Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
gezeichnet war, zeigte er es jedenfalls nicht. Heute Morgen schien es beinahe so, als wolle er mit seinen Schuppen angeben.
    Ihre Gedanken wanderten zu dem Abend zurück, als sie Tats vergrault hatte. Greft wollte seine eigenen Regeln aufstellen, hatte er gesagt. Und damit hatte er bereits begonnen. Sie war überrascht, wie leicht es ihm gefallen war, sich zum Anführer ihrer Gruppe aufzuschwingen. Dafür brauchte er nichts weiter zu tun, als sich einfach so zu benehmen, als hätte er das Sagen. Die Jüngeren hatten es ihm sofort abgekauft. Nur wenige konnten sich seiner Ausstrahlung entziehen, und zu denen gehörte Tats. Thymara vermutete, dass er selbst eine Art Anführer geworden wäre, wenn Greft nicht sofort zugeschlagen und Tats als Außenseiter gebrandmarkt hätte. Wahrscheinlich war Tats dies auch klar. Jerd betrachtete Greft ebenfalls mit Argwohn oder doch zumindest mit Zurückhaltung. Das liegt daran, dass wir Frauen sind, dachte Thymara. An der Art, wie er uns mustert, als würde er uns abschätzen. Diesen Blick hatte sie sogar bei ihm entdeckt, als er Sylve zum ersten Mal gesehen hatte. Sie hatte geradezu mitansehen können, wie er das Mädchen dann als zu jung abgetan hatte.
    Auf gewisse Weise war es schmeichelhaft, aber auch ein bisschen unheimlich, dass und auf welche Weise Greft Thymara ansah. Als könne er ihre Gedanken lesen oder ihre Blicke spüren, wandte er sich nun zu ihr um. Sie senkte den Blick, doch es war zu spät. Er wusste, dass sie ihn angestarrt hatte. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie er sich streckte und die Schultern kreisen ließ und sie dabei angrinste. Bevor Greft sie in ein Gespräch verwickeln konnte, sagte sie zu Rapskal: »Bist du wach? Wir brechen heute auf unsere Reise auf.«
    »Ich bin wach«, gab der Junge zurück. »Aber wieso müssen wir so früh aufbrechen? Die Drachen mögen es bestimmt nicht, wenn sie sich bewegen sollen, bevor es warm geworden ist.«
    Greft kam ihr mit der Antwort zuvor. »Weil es die braven Leute in Cassarick kaum erwarten können, dass wir von hier weg sind. Sobald die Drachen das Feld geräumt haben, werden sie hier Landestege bauen. Wahrscheinlich reparieren sie auch die Flussstufen, die sie für die Seeschlangen gebaut haben, oder sie vergrößern sie. Wenn sie das vernünftig machen, können auch größere Schiffe von Trehaug hierher gelangen. Vermehrter Schiffsverkehr würde bedeuten, dass sie aus den Schätzen, die sie aus der alten Stadt bergen, leichter Profit schlagen können. Und wenn die Drachen erst einmal weg sind, fühlen sie sich hier sicherer, und sie werden tiefer buddeln und auch am Ufer graben. Um deine Frage zu beantworten, Rapskal, es geht um Geld. Je früher wir die Drachen von hier wegbringen, desto eher brauchen die Händler sie nicht mehr durchzufüttern und können damit anfangen, Geld aus der verschütteten Stadt herauszuschlagen.«
    Daraufhin runzelte Rapskal die Stirn und zog einen leichten Schmollmund, was bei ihm ein Zeichen war, dass er angestrengt überlegte. »Aber … warum müssen sie uns deshalb so früh wecken? Macht ein Vormittag denn einen so großen Unterschied?«
    Greft schüttelte den Kopf, grummelte irgendeine Unhöflichkeit und wandte sich von dem Jungen ab. Rapskal wirkte leicht gekränkt, und für einen Moment empfand Thymara heftige Abneigung für Greft. Das Gefühl war so stark, dass sie erschrak.
    »Lass uns etwas essen, bevor wir aufbrechen müssen«, schlug sie eilig vor. »Heute werden sie die Drachen zum letzten Mal für uns füttern. Ab morgen müssen wir für sie sorgen. Und hoffen, dass sie auch selbst ein bisschen für sich sorgen können.«
    Bei ihren Worten hellten sich Rapskals Züge auf. Es brauchte nicht viel, um ihn glücklich zu machen. Sie brauchte noch nicht einmal nett zu ihm zu sein, es reichte, wenn sie nicht gemein war. Sie wollte nicht der Frage nachgehen, was für eine Kindheit er wohl erlebt hatte, wenn Gleichgültigkeit für ihn bereits Freundschaft bedeutete. Mit einem Seufzer fing sie an, ihre Decke einzurollen. Natürlich sprang Rapskal auch schon auf gleichgültige Bemerkungen an. Dass sie überhaupt das Wort an ihn gerichtet hatte, konnte bedeuten, dass er den ganzen Tag nicht von ihrer Seite wich und ununterbrochen quasselte.
    »Ich habe mich schon gefragt, wie wir die Drachen füttern sollen. Ich glaube, die Drachen finden selbst auch ein bisschen etwas zum Fressen. Aas müssten sie eigentlich finden können, und vielleicht auch ein paar große Fische. Oder

Weitere Kostenlose Bücher