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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sein Notizbuch oder ein frisches Hemd zu holen, verspürte sie einen angenehmen Nervenkitzel.
    Langsam, aber stetig fuhr der Kahn flussaufwärts und hielt sich dabei im flacheren Ufergewässer, wo die Strömung weniger stark war. Manchmal griffen die Matrosen zu den Rudern, manchmal benutzten sie die Stocherstangen. Ihr schien es oft wie Zauberei, dass das breite, schwere Schiff sich so mühelos gegen die Strömung behauptete. Am ersten Morgen hatte der Kapitän ihr einen Stuhl auf das Deckshausdach gestellt, damit sie sich während der Reise umschauen und -hören konnte. Zuweilen hatte sich Sedric zu ihr gesellt, und seine Anwesenheit hatte sie sehr gefreut. Doch Kapitän Leftrin hatte sich deutlich länger bei ihr aufgehalten als Sedric.
    Er wusste unzählige Geschichten über den Fluss und die Schiffe, die ihn befuhren. Durch seine Erzählungen hatte sie einen neuen Eindruck von der Geschichte der Regenwildnis bekommen, und sie bildete sich ein, das Selbstverständnis der Regenwildhändler nun besser zu begreifen. Sie hatte inzwischen Gefallen an der pittoresken Mannschaft gefunden, bis hin zu dem anhänglichen Kater Grigsby. Obwohl sie selbst nie eine Katze besessen hatte, freundete sie sich schnell mit dem Tier an. Sie fragte sich, was Hest dazu sagen würde, wenn sie sich ein solches Haustier wünschen würde. Doch dann beschloss sie, ihn gar nicht erst zu bitten, sondern sich kurzerhand eine Katze zu kaufen. Ganz einfach. Es erschien ihr seltsam, dass ihr das rauere Leben hier das Gefühl verlieh, stärker über ihr Schicksal bestimmen und eigenständige Entscheidungen treffen zu können.
    Deshalb gefiel ihr Leftrins Vorschlag, noch eine Nacht an Bord Teermanns zu bleiben. Sedric hatte geseufzt und mit den Augen gerollt, doch sie hatte über seinen trübseligen Gesichtsausdruck gelacht. »Gönne mir dieses Abenteuer, solange es mir möglich ist, Sedric. Bald, viel zu bald für mich, wird es wieder vorbei sein. Dann werden wir beide wieder zurück in Bingtown sein, und dann werde ich zweifellos für den Rest meines Lebens nichts anderes als weiche Betten, warme Mahlzeiten und heiße Bäder haben. Aber kaum etwas Aufregenderes.«
    »Gewiss führt eine vornehme Dame wie Ihr kein langweiliges und gesetztes Leben«, hatte Kapitän Leftrin ausgerufen.
    »O doch, ich fürchte, das tue ich, mein Herr. Ich bin Wissenschaftlerin, Kapitän Leftrin. Den Großteil meiner Tage verbringe ich an meinem Schreibtisch mit Lesen, dem Übersetzen alter Schriftrollen und dem Versuch, dem Gelesenen einen Sinn zu entringen. Die Gelegenheit, mit echten Drachen zu reden, hätte das einzig Wirkliche meines Lebens sein sollen. Aber nach dem, was Kapitän Trell und seine Frau mir erzählt haben, fürchte ich, dass es weit weniger lohnend ausfallen wird, als ich mir erhofft habe. Aber warum lacht Ihr? Macht Ihr Euch lustig über mich?«
    Kapitän Leftrin war bei ihren Worten in schallendes Gelächter ausgebrochen. »Oh, nicht über Euch, meine Liebe, das kann ich Euch versichern. Die Vorstellung, Althea Vestrit als ›Kapitän Trells Frau‹ abzutun, ist ungeheuer komisch für mich. Sie ist mindestens genauso so sehr Kapitän wie Trell. Nicht, dass Paragon heutzutage überhaupt noch einen Kapitän nötig hätte. Wenn es ein Lebensschiff gibt, das über sich selbst bestimmen möchte, dann ist es Paragon !«
    Sedric unterbrach die Unterhaltung. »Hier muss es doch irgendeine Unterkunft geben? Und sei sie auch noch so bescheiden.«
    »Keine, die meiner Meinung nach einer Dame geziemen würde. Nein, Sedric, mein Freund, ich fürchte, Ihr müsst meine Gastfreundschaft eine weitere Nacht über Euch ergehen lassen. Wenn Ihr mich einen Moment entschuldigen würdet, ich muss mit meinem Steuermann sprechen. Unmittelbar vor Cassarick ist der Fluss schwer befahrbar. Dort haben sie damals die Stufen gebaut, um den Seeschlangen bei ihrer Wanderung flussaufwärts zu helfen. Den armen Kreaturen haben sie nicht viel gebracht, aber seither machen sie das Navigieren zu einer wahren Herausforderung.« Und mit diesen Worten löste er sich von der Reling und stieg zum Deck hinab. Schnell war er in der Dunkelheit verschwunden.
    Alise sah zu den näher rückenden Lichtern Cassaricks auf. »Ich kann es kaum erwarten, von diesem stinkenden Kahn herunterzukommen«, sagte Sedric leise und giftig.
    Sein galliger Tonfall erschreckte sie. »Verabscheust du es wirklich so sehr?«
    »Man ist hier nie für sich, das Essen ist primitiv, die Gesellschaft gerade einmal eine

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