Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
ernähren.
    Thymara gähnte. Die Politik des Regenwildkonzils und die Drachen würden sie und ihr Leben niemals tangieren. Zwar hatte ihr Vater ihr eingeschärft, dass sie diesen Dingen dennoch Beachtung schenken sollte, aber weshalb sollte sie sich für Vorgänge interessieren, bei denen sie niemals würde mitreden können. Ihr Leben verlief in völlig anderen Bahnen. Was die Zukunft anging, war ihr nur allzu klar, dass sie sich auf niemanden außer sich selbst verlassen konnte.
    Sie schaute auf die Drachen hinab, und plötzlich wurde ihr mulmig. Ihr Vater hatte recht gehabt. Und Rogon ebenfalls. Dort unten starben junge Drachen. Obwohl ihre Artgenossen sie nicht töteten, scharten sie sich doch um die Dahinscheidenden und warteten ungeduldig auf das letzte Zucken. So viele, dachte sie. So viele der geschlüpften Drachen waren nicht fähig, unter den harten Bedingungen der Regenwildnis zu überleben. Was war nur schiefgegangen? Hatte Rogon etwa recht?
    Wieder stürzte Tintaglia für einen kurzen Besuch aus dem Himmel herab. Ein neuerlicher Kadaver plumpste zu Boden und verfehlte die jungen Drachen nur knapp, die sich bei Tintaglias Nahen versammelt hatten. Thymara erkannte das Tier nicht, das die Drachin erlegt hatte. Es war größer als jedes Reh, das sie jemals gesehen hatte, rundlich und mit rauem Fell. Bevor die Jungdrachen ihr die Sicht verstellten, erhaschte Thymara kurz einen Blick auf einen dicken Lauf mit gespaltener Klaue. Sie glaubte nicht, dass es sich um ein Reh handelte, auch wenn sie bisher nur selten Rehe gesehen hatte. Die Grasbüschel, die den sumpfigen Waldboden der Regenwildnis überzogen, waren keine geeignete Heimstätte für Rehe. Um diese Tiere zu jagen, musste man tagelang reisen, bis man zu den Ausläufern der Vorgebirge gelangte, die das breite Flusstal begrenzten, und nur ein Narr wanderte so weit weg von zu Hause. Für die Reise dorthin musste man sich mit reichlich Proviant eindecken, und auf dem Rückweg lebte man von der Jagdbeute. Oft blieb bei der Rückkunft nur sehr wenig Fleisch übrig. Oder es war schon halb verdorben, und der Jäger hätte besser daran getan, in der Nähe zu bleiben und ein Dutzend Vögel oder eine fette Bodeneidechse zu schießen. Das Tier, das Tintaglia hatte fallen lassen, besaß eine glänzende schwarze Haut, große Fleischhöcker auf den Schultern und weit ausladende, geschwungene Hörner. Eben fragte sie sich, wie man dieses Tier wohl nannte, als sie die Gedanken der Drachen aufschnappte: Fressen!
    Gegen ihren Willen lenkte Rogons wütender Tonfall ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch der beiden Männer zurück. »Ich sage lediglich, dass diese Kreaturen eine Gefahr für uns werden, wenn sie sich nicht innerhalb des nächsten Jahres aufrappeln, fliegen und jagen lernen oder sterben, Jerup. Abmachung hin oder her, wir tragen keine Verantwortung für sie. Jedes Wesen, das sich nicht selbst ernähren kann, hat nicht verdient zu leben.«
    »Das war nicht die Abmachung, die wir mit Tintaglia getroffen haben, Rogon. Wir haben nicht um das Recht gefeilscht, entscheiden zu dürfen, ob diese Kreaturen leben oder sterben. Wir haben zugesagt, dass wir sie beschützen. Als Gegenleistung beschützt Tintaglia die Flussmündung vor chalcedanischen Schiffen. Wenn du mich fragst, täten wir gut daran, uns an unseren Teil der Abmachung zu halten und diesen Jungdrachen eine Chance zu geben, groß zu werden und zu überleben.«
    »Eine Chance.« Rogon schürzte die Lippen. »Du hast den Dingen schon immer zu viele Chancen gegeben, Jerup. Das wird eines Tages noch dein Tod sein. Hätte dich heute fast das Leben gekostet! Hat diese Missgeburt etwa daran gedacht, dir eine Chance zu geben? Nein. Und wir wollen gar nicht erst davon reden, welchen Gefallen du dir vor elf Jahren getan hast, als du einem anderen Ding die Chance zu leben gegeben hast.«
    »Nein. Das wollen wir tatsächlich nicht«, pflichtete Jerup ihm brüsk bei, auch wenn er überhaupt nicht beipflichtend klang.
    Thymara zog die Schultern nach oben und wünschte, sie könnte sich ganz klein machen oder die Farbe der Rinde annehmen, wie es einige der Baumeidechsen konnten. Rogon hatte von ihr gesprochen. Und zwar laut und deutlich, damit sie es auf jeden Fall hörte. Sie hätte ihn nicht ansprechen dürfen, und ihr Vater hätte nicht versuchen sollen, ihn dazu zu zwingen, Notiz von ihr zu nehmen. Tarnung war stets besser als Kampf.
    Trotz der harten Worte, die er über sie geäußert hatte, war Rogon doch

Weitere Kostenlose Bücher