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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hatte, war groß genug, um sie voranzutreiben. Fürs Erste jedenfalls.
    Den ganzen Morgen stapften sie durchs flache Wasser in Ufernähe. Hier war die Strömung sanft und bot kaum Widerstand. Sintara wäre lieber an Land geblieben, aber die dichte Vegetation der Regenwildnis reichte bis ans Wasser heran oder griff in Form von ausladenden Wurzeln und umgestürzten Bäumen sogar noch weiter aus. Meistens waren die Drachen groß und stark genug, um solche Hindernisse zu umgehen, aber am Nachmittag mussten sie in tieferes Gewässer waten, um einem gigantischen Baumstumpf auszuweichen, der in den Fluss ragte.
    Der Strunk war so groß, dass noch nicht einmal sie darüber hinwegsehen konnte. Das ätzende Flusswasser fraß bereits an dem gefallenen Riesen. Dennoch mussten sie ausweichen und gerieten in tiefere Strömungen, die ihr beinahe die Beine wegrissen. Das war ein beunruhigendes Gefühl. Als es das erste Mal passierte, zappelte und strampelte sie wild, sodass das Wasser nur so spritzte. Fente, eine kleinere grüne Drachin, stieß einen schrillen Angstschrei aus. Als die Strömung sie erfasste, ruderte sie einen Moment heftig mit allen vieren, bevor es ihr gelang, an dem Baum vorbeizukommen. Panisch hastete sie ins flachere Gewässer. Laut keuchend setzte sie ihren Weg flussaufwärts fort. Sintara war froh, dass sie größer und kräftiger als Fente war. Der Fluss hatte ihr die Beine nicht fortgerissen. Drachen konnten schwimmen, aber nur, wenn es sein musste.
    Sie dachte ans Schwimmen, und es regten sich träge Erinnerungen in ihr. An einen furchtbaren Unfall. Die Kante einer Klippe war abgebrochen, und eine Drachin war in einen tiefen, kalten Fjord gestürzt. Ihr war nichts anderes übrig geblieben, als zu schwimmen, denn wegen der steilen Felsen, die den Fjord einfassten, war es ihr nicht gelungen, daran hochzuklettern. Als sie endlich eine Stelle erreicht hatte, die breit genug war, um aus dem Wasser zu steigen, war sie so durchgefroren, dass sie kaum die Schwingen zum Trocknen ausbreiten konnte, um fortzufliegen.
    Ihr kamen andere Erinnerungen. Daran, wie es war, unter Wasser zu sein, und da durchzuckte es schlagartig ihren Verstand, dass diese Erinnerungen etwas mit Kelsingra zu tun hatten. Sie grübelte kurz darüber nach und versuchte, die einzelnen Bilder zusammenzufügen. Da war zum einen die Stadt am Ufer, eine schöne Stadt, die in der Sonne funkelte. Und davor der breite, tiefe Fluss. Die Strömung, die sich an Sintaras Brust teilte, half ihrem Gedächtnis auf die Sprünge. Ja. Man flog über der Stadt und drehte Kreise, einmal, zweimal, dreimal. Man tat es nicht nur, um eine Schau zu bieten, auch wenn man mit Sturzflügen und langsamem Rollen bewundernde Ausrufe der Elderlinge erntete, die die Stadt bevölkerten. Sondern, um Drachen und Elderlingen anzuzeigen, dass man landen wollte. So wussten die Leute in den kleinen Fischerbooten, dass sie ausweichen mussten, denn die beste Möglichkeit, in Kelsingra zu landen, war, tief über dem Fluss heranzusegeln, die Flügel anzulegen und mit gestrecktem Hals einzutauchen. Das Wasser federte die Landung ab. Wenn die Drachen erst im Fluss waren, schwammen sie nicht, sondern wateten Richtung Ufer, sodass sie sich schließlich mit feuchten, glänzenden und glitzernden Schuppen aus dem Wasser erhoben. An Land erwarteten sie Annehmlichkeiten, denn stets waren Elderlinge bereit, sie zu begrüßen, ein Volk, dessen Pflicht es war, zu …
    Sie stolperte, weil ein großer Steinbrocken unter ihren Füßen ins Rollen geriet, und der zerbrechliche Erinnerungsfaden riss. Sie tastete verzweifelt danach. Die Erinnerung war so süß und wundervoll gewesen, und nun war sie dahin. Nun war sie von schnaubenden und ächzenden Drachen umgeben, die sich mühsam gegen die Strömung stemmten. Näher am Flussufer stand das Wasser zwar weniger tief und floss ruhiger, aber der Morast machte das Vorankommen schwer. Sie beschloss, dass der Schlamm weniger lästig war als die Flut. Sie zog an etlichen anderen Drachen vorbei und ging absichtlich schneller, bis sie nur noch Mercor und Ranculos vor sich hatte.
    Der Golddrache arbeitete sich standhaft vorwärts. Er war nicht so groß wie Kalo und Sestican, aber im Wasser wirkte er länger als die beiden. Vielleicht lag es an der Art, wie er mit gerecktem Hals und aus dem Wasser gehobenem Schwanz voranschritt. »Mercor!«, rief sie. Sie wusste, dass er sie gehört hatte, auch wenn er weder den Kopf drehte noch seine Schritte verlangsamte. Der

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