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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Eurer jetzigen Gestalt dürften Eure Erinnerungen noch intakt sein.« Von einer ungestümen Hoffnung erfüllt, umklammerte sie die Reling. »Oh, Paragon , würdet Ihr mir von ihnen erzählen? Für mich als Drachenforscherin wäre es eine großartige Gelegenheit, Wissen aus erster Hand zu erhalten! Allein die Tatsache, dass Drachen auf die Erfahrungen ihrer früheren Leben zurückgreifen können, ist für uns Menschen kaum vorstellbar. Ich würde so furchtbar gern hören, was immer Ihr mir zu erzählen wünscht, und alles aufzeichnen, woran Ihr Euch erinnert. Ein solches Gespräch schon würde meine Reise lohnenswert machen! Oh, bitte, sagt mir, dass Ihr es tun werdet!«
    Ihren Worten folgte gespannte Stille. »Alise«, sagte Sedric. »Ich glaube, du solltest von der Reling zurücktreten.«
    Doch sie klammerte sich weiterhin an das Geländer, obwohl auch sie das Unbehagen spürte, das durch das Schiff lief. Auf einmal glitt es nicht mehr so geschmeidig über das Wasser, und die Planken unter ihren Füßen zitterten leicht. Gewiss bildete sie sich nur ein, dass auch der Wind aufgefrischt hatte? In die brausende Stille drang Paragons Stimme.
    »Ich habe beschlossen, mich nicht zu erinnern«, sagte er. Alise kam sich vor, als brächen seine Worte einen Bann. Plötzlich kehrten Geräusche und Leben wieder in die Welt zurück. Auch der Klang von Stiefeltritten hinter ihr, und eine Frauenstimme, die ohne Umschweife verkündete: »Ich fürchte, Ihr bringt mein Schiff durcheinander. Ich muss Euch bitten, das Vorderdeck zu verlassen.«
    »Sie stört mich nicht, Althea«, schaltete sich Paragon ein, während Alise sich zu der Frau des Kapitäns umdrehte. Als sie an Bord gekommen war, hatte Alise die Frau kennengelernt und seither einige Male mit ihr gesprochen. Dennoch hatte sie für Alise etwas Beunruhigendes an sich. Sie war klein und hatte ihr schwarzes Haar zu einem langen Pferdeschwanz zusammengebunden. Und sie trug Seemannskleidung. Zwar war diese tadellos geschnitten und aus guten Stoffen genäht, doch blieb sie trotz allem eine Frau in Hosen und Jacke. Eine weniger weibliche Tracht konnte Alise sich gar nicht vorstellen, und doch betonte gerade die Unangemessenheit ihren weiblichen Körperbau. Althea hatte dunkle Augen, mit denen sie Alise verärgert oder beunruhigt anfunkelte. Sie wich einen Schritt zurück und legte ihre Hand auf Sedrics Arm. Gleichzeitig drehte der sich so, dass er beinahe zwischen den beiden Frauen stand, und sagte: »Ich bin sicher, dass die Dame keine bösen Absichten hatte. Das Schiff hat uns gebeten, herzukommen und mit ihm zu sprechen.«
    »Genauso war es«, bestätigte Paragon . Über die Schulter sah er zu ihnen auf. »Es ist nichts passiert, Althea, du kannst beruhigt sein. Wir sprachen über Drachen, und da hat sie mich natürlich gefragt, welche Erinnerungen ich habe. Und ich klärte sie über meinen Beschluss auf, mich nicht zu erinnern.«
    »Ach, Schiff«, sagte die Frau, und Alise hatte plötzlich den Eindruck, als existiere sie gar nicht mehr. Althea Trell trat vor und nahm ihre Stelle am Bug ein. Sie lehnte sich gegen die Reling und starrte weit flussaufwärts, als teile sie die Gedanken des Schiffes.
    »Par’gon!«, kreischte hinter ihnen auf einmal eine Kinderstimme. Alise wandte sich um und sah einen kleinen Jungen von drei oder vier Jahren aufs Vorderdeck klettern. Seine nackten Arme und Beine waren von der Sonne braun gebrannt. Er rannte ein Stück, ließ sich auf alle viere fallen und schob den Kopf unter der Reling hindurch. Keuchend schnappte Alise nach Luft, da sie fürchtete, er würde im nächsten Moment vornüber ins Wasser fallen. Stattdessen verlangte er schrill nach der Aufmerksamkeit des Schiffes. »Par’gon? Alles klar?« Sorge schwang in seiner kindlichen Stimme.
    Die Galionsfigur drehte ihm den Kopf zu. Paragons Mund kräuselte sich eigenartig. Dann lächelte er plötzlich, wodurch sein Gesicht kaum wiederzuerkennen war. »Mit mir ist alles in Ordnung.«
    »Fang mich!«, befahl der Junge, und noch bevor sich seine Mutter zu ihm umwenden konnte, warf er sich in die ausgestreckten Arme der Galionsfigur. »Lass mich fliegen!«, verlangte der Kleine. »Lass mich fliegen wie einen Drachen!«
    Ohne Widerrede gehorchte Paragon . Er nahm das Kind mit seinen riesigen Pranken und hielt ihn in die Höhe. Kein bisschen ängstlich überließ sich der Junge Paragons kräftigen Händen und streckte die Arme wie Flügel aus. Sachte ließ der Schiffsgeist das Kind von links nach

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