Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter
noch einmal, aber macht Euren Mund dabei weiter auf. Schürzt die Lippen.«
Es war Hänselei, dessen war sich Sedric inzwischen sicher. Hastig sagte er: »Mir ist kalt. Ich gehe wieder in die Halle der Händler.«
Doch als er an Hest vorbeiwollte, streckte dieser die Hand aus und packte Sedrics linke Schulter. Er zog ihn ungestüm zu sich heran und wirbelte ihn herum, sodass Sedric, der kleiner als Hest war, beinahe mit ihm zusammengestoßen wäre. »Sagt es noch einmal«, drängte ihn der Händler. »Egal in welcher Sprache. Sagt: ›Bitte, Herr, was möchtet Ihr gerne‹?«
Durch die zeremonielle Händlertracht, die Sedric des Anlasses wegen angezogen hatte, gruben sich ihm Hests Finger in die Schulter. Er versuchte, sich herauszuwinden. »Lasst mich los! Was wollt Ihr?«, fragte Sedric. Doch statt einer Erwiderung ergriff Hest nun auch seine rechte Schulter. Unvermittelt riss er daran, sodass Sedric beinahe umgefallen wäre. Und dann fand er sich plötzlich Brust an Brust mit Hest wieder, der andere sah ihm direkt in die Augen.
»Was ich will? Hm. Nicht ganz dasselbe wie die Frage, was ich gerne möchte, aber na gut. Ihr solltet Euch fragen, was Ihr selbst wollt, Sedric. Ich frage mich, ob Ihr jemals gewagt habt, Euch diese Frage zu stellen, geschweige denn, sie zu beantworten. Denn mir scheint die Antwort ziemlich eindeutig zu sein. Ihr wollt dies.« Mit einer Hand packte er den Kragen von Sedrics Robe, und mit der anderen griff er ihm ins Haar. Dann beugte Hest den Kopf. Ungestüm drückte er seine Lippen auf Sedrics Mund und machte damit Bewegungen, als wolle er ihn verschlingen. Dabei zog er ihn näher zu sich heran. Sedric war zu verblüfft, um sich zu wehren, selbst dann noch, als Hest ihn in eine enge Umarmung zog. Plötzlich wurde ihm ganz heiß, und er war von einer Lust erfüllt, die er weder verbergen noch unterdrücken konnte. Hests Mund schmeckte nach Alkohol, und als Sedric seinem Kuss ausweichen wollte, schabte Hests rasierte Wange an seiner entlang. Keuchend schnappte Sedric nach Luft, denn er fühlte sich erdrückt von Hests Lippen und der Erkenntnis, wie sehr er nach ihnen verlangte. Er legte die Hände auf Hests Brust, fand aber nicht die Kraft, ihn von sich zu stoßen. Hest hielt ihn mühelos fest. Sedrics klägliche Versuche, sich zu wehren, amüsierten ihn, und sein Kichern übertrug sich als sanftes Beben von seiner Brust auf Sedric. Endlich entließ er Sedric aus dem Kuss, nicht aber aus der Umarmung, und flüsterte ihm ins Ohr: »Keine Sorge. Wehre dich, so viel du willst oder für notwendig hältst. Ich lasse dich nicht gewinnen. Dir wird widerfahren, was du dir immer erträumt hast. Jemand muss dich nur mal mit starker Hand anfassen.«
»Lasst mich los, Herr! Seid Ihr verrückt oder betrunken?« Sedrics Stimme schlingerte unsicher. Der Wind frischte auf, aber er merkte es nicht.
Hest fesselte ihm den Arm an den Leib und hob ihn in die Höhe. Er war größer und stärker als Sedric, und obwohl sich dessen Zehen nicht ganz vom Boden lösten, machte Hest doch deutlich, wozu er in der Lage war. Er presste sich an ihn und sagte mit zusammengebissenen Zähnen: »Weder verrückt noch betrunken. Nur ehrlicher als du. Ich brauche dich nicht zu fragen: ›Was möchtet Ihr, mein Herr?‹ Denn das stand dir überdeutlich ins Gesicht geschrieben, als du das Brautpaar angestarrt hast. Du hast dich nicht nach der Braut verzehrt, sondern nach Prittus. Tja, wer würde das nicht tun? Was für ein hübscher Kerl! Aber du wirst ihn nicht mehr bekommen, genauso wenig wie ich. Vielleicht sollten wir uns mit dem zufriedengeben, was wir haben können?«
»Ich habe nicht …«, hob Sedric zu lügen an. »Ich weiß nicht …« Dann zwängte Hest erneut seine Lippen auf Sedrics Mund und küsste ihn wild und leidenschaftlich, bestürmte seine Lippen, bis er aufgab und sie öffnete. Als Sedric unwillkürlich ein leise Stöhnen entwich, lachte ihm Hest in den Mund. Dann ließ er Sedric unvermittelt los und trat einen Schritt zurück. Fast wäre Sedric gestürzt. Taumelnd wich er vor Hest zurück, und die nächtlichen Bäume, die ihn umgaben, schienen sich im Kreis um ihn zu drehen. Mit dem Handrücken fuhr er sich über die Lippen und schmeckte salziges Blut. »Ich verstehe nicht«, sagte er kraftlos.
»Nicht?« Wieder lächelte Hest. »Ich glaube schon. Dies alles wird einfacher, wenn du es dir eingestehst.« Er kam wieder näher heran, und Sedric wich nicht zurück. Er legte erneut die Arme um ihn, und
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