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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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noch die beiden anderen Kanus sahen. Sie waren am hinteren Ende der Prozession. Sollten sie jetzt kentern oder einer am Ufer lagernden Gruppe von Gallatoren begegnen … Kurz schnürte es ihm vor Bangigkeit den Hals zu. Dann kam ihm ein sonderbarer Gedanke.
    Wenn ihm etwas zustieße, würde Carson ihm zu Hilfe eilen.
    Carson.
    Seine Züge entspannten sich zu einem Lächeln. Er wusste, dass es so war. Carson würde ihm zu Hilfe eilen.
    Noch immer versuchte er, den Jäger mit seiner Vorstellung vom Leben zusammenzubringen. Nie zuvor hatte er einen Menschen wie Carson kennengelernt, der seine Kraft zu solcher Zärtlichkeit zügeln konnte. Er war weder gebildet noch kultiviert, wusste nichts über Wein, war nie aus der Regenwildnis herausgekommen und hatte in seinem Leben weniger als ein Dutzend Bücher gelesen. Das Gerüst, das Sedrics Selbstwertgefühl aufrecht erhielt, war in Carsons Persönlichkeit überhaupt nicht vorhanden. Wenn der Jäger solche Dinge aber nicht wertschätzte, wie konnte er dann würdigen, wer und was Sedric war? Wieso mochte er ihn? Das war ihm ein Rätsel.
    Carsons Leben war von seiner Wald-und Wasserwelt bestimmt. Er kannte sich mit Tieren aus und sprach von ihnen mit großer Leidenschaft und Achtung. Aber er tötete sie auch. Sedric hatte beobachtet, wie er eines geschlachtet hatte, mit welcher Kraft er ein Hüftgelenk aufgeschnitten hatte, um dann den Knochen mit der Hand aus dem Becken zu hebeln. »Wenn du erst einmal weißt, wie ein Tier zusammengesetzt ist, fällt es dir leichter, es auseinanderzunehmen«, hatte Carson ihm erklärt, während er sein blutiges Werk vollendet und das Fleisch zum Braten vorbereitet hatte.
    Sedric hatte Carsons Hände betrachtet, das Blut an seinen Gelenken, die Fleischfasern, die sich unter seinen Nägeln gesammelt hatten – und dann fiel ihm ein, wie ihn diese kräftigen Hände berührt hatten. Ihm war ein Schauer über den Rücken gelaufen, ein angstvoll-erotisches Prickeln. Doch Carson war zärtlich, beinahe zaghaft, wenn er mit Sedric allein war. Einige Male war Sedric sogar selbst in der Rolle des Dominanteren gewesen. Das war berauschend und auf gewisse Weise auch befreiend gewesen. Er hatte Carsons Augen und Mund im Dämmerlicht seiner Kammer beobachtet und keine Furcht darin gesehen, keinen Groll über Sedrics vorübergehende Vorherrschaft. Manchmal stellte er sich vor, wie Hest auf so etwas reagiert hätte. »Versuche erst gar nicht mir zu sagen, was du willst«, hatte Hest ihm einmal höhnisch beschieden. »Denn ich sage dir, was du bekommst.«
    Er dachte nicht mehr so oft an Hest wie früher, und in den letzten Tagen, seit er seinen alten Geliebten mit Carson verglich, erschien ihm Hest zunehmend wie ein verblassendes Gespenst. Wenn er an ihn dachte, überkam ihn Bedauern, aber nicht so, wie es bisher der Fall gewesen war. Er trauerte nicht länger, weil er Hest verloren hatte, sondern bedauerte, ihn über überhaupt erst gefunden zu haben.
    Die beiden Mädchen hatten beim Rudern einen gemeinsamen Rhythmus gefunden, der sie zwar schnell voranbrachte, die Lücke zwischen ihnen und dem Kahn aber nicht verringerte. Als sie unter einem überhängenden Ast hindurchfuhren, scheuchten sie einen Schwarm orangefarbener Papageien auf, die Sedric einen Schreck einjagten. Sie stoben meckernd und kreischend aus den Zweigen, bevor sie sich in der Luft sammelten und unvermittelt auf einem größeren Baum landeten. Die drei Bootsinsassen waren kurz sprachlos, und dann lachten sie. Damit löste sich die schweigende Anspannung, die ihm bisher gar nicht aufgefallen war. Plötzlich wollte er nicht länger allein und in seinen Gedanken versunken sein.
    »Ich würde gerne eine Weile das Rudern übernehmen«, bot er an.
    »Nicht nötig«, sagte Sylve, und wandte sich zu ihm um, um ihn anzulächeln. Dabei spiegelte sich das Sonnenlicht kurz in ihren Augen und offenbarte ihm ein blassblaues Funkeln. Als sie sich wieder nach vorn drehte, fiel ihm auch das Schillern der rosafarbenen Schuppen auf ihrem Kopf auf. Sie hatte nicht mehr so viele Haare wie zu Beginn ihrer Reise. Ihr abgetragenes Hemd war an der Schulternaht ein wenig eingerissen, und bei jedem Ruderschlag schimmerten darunter ebenfalls Schuppen hervor.
    »Es kann gut sein, dass ich später auf Euer Angebot zurückkomme«, gestand Thymara. Das überraschte ihn. Er hatte sie für die Zähere von den beiden gehalten.
    Ohne den Blick vom Fluss zu wenden, sagte Sylve über die Schulter: »Tut dir dein Rücken immer

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