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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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freundlicherem Tonfall sagte der Kapitän: »Nun ja, das überrascht mich nicht. Bei jedem unserer Besuche in Trehaug haben wir besorgniserregende Neuigkeiten über die Schlüpflinge vernommen. Ich glaube, das belastet ihn schwer. Wir ermuntern Paragon , sich nicht mit Dingen zu beschäftigen, die ihn beunruhigen.«
    »Ich verstehe«, gab Alise kraftlos zurück. Sie wünschte sich, das Gespräch wäre zu Ende. Sie war nicht gut darin, Fremden die Stirn zu bieten, wie ihr plötzlich klar wurde. Sie schaffte es ja schon kaum bei ihrem Ehemann. Alleine und außerhalb ihres behaglichen Heims allerdings hatte sie das Gefühl, gleich bei der ersten Herausforderung versagt zu haben. Wenn sie auch dankbar für Sedrics Unterstützung war, so schämte sie sich ihrer Dankbarkeit doch.
    »Ihr solltet Eure Passagiere warnen, bevor sie in solche Situationen geraten«, sagte Sedric nachdrücklich. »Euer Schiffsgeist ist ja nicht der Einzige, der sich beunruhigt fühlen könnte. Keiner von uns hat das Gespräch mit ihm gesucht. Im Gegenteil, er ließ uns rufen.«
    »Das habt Ihr bereits gesagt«, erwiderte Kapitän Trell, und sein Tonfall machte deutlich, dass ihm bald der Geduldsfaden reißen würde. »Vielleicht erinnert Ihr Euch daran, dass man Euch in Kenntnis gesetzt hat, dass wir selten Passagiere befördern, sondern meist nur Fracht. Normalerweise nehmen wir nur Familienmitglieder oder Freunde mit, und diese wissen um Paragons Eigenheiten. Ich dagegen kann mich sehr wohl erinnern, dass Kauffrau Finbok trotz allem darauf beharrt hat, sofort eine Passage zu buchen.«
    Alise umfasste Sedrics Arm fester. Sie wollte nur noch in ihre kleine Kabine zurückkehren. Die Vision, die sie von sich selbst hatte, verblasste bereits – sie war eben doch keine unerschrockene Forscherin, die sich ganz neuen Erfahrungen stellt und Wissen aus erster Hand über die Drachen zusammenträgt. Wäre Sedric nicht bei ihr gewesen, wäre sie bestimmt schon geflüchtet. Oder schlimmer noch: Sie wäre in Tränen ausgebrochen. Beim Gedanken daran brannte es ihr in den Augen. Nein. Oh, nein, bitte nicht jetzt.
    Vielleicht verlieh ihr die Vorstellung, vor Fremden die Fassung zu verlieren, schließlich doch den nötigen Mut. Sie holte tief Luft, straffte die Schultern und gab sich so zuversichtlich, wie sie gerne gewesen wäre. »Schlüpflinge«, sagte sie zaghaft. Dann versuchte sie, ihre Stimme zu beherrschen und kraftvoller zu sprechen. Selbst ein Lächeln zwang sie sich aufs Gesicht. »Es tut mir leid, dass ich Euer Schiff beunruhigt habe, mein Herr. Aber ich wäre äußerst interessiert an allen Informationen, die Ihr mir über die ›Schlüpflinge‹, wie Ihr sie nennt, geben könnt. Paragon meinte, dass ich sie nicht für Drachen halten sollte. Diese Bemerkung finde ich verwunderlich. Könnt Ihr mir erklären, was er damit sagen wollte? Habt Ihr sie gesehen? Was für einen Eindruck hattet Ihr von ihnen?« Sie türmte Fragen vor sich auf wie einen Schutzwall.
    »Ich habe sie nicht gesehen«, gab der Kapitän zurück.
    »Ich schon«, warf seine Frau mit leiser Stimme ein. Dann drehte sie sich um und ging davon. Als Alise ihr verwundert nachsah, wandte Althea sich um und bedeutete ihr mit einem Wink zu folgen. Sie führte die Passagiere zur Kapitänsunterkunft, bat sie einzutreten und schloss die Tür hinter sich.
    »Wollt Ihr Euch setzen?«, fragte sie.
    Alise nickte wortlos. Die plötzliche Gastfreundschaft war verwirrend, aber auch willkommen. Ein geschlossener Raum war für sie eine vertrautere Umgebung als das offene Schiffsdeck. Augenblicklich fühlte sie sich wohler. Die Kabine war nicht groß, aber eindrucksvoll. Die Möblierung war sehr zweckmäßig und einfach gehalten, und dennoch war jeder Einrichtungsgegenstand von hervorragender Beschaffenheit. Blinkendes Messing und schimmerndes Holz schmeichelten dem Auge. Ein Kartentisch, den eine mehrfarbige Intarsie in Form einer Kompassrose zierte, beherrschte den Raum. In einer Ecke des vertäfelten Zimmers stand ein Bett, das mit schweren Damastvorhängen abgetrennt war. Im ganzen Zimmer verteilt standen kleine Gegenstände, die offenbar von den Elderlingen stammten. In der Nähe des Fensters schwebten Fische an einem kleinen Mobile. Sie schienen in dem hereinfallenden Licht zu schwimmen und veränderten ständig ihre Farbe. In der Tischmitte stand eine dicke grüne Kanne mit einem blitzenden Kupferausguss. Alise kam sich vor, als wäre sie ins Empfangszimmer eines reichen Einwohners von Bingtown

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