau wie die Planken des Schiffsrumpfs und die Galionsfigur. Paragon war ein erwachtes Lebensschiff, was bedeutete, dass er ein Bewusstsein hatte und über die Galionsfigur mit der Mannschaft, dem Frachtmeister und den Hafenarbeitern wie ein Mensch sprechen konnte. Alise hatte gehört, dass Lebensschiffe jedes Wort vernahmen, das an Bord gesprochen wurde. Wenn sie das leichte Beben des Holzes unter ihren Händen spürte, konnte sie sich gut vorstellen, dass das Schiff lebte. Deshalb sprach sie mit Überzeugung: »Das ist wohl wahr, aber bestimmt ist es keine fünfmal passiert. Und das war vor langer Zeit, Sedric. Nach allem, was ich gehört habe, hat sich das Schiff seither verändert und ist um einiges glücklicher.« Sie warf ihrem Gefährten einen flehenden Blick zu, der ihm bedeuten sollte, entweder zu schweigen oder das Thema zu wechseln. Sedric schob den Oberkörper zurück und sah sie mit hochgezogener Braue an. Darum setzte sie eilig hinzu: »Nach dem, was wir heute über das sogenannte Hexenholz wissen, kann ich ihm sein früheres Verhalten nicht verdenken. Im Gegenteil halte ich es sogar für ein Wunder, dass die Lebensschiffe sich so gut erholt haben, nachdem sie begriffen haben, was sie sind und wie sie geschaffen wurden. Was wir Händler ihnen angetan haben, ist unverzeihlich. An ihrer Stelle wäre ich wohl kaum so gnädig.«
    »Das verstehe ich nicht. Warum sollten sie uns grollen?«
    Augenblicklich fühlte sich Alise deutlich unwohler. Ihr war, als hielte sie Sedric um Paragons willen einen Vortrag. »Sedric! Die Regenwildleute, die die schlafenden Drachen in ihren Hüllen, die man oft fälschlicherweise als Kokons bezeichnet, gefunden haben, hatten keine Ahnung, was sie da entdeckt hatten. Sie glaubten, sie hätten gewaltige Klötze extrem abgelagerten Holzes vor sich, das einzige Holz, dem das saure Wasser des Regenflusses nichts anhaben konnte. Deshalb haben sie die Klötze zu Planken zersägt und Schiffe aus ihnen gebaut. Und wenn sie in diesen Klötzen etwas fanden, was eindeutig kein Holz war, haben sie es weggeworfen. Die unfertigen Drachen wurden ihrer Hüllen beraubt und auf den Müll gekippt, und da sind sie dann gestorben.«
    »Aber die waren doch

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