Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
bestimmt schon vorher tot, wenn sie so lange in der Kälte und im Dunkeln gewesen waren.«
    »Tintaglia war nicht tot. Sie hat lediglich ein bisschen Wärme und Sonnenlicht gebraucht, um zu schlüpfen.« Alise hielt inne. Unversehens hatte sie einen Kloß im Hals. Und als sie weitersprach, war ihre Stimme voll von tief empfundenem Bedauern: »Wenn wir es nur früher begriffen hätten, gäbe es schon längst wieder Drachen in der Welt! Doch stattdessen haben wir sie ihrer wahren Gestalt beraubt, ihr Fleisch zu Brettern zersägt und daraus Schiffe gebaut. Durch den Kontakt mit Sonnenlicht und Geistern, die ihnen ähnlich waren, durchliefen sie eine Verwandlung. Schließlich erwachten sie, aber nicht als Drachen, sondern als Schiffe.« Erschüttert über das, was die Menschen in ihrer Unwissenheit getan hatten, verfiel sie in Schweigen.
    »Alise, meine alte Freundin, ich glaube, du quälst dich unnötigerweise.« Auch wenn Sedric eher freundlich als herablassend mit ihr sprach, spürte sie doch, dass er vor allem von ihrer Reaktion verblüfft war, als dass er von Mitleid mit den misshandelten Drachen erfüllt gewesen wäre. Das überraschte sie. Sonst war er so einfühlsam, dass ihr sein Mangel an Mitgefühl für die Lebensschiffe und die Drachen ein Rätsel war.
    »Gnädige Frau?«
    Der Mann hatte sich so leise von hinten genähert, dass sie beim Klang seiner Stimme einen Satz machte. Dann wandte sie sich zu dem jungen Decksgehilfen um. »Hallo, Clef. Brauchst du etwas?«
    Clef nickte und warf darauf den Kopf zurück, um sich die sandfarbenen, von der Sonne gebleichten Haare aus den Augen zu schütteln. »Ja, gnädige Frau. Aber nicht ich, um genau zu sein. Sondern das Schiff, Paragon . Er würde gern mit Euch sprechen, sagt er.«
    Er hatte einen leichten Akzent, den sie nicht zuordnen konnte. Und während ihrer Zeit auf dem Schiff hatte sie noch nicht herausgefunden, welchen Rang Clef nun eigentlich bekleidete. Zwar hatte man ihn ihr als Decksgehilfe vorgestellt, aber die Mannschaft behandelte ihn eher wie den Sohn des Kapitäns. Kapitän Trells Frau, Althea, allerdings kommandierte ihn erbarmungslos und mit besonderer Hingabe herum, und der kleine Sohn des Kapitäns, der wild und leichtsinnig auf dem Deck und in der Takelage herumturnte, betrachtete Clef als großes, bewegliches Spielzeug. Aus diesen Gründen lächelte Alise ihn nun etwas herzlicher an, als es sich gegenüber einem gewöhnlichen Dienstboten ziemte, und fragte: »Du sagst, das Schiff möchte mit mir sprechen? Meinst du damit die Galionsfigur?«
    Kurz überschattete Ärger Clefs Gesicht, war aber gleich wieder verschwunden. »Das Schiff, gnädige Frau. Paragon hat mich gebeten, nach achtern zu gehen, Euch zu suchen und Euch einzuladen, mitzukommen und mit ihm zu sprechen.«
    Sedric hatte sich umgedreht und lehnte nun mit dem Rücken an der Reling. »Die Galionsfigur will mit einem Passagier reden? Ist das nicht ein bisschen ungewöhnlich?« Er klang freundlich und belustigt und zeigte das Grinsen, mit dem er die Menschen normalerweise für sich einnahm.
    Obwohl Clef höflich blieb, verbarg er seine Gereiztheit nicht. »Nein, mein Herr, überhaupt nicht. Die meisten Passagiere eines Lebensschiffs nehmen sich, wenn sie an Bord kommen, ein wenig Zeit, um das Schiff zu begrüßen. Und manche plaudern sogar gerne mit ihm. Fast alle, die schon ein- oder zweimal mit uns gereist sind, betrachten Paragon genauso als einen Freund wie Kapitän Trell oder Althea.«
    »Aber mir wurde immer erzählt, dass Paragon ein bisschen … nun ja, vielleicht nicht gerade so gefährlich wie einst ist, aber … auf jeden Fall etwas eigentümlich.« Sedric lächelte, doch bei dem jungen Bootsmann konnte er mit seinem Charme nichts ausrichten.
    »Und? Sind wir das nicht alle?«, brummte Clef giftig, worauf er sich aufrichtete und direkt an Alise wandte. »Gnädige Frau, Paragon hat Euch eingeladen, zu ihm zu kommen und mit ihm zu sprechen. Wenn Ihr wünscht, sage ich ihm, dass Ihr nicht wollt.« Doch das Angebot kam nicht von Herzen.
    »Aber ich unterhalte mich doch liebend gern mit ihm!«, beteuerte sie. Die Freude und Begeisterung brauchte sie nicht zu spielen. »Ich will mit ihm sprechen, seit ich an Bord gegangen bin, aber ich wollte nicht anmaßend sein und der Mannschaft in die Quere kommen. Ich gehe gleich jetzt hin, wenn ich darf! Sedric, wenn es dir unangenehm ist, musst du mich nicht begleiten. Clef macht es bestimmt nichts aus, mich hinzubringen.«
    »Nicht im

Weitere Kostenlose Bücher