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Rambo

Rambo

Titel: Rambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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würde sie jetzt kochen? Für wen saubermachen und Wäsche waschen?
    Wahrscheinlich für mich, dachte Teasle.
    Und was war mit Shingleton? Die Wettbewerbe im Schießen, bei denen sie gemeinsam ihr Polizeirevier vertreten hatten. Auch Shingleton hatte eine Frau und drei kleine Kinder. Was würde sie jetzt machen? Sich eine Stellung suchen, das Haus verkaufen und einen Babysitter nehmen, während sie bei der Arbeit war? Und wie soll ich den beiden Frauen erklären, warum ihre Männer tot sind? Er hätte beide schon vor Stunden anrufen müssen, hatte es aber nicht fertiggebracht.
    In seinem Pappbecher schwammen aufgeweichte Zigarettenstummel in den Kaffeeresten herum. Er zündete sich die letzte Zigarette an, die er hatte, und zerknüllte die Packung. Seine Kehle war wie ausgetrocknet. Er erinnerte sich an die Panik, die ihn oben auf dem Bergkamm erfaßt hatte. Wie Shingleton geschrien hatte: »Nehmen Sie sich in acht, Will! Er hat mich erwischt!« Und dann der Schuß, und dann war er kopfüber geflohen. Vielleicht hätte er, wenn er nicht abgehauen wäre, auf den Jungen schießen können. Wenn es ihm gelungen wäre, an Shingleton heranzukommen, wäre der vielleicht noch am Leben gewesen, und er hätte ihn retten können. Seine hysterische Flucht widerte ihn an. Du bist schon ein harter Bursche, sagte er sich. Nichts als große Schnauze. Und wenn dir wieder so etwas passiert, wirst du das gleiche tun.
    Nein, dachte er. Nein. Ich würde eher sterben, als noch mal davonlaufen.
    Die Leichen oben auf dem Kamm. Die Staatspolizei hatte mit Hubschraubern nach ihnen gesucht, aber aus der Luft sahen alle Bergkämme gleich aus, und sie hatten den richtigen nicht finden können. Dann hatte man sie zurückbeordert und bei der Suche nach dem Jungen eingesetzt. Ob wohl der Regen die Leichen schon unter Schlamm und Blättern begraben hatte? Schnupperten wilde Tiere an ihnen herum? Krochen ihnen Insekten übers Gesicht? Wie würde Orval wohl nach seinem Sturz von der Klippe aussehen? Galts Begräbnis hatte gestern stattgefunden, zu einem Zeitpunkt, als er selbst noch über den Acker gekrochen war. Er war froh, daß er nicht dabei gewesen war. Er wünschte, er müßte auch nicht zur Beerdigung der anderen gehen, wenn man sie schließlich gefunden hatte und das, was von ihnen nach mehreren Tagen im Wald noch übrig war, herbrachte und bestattete. Ein Massenbegräbnis. Alle Särge in einer Reihe vor dem Altar, mit geschlossenem Deckel. Die ganze Stadt würde ihn anstarren, dann die Särge, und dann wieder ihn. Wie sollte er den Leuten erklären, was geschehen war – warum er es für richtig gehalten hatte, den Jungen aus der Stadt zu vertreiben, und warum sich der Junge in seiner Bitterkeit ihm widersetzen mußte und sie beide aufeinander losgegangen waren und nicht mehr aufhören konnten, bis das alles passierte?
    Er blickte zu Trautman hin, der unter seiner Decke auf dem Fußboden schlief, und es wurde ihm plötzlich klar, daß er allmählich begann, den Jungen aus Trautmans Sicht zu betrachten. Nicht gänzlich, aber genug, um zu verstehen, warum der Junge das alles getan hatte, und sogar ein wenig Mitleid mit ihm zu haben.
    Sicher, aber du hast ja auch keinen umgebracht, als du aus Korea zurückkamst, und du hast fast ebensoviel durchgemacht wie er.
    Aber der Gedanke, daß der Junge sich besser hätte beherrschen müssen, konnte Orval und Shingleton und die anderen nicht ins Leben zurückrufen. Auch die größte Wut und den größten Schmerz konnte man nicht dauernd auf dem Siedepunkt halten. Er war so übermüdet, daß er seine brutalen Vorstellungen von dem, was alles er dem Kerl gerne angetan hätte, nicht länger aufrechterhalten konnte.
    Er war erstaunt, daß er in den letzten zwei Tagen nicht ein einziges Mal an Anne gedacht hatte. Sie schien viel weiter weg zu sein als in Kalifornien, und der Schmerz, sie verloren zu haben, war seit Montag weitgehend verschwunden. Aber abgestumpft oder nicht, der Schmerz war immer noch da, und er wollte nicht daran erinnert werden.
    Sein Magen krampfte sich zusammen. Er mußte noch zwei Pillen schlucken, und sie schmeckten noch schlechter als sonst, weil er auf den kreidig-bitteren Geschmack vorbereitet war. Durch die offene Hinterseite des Funkwagens sah er die Sonne matt und kalt aufgehen und die Truppen an der Straße, dunstigen Atem vor dem Mund. Der Funker rief alle Einheiten zur Einsatzbereitschaft auf.
    Teasle bückte sich und stieß Trautman an die Schulter. »Es geht los.«
    Trautman

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